Mit Haut und Haar (German Edition)
Hände nicht aufhören wollten zu zittern, auch wenn Sparky es gewohnt war, dass in der Regel immer etwas »versehentlich« vom Tisch fiel. Irgendwie beruhigte Clarissa die Anwesenheit des Hundes. Er war nicht abgerichtet, aber sie war sicher, im Notfall würde er jeden aus der Familie verteidigen.
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Weitere vier Wochen gingen ins Land, ohne dass ein weiterer Brief kam. Clarissa hatte sich langsam wieder beruhigt. Inzwischen war es Ende September und für die Jahreszeit noch immer ungewöhnlich warm, jedoch fühlte sie sich bei diesen Temperaturen wohl. Sie nahm sich zum ersten Mal in ihrem Leben dem Garten an, schnitt die Rosenstöcke zurück, beschnitt die Sträucher, pflanzte noch ein paar Lavendelsträucher, weil sie den Duft liebte, ließ Daniel den Rasen mähen. Sie hatte keine Ahnung von Gartenarbeit, noch nie in ihrem Leben hatte sie einen so großen Garten besessen. Der Garten ihres Reihenhauses, das sie noch letztes Jahr bewohnt hatten, war mehr ein Hof, größtenteils gepflastert und die wenigen Bäume, die dort rundherum wuchsen, hatte sie immer von einem Gärtner herunter schneiden lassen. Aber hier, bei diesem Garten, war ihr Interesse an der Gartenarbeit gewachsen und lächelnd kniete sie vor einem Ginsterstrauch und knipste die Zweige auf eine einheitliche Länge ab, während Sparky ein paar Meter von ihr entfernt auf dem Boden lag und mit größter Hingabe an einem Stück Fleisch kaute, das er offensichtlich irgendwo ausgebuddelt hatte.
»Ihr Hunde seid echt Ferkel«, lachte Clarissa und sah ihrem Retriever zu, wie er voller Liebe das Fleischstück zwischen den Pfoten hielt.
»Erst einbuddeln, dann vermodern lassen, dann fressen, igitt...«
Sparky unterbrach sein Tun für kurze Zeit und sah sie aufmerksam an. Es gab Momente, da hätte Clarissa schwören können, dass er sie anlächelte. Dann wandte er sich aber wieder seinem vermoderten Fleischstück zu. Hingebungsvoll kaute er darauf herum und wälzte sich hinterher genüsslich auf dem Rasen. Es war ein idyllischer Nachmittag. Damian hatte seit kurzem eine Freundin und saß mit ihr gemeinsam im Garten am Tisch. Die beiden tranken Cola, unterhielten sich angeregt. Das Mädchen kicherte ab und zu und Damian gab sich äußerst cool.
Neben ihrer Gartenarbeit beobachtete Clarissa sein Tun aus dem Augenwinkel heraus und innerlich musste sie lachen. Die Kleine hieß Sabrina und sie war das erste Mädchen, das Damian überhaupt mit nach Hause brachte. Bis dahin hatte er natürlich schon mehrere Freundinnen gehabt, aber bisher hatte er die Mädchen nie mit nach Hause gebracht. Ein richtiger Junge redet nicht mit seiner Mutter über seine Freundin, hatte er ihr bis dahin immer erklärt. Aber mit Sabrina hatte sich irgendetwas verändert. Sie waren nun schon seit ein paar Wochen zusammen und Sabrina ging bei Ostermanns ein und aus. Aber das war wohl alles relativ normal. Damian war inzwischen fast siebzehn Jahre alt und klar wollte er mit seiner Freundin so viel wie möglich Zeit verbringen. Clarissa seufzte und wandte sich wieder ihrem Ginsterstrauch zu. Sie hoffte, dass Daniel es geschafft hatte, ein Gespräch mit Damian zu führen, über Verhütung und dergleichen. Es war ja nicht so, dass Damian nicht aufgeklärt war, er wusste Bescheid. Aber letztlich gab es doch noch einige Dinge, die sie auch versucht hatte mit ihm zu besprechen, aber das hatte er geschickt abgewehrt. Sie mochte Sabrina. Sie war ein natürliches, sehr sportliches Mädchen und schminkte sich im Gegensatz zu vielen ihrer Altersgenossinnen nur sehr dezent. Eigentlich verwendete sie Clarissas Beobachtungen zufolge nur eine getönte Tagescreme und ein wenig Wimperntusche um ihre hübschen Augen ein wenig zu betonen. Sie war nicht gepierced wie die meisten Mädchen ihres Alters und auch sonst eher ein natürlicher Typ. Sie gefiel ihr. Auch hatte Sabrina ein offenes, freundliches Wesen und ganz offensichtlich eine gute Kinderstube, denn ihr Benehmen war ebenso natürlich wie ihre Erscheinung, und tadellos. Charlotte tat sich da etwas schwerer. Clarissa hatte sie schon oft mit Kleidung erwischt, die sie eigentlich in der Schule lieber nicht tragen sollte und mit einem Makeup im Gesicht, wie es wahrscheinlich Models zu Fotoshootings erhielten, nur sehr viel dilettantischer aufgetragen. Sie behängte sich mit Unmengen von Silberschmuck und hielt das für äußerst cool, auch wenn ihr Bruder ihr ständig vorwarf, sie würde sich behängen wie ein Christbaum. Auch mit einem Freund schien
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