Mitten ins Herz - Roman
auf mich zu, übers ganze Gesicht strahlend. »Meinen Glückwunsch«, sagte sie. »Ich habe gehört, Sie wollen heiraten. Das freut mich riesig für Sie. Und was für ein Glück, dass Sie den Versammlungssaal des polnischen
Nationalvereins für die Hochzeitsfeier gekriegt haben. Da hat Ihre Großmutter wohl ihre Beziehungen spielen lassen.«
Versammlungssaal des polnischen Nationalvereins? Ich sah Morelli an und verzog das Gesicht. Morelli schüttelte nur stumm den Kopf.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich zu Mrs. Dugan. »Ich muss unbedingt mit Grandma Mazur sprechen.«
Mit gesenktem Kopf pflügte ich durch die Menge hinüber zu Grandma. »Mrs. Dugan hat mir gerade erzählt, du hättest den Versammlungssaal des polnischen Nationalvereins für meine Hochzeitsfeier angemietet«, flüsterte ich ihr hörbar zu. »Stimmt das?«
»Lucille Stiller hatte ihn für die goldene Hochzeit ihrer Eltern reserviert, aber gestern Abend ist ihre Mutter gestorben. Als wir davon erfuhren, haben wir gleich zugeschlagen. So ein Glück hat man nicht alle Tage!«
»Ich will aber keine Hochzeitsfeier im Versammlungssaal des polnischen Nationalvereins.«
»Alle lecken sich die Finger nach einer Hochzeitsfeier im Versammlungssaal des polnischen Nationalvereins«, sagte Grandma. »Das ist für so eine Festivität der schönste Ort in ganz Burg.«
»Ich will keinen großen Empfang. Ich will nur eine kleine Feier in unserem Garten.« Oder gar nichts. Ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob es überhaupt eine Hochzeit gibt!
»Und bei Regen? Wo sollen wir die Leute dann unterbringen?«
»Ich will nicht, dass viele Leute kommen.«
»Allein zu Joes Familie gehören ja schon hundert Personen«, sagte Grandma.
Joe stand hinter mir. »Ich kriege gleich einen Panikanfall«,
sagte ich zu ihm. »Ich kann nicht mehr atmen. Meine Zunge schwillt an. Ich ersticke.«
»Ersticken ist auch ein schöner Tod«, sagte Joe.
Ich sah auf die Uhr. Die Aufbahrung würde noch anderthalb Stunden dauern.Vielleicht hatte ich Glück und Eddie käme hereinspaziert, wenn ich ging. »Ich brauche frische Luft«, sagte ich. »Ich gehe mal für ein paar Minuten nach draußen.«
»Es sind einige Leute da, mit denen ich noch kein Wort gewechselt habe«, sagte Grandma. »Wir treffen uns dann später.«
Joe kam mit mir nach draußen, und wir standen auf der Veranda, atmeten die Luft von der Straße ein, froh, dem Nelkenterror entronnen zu sein, und genossen die Autoabgase in vollen Zügen. Die Autos hatten die Scheinwerfer bereits eingeschaltet, und es herrschte ununterbrochener Verkehr. Das Beerdigungsinstitut hinter uns strahlte eine festliche Stimmung aus; keine Rockmusik, dafür viel Gerede und Gelächter. Wir ließen uns auf einer Stufe nieder und beobachteten, in trautes Schweigen versunken, die Blechlawine. So saßen wir gemütlich da, als plötzlich der weiße Cadillac vorbeirollte.
»War das nicht gerade Eddie DeChooch?«, fragte ich.
»Sah ganz danach aus«, sagte Joe.
Keiner von uns beiden rührte sich. Wir hätten ohnehin nichts machen können - unsere Autos waren zwei Straßen weiter geparkt.
»Eigentlich müssten wir was unternehmen, um ihn zu verhaften«, sagte ich zu Joe.
»Und an was hast du gedacht?«
»Jetzt ist es zu spät, aber du hättest auf einen Reifen zielen können.«
»Das muss ich mir fürs nächste Mal merken.«
Fünf Minuten später hockten wir immer noch da, und DeChooch fuhr ein zweites Mal vorbei.
»Meine Güte«, sagte Joe. »Was ist denn mit dem Kerl los?«
»Vielleicht sucht er einen Parkplatz.«
Morelli war schon auf den Beinen. »Ich hole meinen Truck. Lauf rein und sag Tom Bell Bescheid.«
Morelli rannte los, und ich begab mich auf die Suche nach Bell. Auf der Treppe begegnete mir Myron Birnbaum. Moment mal! Myron Birnbaum war im Begriff zu gehen. Das hieß, er gab seinen Parkplatz auf, und DeChooch suchte doch nach einem. Wie ich Myron Birnbaum kannte, hatte er bestimmt ganz in der Nähe geparkt. Ich brauchte also nur Birnbaums Platz freizuhalten, bis DeChooch vorbeifuhr. DeChooch würde einparken, und dann saß er in der Falle. Mann, ich war wirklich ganz schön clever.
Ich hängte mich an Birnbaums Fersen, und es kam wie erwartet: Er hatte sein Auto an der nächsten Straßenecke abgestellt, drei Wagen vor Stivas Kutsche, hübsch eingeklemmt zwischen einem Toyota und einem Ford-Jeep. Ich wartete so lange, bis er rausgesetzt hatte, stellte mich dann auf den freien Platz und winkte alle Parkplatzsucher weiter. Eddie
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