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Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)

Mit Worten kann ich fliegen (German Edition)

Titel: Mit Worten kann ich fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Draper
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aus, die »Trish« heißt. Sie klingt tatsächlich wie ein Mädchen, nicht wie eine Erwachsene. Könnte ich sprechen, hätte ich nichts dagegen, wie sie zu klingen.
    » Bienvenue « , sagt Trish auf Französisch. Ich weiß, das heißt »Willkommen«. Ich drücke den Knopf für Deutsch, und sie sagt: » Willkommen. « Ich finde sogar etwas, das wie » Foon ying « klingt, wenn ich den Knopf für Chinesisch drücke.
    Ich halte kurz inne und starre das Gerät an. Es ist mir nie in den Sinn gekommen, dass es Kinder wie mich in Deutschland und in China und in Frankreich gibt, denen eine Maschine beim Sprechen helfen muss.
    Mrs V. kommt wieder zu mir und hilft mir, die ursprüngliche Willkommensbotschaft von dem sehr mechanisch klingenden »Willkommen beim Medi-Talker« auf Trishs Stimme umzustellen, die »Hi! Ich heiße Melody. Sprich mit mir!« sagt. Ich kann es kaum erwarten, ihn in die Schule mitzunehmen und allen
meinen
neuen Computer vorzuführen. Ich frage mich, was Rose sagen wird.
    Inzwischen haben sowohl Mom als auch Dad angerufen, um zu hören, wie es läuft und wie wir vorankommen. Sie können es beide kaum abwarten herzukommen und das Gerät mit eigenen Augen zu sehen. Während wir also warten, schlägt Mrs V. vor, einfach weiter zu programmieren und mehr und mehr einzugeben. Sie findet, ich sollte zwei Wochen üben, bevor ich die Maschine mit in die Schule nehme. Eigentlich will ich nicht warten, aber ich muss ihr recht geben, dass es eine Weile dauern wird. Ich will das System so benutzen können, dass ich wie normale Kinder reden kann. Mehr oder weniger.
    Also kehren wir zu Wörtern zurück – ich will Tausende eingeben:
Notizbuch. Marker. Hausaufgabe. Test. Positiv. Negativ. Fingernägel. Nagellack. Outfit. Rucksack. Handtasche. Ängstlich. Aufgeregt. Lila.
    Dann tippen wir mehr Formulierungen – Hunderte:
zum Einkaufszentrum, aus der Ferne, in der Mitte von, demzufolge, der Grund dafür.
    Als Letztes kommen wir zu den Sätzen – Dutzende wie:
Wie spät ist es? Was ist los? Du bringst mich zum Lachen. Ich bin so aufgeregt
. – bevor es an der Tür klingelt.
    Als Dad und Mom hereinkommen, um uns abzuholen, hält Dad seinen Camcorder bereit. Seine Hände zittern ein bisschen. »Zeig uns, wie es funktioniert, Liebling«, sagt er.
    Ich kann nicht glauben, dass Dad ein Video von mir macht, wie ich meine ersten Worte spreche. Es ist fast so wie damals, als er Pennys erste Worte gefilmt hat – na ja, nicht ganz.
    Ich tippe sehr sorgfältig und drücke die Taste, um die Maschine sprechen zu lassen.
    »Hi, Dad. Hi, Mom. Ich bin so glücklich.«
    Mom treten die Tränen in die Augen und ihre Nase wird rot. Sie sieht mich ganz zärtlich und rührselig an.
    Als ich darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich nie auch nur ein Wort direkt zu meinen Eltern gesagt habe. Also drücke ich ein paar Tasten und die Maschine spricht die Worte, die ich nie in der Lage war zu sagen.
    »Ich liebe euch.«
    Mom flippt total aus. Ihre Tränen quellen über und sie hält sich an Dad fest. Ich glaube, er muss selbst schniefen, um ein paar Tränen zurückzuhalten.
    Aber er hat es alles aufgenommen.

Kapitel 16
    Ich warte bis nach den Weihnachtsferien, bevor ich die Maschine mit in die Schule nehme. Ich habe jeden Tag in den Weihnachtsferien mit Mrs V. geübt. Ich habe gelernt, wie man die richtigen Tasten drückt, wie man reibungslos von einer Ebene zur nächsten wechselt, wie man grammatikalische Verschmelzungen hinkriegt. Ich musste herausfinden, wie man
zum
statt
zu dem
oder
durchs
statt
durch das
sagt. Es war nicht leicht. Ich habe es immer wieder vermasselt, aber Mrs V. hat mich nicht aufgeben lassen. Und das wollte ich auch nicht.
    Also, am ersten Montag zurück in der Schule ist Elvira der Star des Tages und ich stehe im Zentrum der Aufmerksamkeit. Und nicht, weil ich etwas Peinliches gemacht habe, wie mich zu übergeben oder beim Essen zu kleckern, sondern wegen etwas wirklich Coolem. Wahnsinn!
    Selbst die Lehrer scheinen beeindruckt. »Sieh dich vor, Welt!«, verkündet Mrs Shannon, als sie mir im Gang begegnet. »Melody wird es euch allen jetzt so richtig zeigen!«
    Ich grinse, drücke eine Taste, und ein Song aus dem neuesten Teen-Musical erklingt.
    »Mädchen, du hast es wirklich drauf! Musik und alles!« Mrs Shannon tänzelt im Takt zu meiner Musik den Gang entlang. Ich pruste los.
    In Raum H-5 klebt Maria den ganzen Morgen an mir. »Cool, Melly-Belly«, sagt sie immer wieder. »Cool. Darf ich damit spielen?«

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