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Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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Silbertablett mit einem Porzellanservice in den Händen. Munroe und der Puppenmann ließen einander keinen Moment aus den Augen, während die junge Frau das Service Stück für Stück auf dem Tisch platzierte, als handelte es sich um den Abschluss eines Festessens im Ritz und nicht um irgendein Paralleluniversum, wo Logan einem Wahnsinnigen in die Hände gefallen war, während Munroe, um ihm das Leben zu retten, sich selbst und alles, was ihr etwas bedeutete, verleugnete, indem sie dieses Mädchen aus dem Keller irgendwo ablieferte, und zwar … ja, wo genau eigentlich?
    Als sie wieder allein waren, schenkte der Puppenmann sich selbstbewusst und mit vollendeten Manieren Kaffee mit Milch und Zucker ein. Als Munroe keinerlei Anstalten machte, es ihm gleichzutun, füllte er eine zweite Tasse und trank selbst einen Schluck daraus, bevor er sie ihr hinstellte. »Keine Drogen«, sagte er. »Und jetzt, bitte … wie lauten Ihre Fragen?«
    »Wo soll ich das Päckchen abgeben?«, fragte sie. »Und wie komme ich dahin?«
    »Sie reisen mit dem Auto. Die Strecke ist mit Mühe an einem Tag zu schaffen, vielleicht dauert es auch zwei. Das kommt auf die Umstände an.«
    Umstände. Wie zum Beispiel die Umgehung von Grenzposten, Wettrennen mit Strafverfolgungsbehörden oder der Versuch, mit dem wilden Tier auf dem Beifahrersitz keine Aufmerksamkeit zu erregen. Oder wollten sie sie in den Kofferraum stecken?
    »Morgen erfahren Sie die Einzelheiten«, sagte er. »Und die Regeln. Anschließend ist das Päckchen dann nur noch Ihr Problem.«
    »Sie haben Männer«, sagte sie. »Und Waffen. Sie brauchen mich dafür doch gar nicht. Wozu also der ganze Stress und die Kosten, nicht zu vergessen das Risiko, mich zu entführen und über den Atlantik zu schaffen, nur damit ich dieses Mädchen – das Päckchen – irgendwo abliefere, wo man mit dem Auto in zwei Tagen hinkommen kann? Sie haben doch alles, was Sie brauchen, um das selbst zu erledigen.«
    Der Puppenmann stellte seufzend seine Tasse ab. »Ich habe schon so viel Ärger gehabt, meine Liebe, so viel Ärger. Mit der Lieferung. Mit dem Kunden. Mit dem Päckchen. Viel zu viele Komplikationen und viel zu viel Aufmerksamkeit. Ich will weder mich noch meine Organisation aufs Spiel setzen, und deswegen werden Sie den Transport übernehmen.«
    Munroe hob die Tasse mit dem abgekühlten Kaffee an den Mund, stützte die Ellbogen auf den Tisch und beobachtete ihr Gegenüber über den Tassenrand hinweg. Er hatte sie betäuben und entführen lassen, hielt Logan als Geisel fest, um sie gefügig zu machen, und dann servierte er ihr Kaffee in einer gottverdammten Porzellantasse und nannte sie »meine Liebe«. Sie kam sich vor wie in einem Porzellanpuppen-Gemälde von Dalí.
    Sie blies über den Kaffee. »In ihrem jetzigen Zustand kann ich sie aber nicht mitnehmen. Nicht einmal im Kofferraum.«
    Der Puppenmann zeigte ein zugleich tadelndes und gutmütiges Lächeln. »Der Kunde hat bei der Bestellung ganz bestimmte Vorstellungen geäußert«, sagte er. »Wir würden niemals eine Puppe in einer solchen Verfassung verschicken. Diese Details sind unser Problem. Aber wenn wir sie gelöst haben, dann ist das Päckchen Ihr Problem.«
    »Wer ist das Päckchen?«, fragte Munroe.
    »Neeva Eckridge«, sagte er.
    Munroe saß lange Zeit da, regungslos und schweigend, während sie innerlich die bittere Ironie des Schicksals verfluchte. Wenn sie also den Menschen, der ihr mehr bedeutete als ihr Leben, schützen wollte, war sie gezwungen, den Menschen zu hintergehen, zu dessen Rettung sie vertraglich und moralisch verpflichtet war.
    »Menschenhandel ist ein schweres Verbrechen«, sagte sie. »Und die ganze Welt sucht nach ihr. Wenn ich erwischt werde, kostet mich das viele Jahre meines Lebens. Was wäre, wenn dieser Mann da in dem Video mir nicht genug bedeutet? Was, wenn das Mädchen da unten im Kerker mir nicht genug bedeutet? Was, wenn es mir schlicht und einfach scheißegal wäre?«
    Das Lächeln des Puppenmannes wurde nur einen Hauch schwächer. Er sagte »Hmmm«, stand auf, ging zu einem Tisch hinter Munroe und nahm sich eine Puppe. Er brachte sie an den Schreibtisch und hielt sie im Arm, wie man vielleicht eine Katze halten würde. »Es wird Ihnen nicht egal sein. Wenn nicht er, dann eben noch jemand und dann noch jemand.«
    Er setzte sich wieder hin. Strich der Puppe über die Haare und fuhr mit den Fingern über das feine Spitzenkleid. »Sie ist wunderschön, nicht wahr?«, sagte er. »Ich finde, sie ist

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