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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Julias Abraham sah sie aus, die wollte der Mann dauernd zum Bett locken, doch sie war nicht gekommen.
    »Das sind alle«, sagte Biggi. »Es sind in jeder Show vier Teilnehmer.«
    »Schön«, sagte die Henkel. »Hat schon mal jemand nach so einer Liste gefragt? Journalist oder so?«
    »Nein«, sagte Biggi. »Niemand außer Ihnen.«
    »Hat mal jemand nach einem bestimmten Teilnehmer gefragt? Jemand, den er in einer Sendung gesehen hat?«
    »Nein.«
    »Erinnern Sie sich denn überhaupt an Anrufe im Zusammenhang mit der Show? Irgendwas, das Ihnen aufgefallen ist?«
    Biggi faltete die Hände. Es gab nicht viel zu sagen, aber sie warteten darauf. »Es rufen manchmal Leute an, die unbedingt mitmachen möchten. Es ist so ähnlich, als ob sie schreiben. Die Bewerbungen und so.« Sie räusperte sich. »Die Anrufe muß ich aber direkt in die Redaktion durchstellen.«
    »Diese – hm – Bewerbungen möchten wir sehen«, sagte die Henkel. »Angefangen etwas vor dem Zeitraum von Frieds Teilnahme.«
    Biggi schloß die Augen, sie verstand den Satz nicht ganz. »Das kann ich nicht entscheiden«, flüsterte sie. »Das muß Gabriel –«
    »Ja, ja.« Die Henkel sah im Zimmer umher, Biggis Schreibtisch, ihr Stuhl, der Kopierer. Biggis neue Hose: sie war ziemlich eng, schwarzweiß gemustert und sah nicht so übel aus, dachte man sich die Schuhe weg. Sie war keine geduckte Maus, wie es Julia gewesen war, und langsam konnte man das auch sehen. Trotzdem wußte die Henkel noch viel mehr, die hatte den Bogen raus. Sie trug ein sandfarbenes Kostüm, die Jacke sah sehr lässig aus und der Rock war eng. Sie hatte dann wieder angefangen, den Mann zu streicheln, malte mit einem Finger Bilder auf seine Haut.
    »Die sind im Archiv«, sagte Biggi. »Die Bewerbungen.«
    »Schön, ja.« Die Henkel deutete auf das Plakat neben der Tür, Menschen bei Mosbach – Lebensberatung live. »Was soll das jetzt, er weiß doch, daß wir ihn sprechen wollen, oder?« Hochhackige Schuhe trug sie zu diesem Kostüm und ihr Duft war im Raum. Biggi hatte herausgefunden, wie er hieß, es war seltsam, wie Nasen sich erinnern konnten. Wenn sie Rauch roch, dachte sie an zu Hause, an das Laub, das der Vater verbrannt hatte im Garten hinter dem Haus. Ein kleines Reihenhaus in einer kleinen Stadt, nichts Besonderes. Unten wohnten ihre Eltern und der Bruder, oben die Leute, denen das Haus gehörte. Sie dachte selten an zu Hause. Sie mochte auch ihren Bruder nicht und wußte nicht, warum. Menschen mochte sie eigentlich gar nicht so besonders, das war schon immer so gewesen. Als er klein war, hatte Biggi ihrem Bruder eine Stecknadel in den Hintern gebohrt, und als er schrie, war er nicht mehr so hübsch gewesen, alle sagten ja immer, er sei so süß und hübsch. Aber damals hatte er sich häßlich gebrüllt. Niemand war darauf gekommen, daß sie es gewesen war. Sie hatte ihre Mutter einmal sagen hören, Biggi sei verläßlich und mache keine Arbeit, sei einfach so mitgewachsen, zwischen der großen Schwester und dem kleinen Bruder.
    Wie kam sie jetzt darauf – vor ihr standen die Polizisten und langweilten sich. Leute langweilten sich immer mit ihr, weil Biggi nie wußte, was sie sagen sollte. Der Duft, ja, das Parfüm, das die Henkel trug – bei Hertie hatte Biggi alle Düfte durchprobiert, dieser hieß Fahrenheit und schwebte über ihr.
    »Gabriel muß –« Sie räusperte sich. »Ich denke, ich glaube, er telefoniert.«
    »Aha«, sagte die Henkel. Sie ging zum Fenster, sah auf den Parkplatz herunter und schlug mit zwei Fingern auf die Fensterbank. Stocker verschränkte die Arme. Ganz ruhig stand er da, während die Henkel kleine, ungeduldige Schritte machte. Ihre Schuhe klackten.
    Als ob sie Biggi nicht in die Augen sehen könnte. Als ob sie es wüßte. Aber sie wußte es nicht. Sie war dem Mann dann mit den Lippen über den Bauch gefahren, überallhin, das hatte Biggi nicht mehr sehen wollen. Es wiederholte sich auch alles, als er später wieder auf ihr lag. Sie wunderte sich bloß darüber, daß das ihr Freund sein sollte, er hatte nichts Elegantes, sah aus wie ein Prolet.
    »Er weiß, daß Sie da sind«, sagte sie. »Er wird gleich –«
    »Ja, ich hoffe.« Die Henkel malte mit dem Finger Kreise auf die Fensterbank, wie sie sie auf die Brust und den Bauch dieses Mannes gezeichnet hatte. Irgendwann hatte er wieder wie ein Baby dagelegen, mit dem Gesicht zwischen ihren Brüsten, und sie hatte ihn am Ohrläppchen gezupft und dann an den Haaren.
    »Frank Hilmar«, sagte

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