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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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schickten sich an umzukehren.
    »Ist ja eine dolle Geschichte! Ich habe in meinem Beruf schon viel gehört, aber das ist wirklich heftig. Mein Schwager muss sehr verzweifelt gewesen sein, dass er sich zu solchem Tun hinreißen ließ. Er gab immer gern den Künstler, versunken in seine Welt der Musik - fernab von aller Realität. Die musste weitgehend Julia für sie beide bestreiten: Haushalt, Wäsche, Einkaufen, Schriftkram, Verträge, Versicherungen und so weiter. Er war allerdings sehr enthusiastisch für seine Musik und für seine Schüler da. Aber er ist auch wankelmütig und leicht zu beeinflussen. Sylvia muss es verstanden haben, ihn zu manipulieren und ihm diesen Plan schmackhaft zu machen. Von allein wäre er darauf sicher nicht gekommen. Am Anfang ihrer Ehe schienen sie beide glücklich zu sein, aber in den Jahren kamen mehr und mehr Verstimmungen hinzu. Julia wollte die Rolle, die er ihr aufdrängte, nicht weiter spielen - und sie wollte Kinder! Jörg hat mir einmal gestanden: Seine Schüler reichten ihm voll und ganz, und er hätte Angst, zusätzlich noch Verantwortung für eigene Kinder zu übernehmen. Er hatte immer meine Frau Doreen und mich bewundert. Wir beide können uns ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen. Bliebe die Frage: Wie haben sich die beiden überhaupt kennen gelernt, Sylvia und Jörg?«
   »Jörg sagte mir, es sei ein dummer Zufall gewesen, dass er Sylvia, allein, in der Krise steckend, am Abend ihres dreißigsten Geburtstags in einer Bar ansprach. Sie hätte erst am nächsten Tag bemerkt, dass es Überschneidungen in ihren Lebensläufen gab. Sylvia packte dann die Chance sofort beim Schopf, um ihre Nebenbuhlerin, also Julia, von der sie durch Jörg erst erfuhr, durch Intrigen aus dem Weg zu räumen und um den Platz für sich frei zu machen, ihre eigenen Fäden spinnen zu können.«
   »Wahnsinn, was sich menschliche Hirne so ausdenken können!« Johannes schüttelte den Kopf. In diesem Augenblick klingelte Tobias Handy. Unwillig schaute er aufs Display: Polizeipräsidium-Mitte. Routiniert nahm er den Anruf an. Er war es gewohnt, dass ihn Klienten zu jeder Tages- oder auch Nachtzeit anriefen, wenn sie in der Klemme steckten. »Ja, Steinhöfel«.
    »Polizeipräsidium-Mitte, Kommissar Krause hier. Herr Tobias Steinhöfel?« 
   »Ja, Tobias Steinhöfel. Was gibt es?«
   »Tja, erschrecken Sie jetzt bitte nicht, aber wir ermitteln in einem Fall Sylvia Sommer. Sagt Ihnen der Name etwas?« Tobias hielt kurz die Sprechkapsel des Handys zu, entschuldigte sich bei Johannes und ging einige Meter zur Seite, um ungehört von diesem, das Gespräch fortsetzen zu können. »Ja, natürlich sagt mir der Name etwas. Was ist passiert?«
   »Soweit die Dame ansprechbar war, haben wir aus ihr herausbekommen, dass wir Sie anrufen sollen. Sie seien ihr Bräutigam. Ist das richtig?«
   »Ja… das heißt, nein! Wir waren nur wenige Tage verlobt und haben uns zerstritten. Es ist aus! Was ist mit ihr passiert?«
   »Nun ja, sie wurde in ihrer Wohnung bewusstlos aufgefunden. Sie war völlig zugedröhnt und liegt jetzt in der Uniklinik unter Beobachtung. Die Blutprobe hat ergeben, dass sie Amphetamine zu sich genommen hat und das in Verbindung mit viel Alkohol. Wir ermitteln wegen der Drogen und würden Sie gern bitten, hier auf dem Präsidium, eine Aussage zu machen. Können Sie heute noch herkommen. Zimmer 433, ich bin bis achtzehn Uhr im Dienst? Mein Name ist Kommissar Krause.«
   »Ja, gut, ich komme! Ich werde in etwa zwei Stunden bei Ihnen sein.«
   »In Ordnung, Herr Steinhöfel, bis nachher. Auf Wiedersehen!«
Tobias ging zurück zum wartenden Johannes.
   »Ein Anwalt ist immer im Dienst, was? Das hätten unsere Berufsstände ja dann gemeinsam.«
   »Ja, in der Tat. Ich muss nachher noch ins Polizei-Präsidium fahren, um einer Vernehmung beizuwohnen.«
   Zum Teufel mit Sylvia! Nahm denn das überhaupt kein Ende mehr?
Es wurde Zeit, das Kapitel Sylvia endgültig aus seinem Leben zu verbannen. Aussitzen half nicht. Noch heute würde er einen offiziellen Schlussstrich ziehen.
   »Julia wird einige Tage hier in Blankenese oder wenn sie will, bei Doreen und mir im Pfarrhaus verbringen. Sie muss zur Ruhe kommen, das alles erst einmal verarbeiten, und ich fürchte, das braucht seine Zeit, Tobias. Ich muss die ganze Geschichte, die ich von dir und auch von Julia gehört habe, erst verarbeiten und sacken lassen. Ich will sehen, ob ich euch helfen

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