Mit dir an meiner Seite
machst du?«
Jonah stand in der Tür und beobachtete sie interessiert. »Ich suche etwas zum Anziehen.« »Gehst du aus?«
»Nein. Es ist für die Hochzeit.«
Er legte den Kopf schief. »Du heiratest?«
»Natürlich nicht. Wills Schwester heiratet.«
»Wie heißt sie?«
»Megan.«
»Ist sie nett?«
Ronnie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich kenne sie überhaupt nicht.«
»Wieso gehst du dann zu ihrer Hochzeit?«
»Weil Will gern möchte, dass ich mitkomme. So funktioniert das«, sagte sie. »Will kann einen Gast zu der Hochzeit mitbringen. Ich bin der Gast.«
»Aha«, sagte Jonah. »Und - was ziehst du an?«
»Keine Ahnung. Ich habe nichts.«
»Mir gefällt das, was du jetzt anhast.«
Das Osterei-Outfit. Na, wunderbar.
Ronnie zupfte an ihrem Shirt. »Aber das geht nicht. Das Fest ist supervornehm. Ich soll ein Abendkleid tragen.«
»Hast du so was in deinem Schrank?«
»Nein.«
»Warum stehst du dann davor?«
Stimmt, dachte sie, machte die Schranktür zu und ließ sich aufs Bett fallen.
»Du hast ja recht«, sagte sie. »Ich kann nicht hingehen. Basta.«
»Würdest du denn gern?«, fragte Jonah neugierig.
Innerhalb einer Sekunde sausten Ronnies Gedanken von
Überhaupt nicht
zu
Irgendwie schon
, um dann schließlich bei
Ja, ich will
zu landen. Sie schlug die Beine unter. »Will hätte es gern, ihm ist es wichtig. Und es ist bestimmt sehr interessant.«
»Warum kaufst du dir dann kein Kleid?« »Weil ich kein Geld habe.«
»Ach so.« Jonah überlegte kurz. »Das Problem ist leicht zu lösen.« Er ging zu seinen Spielsachen, die alle in einer Ecke verstaut waren. Ganz hinten klemmte ein kleines Flugzeug. Er brachte es zum Bett, schraubte es vorn auf und kippte den Inhalt auf die Decke. Ronnie blieb der Mund offen stehen, als sie sah, wie viel Geld er gesammelt hatte. Es waren ein paar Hundert Dollar!
»Das ist meine Bank«, verkündete er und rieb sich die Nase. »Ich spare seit einer Weile.«
»Aber - woher hast du das ganze Geld?«
Jonah deutete auf einen Zehndollarschein. »Den habe ich von dir, weil ich Dad nicht verraten habe, dass ich dich auf dem Jahrmarkt gesehen habe.« Dann zeigte er auf einen Eindollarschein. »Und den hier habe ich bekommen, weil ich Dad nicht gesagt habe, dass du mit Will rumgeknutscht hast.« So ging es immer weiter. »Den habe ich wegen dem Kerl mit den blauen Haaren. Die sind alle vom Lügenpoker. Den habe ich verdient, weil du mal abgehauen bist, obwohl du Hausarrest hattest -«
»Schon kapiert!«, rief Ronnie. Trotzdem ... Sie konnte es nicht fassen. »Du hast das alles gespart?«
»Was hätte ich sonst damit tun sollen?«, fragte er zurück. »Mom und Dad kaufen mir alles, was ich brauche. Ich muss nur lange genug betteln. Für mich ist es nicht schwer, die Sachen zu bekommen, die ich will. Man muss nur wissen, wie man es macht. Bei Mom muss ich weinen, und bei Dad muss ich erklären, warum ich es verdient habe.«
Ronnie grinste. Ihr kleiner Bruder, der Erpresser-Psychologe. Verrückt.
»Ich brauche das Geld echt nicht. Und Will ist nett, finde ich. Er macht dich glücklich.«
Ja, dachte Ronnie. Das stimmt.
»Du bist ein ziemlich toller kleiner Bruder, weißt du das?«
»Klar. Und du kannst das ganze Geld haben. Aber unter einer Bedingung.«
Ronnie stöhnte innerlich. »Und die wäre?«
»Ich weigere mich, mit dir das Kleid auszusuchen. Das ist viel zu öde.«
Ronnie brauchte nicht zu überlegen, ob sie sich auf diese Bedingung einlassen wollte. »Einverstanden.«
Ronnie starrte in den Spiegel. Sie erkannte sich kaum wieder. Es war der Morgen vor der Hochzeit, und sie hatte die letzten vier Tage damit verbracht, so ziemlich jedes elegante Kleid anzuprobieren, das die Geschäfte hier in der Gegend zu bieten hatten. Und sämtliche Schuhe zu testen. Außerdem hatte sie mehrere Stunden beim Friseur verbracht.
Jetzt brauchte sie fünfzig Minuten, um die Haare wieder so zu föhnen wie die junge Frau im Salon! Von ihr hatte sie auch einige Make-up-Tipps bekommen, die sie gewissenhaft befolgte. Das Kleid war mit schwarzen Pailletten besetzt und hatte einen tiefen V-Ausschnitt. Vollkommen anders als alles, was sie sich in ihren wildesten Träumen ausgemalt hatte. Gestern Abend hatte sie sich schon die Fingernägel gefeilt und lackiert und konnte voller Stolz verkünden, dass sie keinen Nagellack verschmiert hatte.
Ich kenne dich nicht, sagte sie zu ihrem Spiegelbild und drehte sich in alle Richtungen. Wir sind uns noch nie begegnet. Lächelnd
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