Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
Vom Netzwerk:
die Wände beige. Sie öffnete die Tür eines ordentlich aufgeräumten Zimmers mit zwei sauber gemachten Betten und zwei Kommoden. »Das ist das Mädchenzimmer.«
    An das Zimmer grenzte ein Bad. »Ist das das Bad Ihrer Töchter? «, fragte Bernardi.
    »Es ist das einzige Bad, das wir haben.«
    »Dürfte ich mich mal darin umsehen?«
    »Aber natürlich.«
    Bernardi öffnete das Schränkchen über dem Waschbecken. Es enthielt nur Zahnbürsten und Zahnpasta, keine Medikamente. Im Unterschrank waren ein paar Rollen Toilettenpapier und eine Packung Monatsbinden. »Sind die von Sara?«, fragte der Detective.
    Die Schwester errötete. »Wir haben sie beide benutzt.«
    Bernardi kehrte in das Zimmer zurück und blickte auf die Kommoden. »Welche von den beiden gehört Sara?«
    Die Schwester deutete auf die größere. Bernardi zog die oberste Schublade heraus. Sie enthielt die üblichen Frauensachen: Slips,
BHs und Strümpfe, alles ordentlich zusammengelegt. In den anderen Schubladen waren Jeans, Sweater und T-Shirts. Als der Lieutenant die T-Shirts durchsah, stieß er auf einen kleinen braunen Umschlag. Er rief die Mutter zu sich. »Wissen Sie, was das ist?«
    »Nein, keine Ahnung.«
    »Haben Sie oder Ihre Tochter vielleicht eine Pinzette?«
    Das Mädchen öffnete die oberste Schublade der anderen Kommode, nahm eine Pinzette heraus und reichte sie Bernardi, der damit den Umschlag zwischen den Kleidern hervorzog und ihn vorsichtig öffnete. Mit der anderen Hand kramte er eine kleine Plastiktüte aus seiner Jackentasche. Der Umschlag war leer, roch aber eigenartig. »Wissen Sie, was das für ein Geruch ist, Mrs. Obregon?«
    Saras Mutter runzelte die Stirn und dachte kurz nach. »Nein, aber ich würde sagen, es riecht ein bisschen wie Medizin.«
    Samuel hatte aufgehört, sich Notizen zu machen, und roch ebenfalls an dem Umschlag. Dann schüttelte er den Kopf und flüsterte Bernardi zu: »Da kann ich Ihnen leider auch nicht weiterhelfen. «
    Der Polizist steckte den Umschlag mit der Pinzette in die Plastiktüte und verschloss sie. »Darf ich das mitnehmen?«
    »Ist das wirklich nötig?«, fragte die Mutter auf Spanisch.
    »Dazu bin ich von Amts wegen verpflichtet«, erklärte Bernardi.
    »Sind die Kleider in diesem Schrank zur Hälfte Saras?«
    »Deutlich mehr als zur Hälfte«, erklärte die Schwester mit einem unübersehbaren Flunsch.
    Danach erbrachte ihre Suche keine weiteren Hinweise mehr. Die Mutter kramte einen Schnappschuss Saras aus einer Schublade und gab ihn Bernardi, damit sie das Foto auf dem Kaminsims behalten konnte.
    »Und? Was halten Sie von der Sache?«, fragte Samuel den Lieutenant, nachdem sie sich von den Obregons verabschiedet hatten.

    »Zunächst müssen wir prüfen, ob der Umschlag irgendwelche Spuren enthält. Im Übrigen hätte ich diesbezüglich schon einen Verdacht – vermutlich den gleichen, den auch Sie haben.«
    Captain Doyle O’Shaughnessy kam in voller Uniform, lediglich ohne Mütze, an den Empfangsschalter der Polizeistation, um Bruno Bernardi zu begrüßen. Er rauchte eine Chesterfield. Der Captain war über eins achtzig groß und brachte gut und gern seine zwei Zentner auf die Waage. Er hatte rotes lockiges Haar, ein sommersprossiges Gesicht und blaue Augen, und falls trotzdem noch jemand Zweifel an seiner irischen Abstammung gehabt haben sollte, sprach er auch mit dem unverkennbaren Akzent seiner alten Heimat. Die beiden Polizisten schüttelten sich die Hände. Bernardi war fast einen Kopf kleiner als der Captain.
    »Wurde auch langsam Zeit, dass wir uns kennenlernen, Lieutenant. « O’Shaughnessy blies Rauch durch seine Nase. »Hab schon viel Gutes über Sie gehört.«
    »Gleiches könnte ich auch von Ihnen sagen.«
    »Wollten Sie nur mal persönlich mit mir reden, oder gibt es einen speziellen Grund, weshalb Sie mich sprechen wollten?« Der Captain warf die Zigarette auf den Boden und trat sie aus.
    »Beides. Eigentlich wollte ich mich schon längst mal bei Ihnen vorstellen, aber angesichts der Aktenberge, die sich auf meinem Schreibtisch türmen, bin ich bisher leider noch nicht dazu gekommen. «
    »Hervorragender Mann, der gute, alte Charlie MacAteer. Wir alle bedauern seinen Tod sehr.« Damit ließ der Captain erst gar keine Zweifel aufkommen, wem seine Sympathien galten.
    »Ich weiß, die Messlatte liegt ziemlich hoch für mich«, antwortete Bernardi mit einem Anflug von Bescheidenheit in der Stimme. Melba hatte ihn bereits gewarnt, dass er in diesem Bezirk keinen leichten Stand

Weitere Kostenlose Bücher