Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
Vom Netzwerk:
Roland den Sommer in den Bergen verbringen will.«
    »Die Aufregung ist deshalb nicht ganz unberechtigt«, erwiderte Schwester Monika, »weil Roland ab morgen wieder zum Dienst eingeteilt wäre. Seit heute ist Else im Urlaub. Maria ist seit gestern krank. Wenn die Heimleitung nicht schnellstens Ersatz für Roland auftreibt, dann kriegen wir ein Riesenproblem.«
    Als sich Fanni räusperte, wandten sich die beiden Frauen ihr zu. »Wann ist denn der Brief von Roland angekommen?«
    Schwester Monika sah sie überrascht an. »Na, heute Vormittag mit der Post, zusammen mit meiner Ka…« In ihrer Kitteltasche begann es zu piepsen. Sie eilte aus dem Zimmer.
    Tante Luise sah ihr nach. »Die Nagel! Na ja, lang macht sie’s wirklich nicht mehr.« Sie schwieg einen Moment, dann fügte sie hinzu: »Die Post, ja, die kommt immer um zehn.«
    Bedeutet das nicht, dass Roland Brief und Karte gestern oder vorgestern in München in einen Briefkasten gesteckt haben muss?
    Ja, dachte Fanni, das bedeutet es wohl – außer …
    »Hoffentlich lässt sich Schwester Monika nicht einfallen, ihren Sommerurlaub auf der Zellerhütte zu verbringen«, unterbrach Luise Fannis Gedankengang.
    Fanni schaute sie erstaunt an. Bevor sie nachfragen konnte, was daran so schlimm wäre, sprach Tante Luise weiter: »Falls Roland wirklich dort ist, würde ihr das nämlich gar nicht gut bekommen.«
    »Aber wieso denn nicht?«
    Tante Luise hob eine Augenbraue. »Jetzt sei nicht naiv, Fannilein. Roland verbringt doch nicht einen ganzen Sommer auf einer abgelegenen Berghütte, um dem Hüttenwirt einen Gefallen zu tun, nicht mal für die beste Bezahlung.«
    »Du denkst, es ist eine Frau im Spiel?«, fragte Fanni.
    Tante Luises Mund verzog sich zu einem Lachen. »Ich stelle mir das Ganze geringfügig abgeändert vor: Die Wirtin der Zellerhütte sucht händeringend …« Sie keckerte.
    Fanni sinnierte vor sich hin. Plötzlich fragte sie: »Woher weiß Schwester Monika eigentlich so genau über diese Sondersitzung heute Mittag Bescheid? Sie konnte Herrn Dr. Benat ja offenbar wörtlich zitieren.«
    »Meine Güte, Fanni«, rief Tante Luise, »hast du’s denn immer noch nicht begriffen? Die Katherinenresidenz ist eine Anstalt – wie ein Mädcheninstitut, ein Gefängnis, ein Konvent. Und was haben alle Anstalten gemeinsam? Nachrichten und Neuigkeiten verbreiten sich in Windeseile. Rieseln wie Putz von den Wänden, rauschen durch die Wasserleitung, züngeln aus der Steckdose …« Tante Luise musste Atem schöpfen.
    Fanni lachte. »Ist ja gut, Tante Luise. Ich hab’s kapiert. Hab ja selbst erlebt, was man beim Blutdruckmessen alles erfährt.«
    »Eben«, erwiderte Tante Luise besänftigt.
    »Sag mal«, begann Fanni, nachdem es eine Weile still gewesen war, »weißt du, wo Roland wohnt? Normalerweise, meine ich.«
    Tante Luise schürzte die Lippen. »Er hat mir seine Wohnung mal beschrieben – besser gesagt, die Einrichtung hat er mir beschrieben.« Sie dachte nach. »Aber wo liegt diese Wohnung ohne Küchenherd, ohne Töpfe und Pfannen? Hm, ich habe leider keine Ahnung.«
    Plötzlich zwinkerte sie Fanni zu. »Aber ich krieg das für dich raus. Du kannst bei deinen Nachforschungen auf mich zählen.«
    Tante Luises Zimmertür öffnete sich, und ein Putzwägelchen erschien. Dahinter tauchte ein Mädchen im grünen Kittel auf – um Äonen jünger als die Putzfrau, die Fanni im Treppenhaus angetroffen hatte.
    »Ah, die Verena«, rief Tante Luise. »Heute ist die Vitrine dran, ja? Auf meinem Teeservice liegt der Staub schon zentimeterdick.«
    Das Mädchen schwenkte ihren Putzwagen zur Sofaecke und stöckelte hinterher.
    Fanni starrte sie an.
    Verena trug den grünen Kittel auf Minirocklänge gekürzt, um die Taille eng geknüpft und am Dekolleté weit geöffnet. Sie hatte sich die Haare hochgesteckt, sodass ihre klimpernden Ohrringe voll zur Geltung kamen, hatte glitzernden Lidschatten und mohnroten Lippenstift aufgelegt – und ja, sie war auffällig hübsch.
    »Sans ebba scho wieder zruck vom Bruingscheft, Frau Rot?«, sagte sie.
    Fanni erschrak vor der derben Stimme und dem breiten niederbayrischen Dialekt. Beides vertrug sich schlecht mit dem Filmsternchenaussehen des Mädchens. Noch mehr erschrak sie, als ihr aufging, was die Putzhilfe soeben gesagt hatte: »Sind Sie schon wieder zurück aus dem Brillengeschäft, Frau Rot?«
    Der Termin beim Optiker!
    Verflixt!
    Fanni hatte ihn glatt vergessen.
    Auch Tante Luise war zusammengefahren. »Wir werden gut eine halbe

Weitere Kostenlose Bücher