Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
es steht im Prüfungsratgeber und wurde von jedem Dozenten empfohlen. Tobias weiß das sicher auch. Er erklärt es nur noch mal, um sich mit mir zu unterhalten, ohne etwas ÜBER UNS zu sagen. Aber meinetwegen könnte er mir auch Fahrpläne vorlesen. Sprich zu mir! Rede mit mir, als sei nichts passiert! Als sei noch alles möglich. Ich kann zwischen deinen Zeilen lesen. Und ich lese: »Ich will mich um dich kümmern.« Er sagt »ihr«, um die Distanz zu wahren, von der er glaubt, ich wünsche sie mir. Dieser Wunsch aber ist grade spurlos verpufft.
»Vielleicht eine private Oberarztkonsultation?«, fragt Ruben hilfsbereit. Danke, Ruben, danke, danke! Für immer danke für diesen Vorschlag. Denn plötzlich will ich nichts lieber als in Tobias’ Nähe sein.
Wenn er mir jetzt einen Termin anbietet – und sei es Montag früh um sechs zu einer Magenendoskopie – werde ich wissen, dass es ihm genauso geht. Und das Einzige, was ich verstehen werde, wird sein: »Triff dich mit mir, ich vermisse dich.«
Aber Tobias schüttelt den Kopf. »Nein. Das wäre wohl nicht …«
Er verstummt. Als müsse er nicht mehr sagen. Als wüssten wir beide, was es wohl nicht wäre. Nicht passend? Nicht unserer momentanen Beziehung angemessen? Nicht die Art, auf die ich dir meine ungetrübte Zuneigung zeigen will? Oder Nicht mehr die Frau, der ich Privatkonsultationen gebe? Mann! Mann, Mann, Mann! Warum ergreifst du die Chance nicht? Willst du mich nicht mehr treffen? Glaubst du, ich würde das falsch verstehen? Oder denkst du, ICH wollte dich nicht treffen? Warum kannst du es dann nicht wenigstens mit einem »Ich weiß nicht« so offenlassen, dass ich es wage, Rubens Vorschlag mit einem »Ach, das wäre großartig« zu meiner eigenen Bitte zu machen?!
Tobias sieht weg, rührt in seinem Kaffee, lächelt irgendwie abweisend vor sich hin. Wobei abweisend ja wieder nur meine Interpretation ist. Wann durchschaue ich diesen Mann?!
Ruben merkt, dass sein verbindend gemeinter Vorschlag das Gegenteil ausgelöst hat. Und wäre nicht Ruben, wenn er es nicht für eine verletzte Freundin ins Positive drehen würde. »Wenn der Oberarzt sagt, das sei nicht effizient, stimmt es sicher«, lächelt er liebenswürdig, dann wendet er sich an Tobias. »Was würdest du Lena stattdessen raten?«
Pah, ich will gar nichts mehr von ihm geraten haben. Tobias aber lächelt vage in meine Richtung. »Beim Nachtdienst werden Medizinstudenten zur Aushilfe gesucht. Da könntet ihr praktisch arbeiten, was zur Prüfungsvorbereitung gut ist, und nebenbei noch etwas Geld verdienen.« Käme der Vorschlag nicht von ihm – und klänge er nicht ein wenig, als wolle er seine Konsultationsabsage kompensieren – wäre die Idee klasse.
»Vielleicht«, sage ich. »Wir denken mal drüber nach.« ( »Wir« versteht er vielleicht als »Isa, Jenny und ich« – was ich meine, ist aber: Prüfungs-AllesWasHilftMussGetanWerden-Lena und Liebesgekränkt-ErsatzRatschlägeNeinDanke-Lena müssen das gründlich abwägen.)
Tobias nickt, trinkt seinen Kaffee aus und verabschiedet sich. »Ihr könnt euch natürlich gern melden, wenn ihr Hilfe braucht«, sagt er. Und ich, die ich von seinen Ersatz-Vorschlägen gekränkt sein und das auch für eine Phrase halten müsste, hänge mich würdelos an diesen Strohhalm und antworte: »Danke!«
»Er arbeitet auch im Nachtdienst«, sagt Ruben, als Tobias gegangen ist.
Ja, das weiß ich. Na und?! Wäre es ihm darum gegangen, MICH zu sehen, hätte er ganz unverfänglich auf die Konsultations-Idee eingehen können. Aber nein. Er will wirklich nichts weiter, als einer Studentin zu helfen.
»Nun ja, Lena«, gibt Ruben zu bedenken, »wolltest du nicht auch nichts weiter als eine Studentin sein?«
Ach verdammt, Ruben – immer dahin, wo es wehtut.
»Wenn er mich wirklich immer noch … mag«, sage ich kläglich, »dann könnte er das doch mal ein winziges bisschen zeigen, findest du nicht?«
Ruben schüttelt den Kopf. »Schon mal erlebt, dass er sich aufdrängt?!«
Pah – »aufdrängt«! ABGEDRÄNGT hat er mich doch gerade. Auf das Allerkühlste!
»Ich erwarte ja nicht, dass er mir blumige Anträge macht«, jammere ich. »Aber ein klitzekleines Zeichen … nur irgendein Signal. Andere Männer können das doch auch!«
Okay, das war ein idiotisches Argument.
Ruben schnaubt. »Dann ruf andere Männer an«, sagt er.
Nein, ich geh schlafen. Und dann lernen. Und dann schlafen. Und dann wieder arbeiten – für den Rest aller Tage. Lasst
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