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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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sie wahrscheinlich getan hat. Ich glaube, diese Scheißkerle haben mit ihr dasselbe gemacht, was sie mit dir tun wollten.»
    Einen Moment lang schien es ihr, als wollte ihr Kopf zerspringen, als sei sie mit voller Wucht gegen eine Mauer gerannt. Dann stand sie ganz still, erschauerte plötzlich und dachte, wie nahe daran sie gewesen war, daß ihr ganzes Wesen eingeschmolzen und nach Brunels Vorstellungen neu geformt wurde.
    Sie sah Giles an, und dann stieg verblüffenderweise eine ausgelassene Fröhlichkeit in ihr auf, eine Unbekümmertheit, als hätte sie einen Schwips. Sie erinnerte sich, wie er in dem Käfig gekauert, geplappert, sich die Brust gekratzt und gesagt hatte: «… nein, es war nicht im
Reader’s Digest
, es stand im
National Geographic
.» Sie sprudelte beinahe über vor unterdrücktem Lachen und einer sonderbaren Euphorie. Das war das verrückteste von all ihren Abenteuern geworden, und sie konnte genausogut bis zum Ende verrückt weitermachen. Sie grinste ihn an wie ein Gassenjunge, der eine Herausforderung annimmt, und sagte: «Also gut. Aber du bist nicht allzu beweglich, deshalb bleibst du besser hier und versteckst dich in den Bäumen, und ich gehe sie holen. Wenn dein Koffer noch da ist, gebe ich ihr eine Morphiumspritze, bevor ich sie herbringe.» Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich um und lief auf das Haus zu.
    Jetzt war nicht der richtige Augenblick, um vorsichtig oder raffiniert zu sein. Die einzige Möglichkeit war, die Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen und auf das Glück zu vertrauen. Sie überquerte die Veranda, trat durch die noch offenstehenden Glastüren des Eßzimmers und war schon mitten im Zimmer, als Mesquita in dem Durchgang zu ihrer Linken auftauchte, am Ende des langen Raums, mit dem FN-Karabiner in der Hand. Sie hatte geglaubt, daß die Leute alle beim Treibstoffdepot seien, aber Mesquita war hier. Anscheinend war ihre Glückssträhne schon wieder zu Ende.
    Ohne ihren Lauf zu verlangsamen, schwenkte sie auf ihn zu, sprang mit einem Satz über eine Couch und rannte weiter. In dem Augenblick, als sie die Couch übersprungen hatte, hatte sie den Bolzen klicken gehört, der die Patrone in den Lauf schob. Acht Schritte lagen noch zwischen ihnen, und er lächelte, als er das Gewehr anhob. Mesquita hatte schon auf Großwild gejagt und reagierte sehr schnell. Er würde noch genügend Zeit haben, um zu schießen, aber sie konnte jetzt nicht mehr zurück, nur noch vorwärts, so schnell die Beine sie trugen. Und sie mußte hoffen. Auf eine Chance von eins zu tausend, nur das konnte sie jetzt noch retten. Ein Fehlschuß, ein Versagen des Gewehrs oder …
    Hinter ihr sagte Willies Stimme: «Wirf dich nach rechts, Prinzessin», und sie sprang zur Seite, warf sich flach auf den Boden, die Arme schützend nach vorn gestreckt, den Kopf seitwärts gedreht, so daß sie Mesquita nicht aus den Augen ließ. Sie sah, wie der Gewehrlauf ihr zu folgen begann und dann rasch zurückschwenkte, sah den Schreck auf Mesquitas Gesicht, sah das erwartete Aufblitzen der Messerklinge, den Silberstreif, der durch die Luft fuhr und in Mesquitas Hals verschwand, hörte das weiche Geräusch des eindringenden Messers, sah das schwarze Heft aus seinem Hals ragen, sah, wie der Gewehrlauf langsam nach unten sank in seinen schlaffen Händen, als die Beine nachgaben und Mesquita auf dem Boden aufschlug – all dies in dem Sekundenbruchteil, bevor der Schock sie mit eiserner Faust umklammerte.
    Sie lag auf dem Teppich, grub ihre Finger hinein, starrte auf die Florbüschel nur wenige Zentimeter vor ihren Augen, unfähig, den Kopf zu drehen. War das Wahnsinn oder ein Alptraum? Willie Garvin war tot. Er war tausend Meter tief auf die Erde gestürzt, und nichts auf der Welt konnte ihm das Leben gerettet haben. Und doch hatte sie seine Stimme gehört – sah Mesquita tot auf dem Boden liegen, mit einem von Willies Messern in der Kehle.
    Das Geräusch von Fußtritten auf dem Teppich. Eine Hand, die ihren Arm ergriff. Ohne viel Federlesens wurde sie hochgezogen.
    Willie Garvin. In einem braun und grün gefleckten Tarnhemd und langer Hose. Das Hemd aufgeknöpft, lose herabhängend. Darunter die beiden flachen Futterale auf der linken Brustseite, eines davon leer.
    Willie Garvin. Braunes Gesicht. Blondes Haar.
    Blaue Augen, die sie besorgt anblickten. Die S-förmige Narbe auf dem Rücken der Hand, die ihren Arm umklammerte. Lebensgroß. In Fleisch und Blut. Lebendig.
    Unmöglich.
    Seine heisere Stimme

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