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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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gleiten und schloß den Sicherheitsgurt. Er fiel mit einem Seufzer der Erleichterung zurück. Sie legte die Hand auf seine Stirn und sagte: «Wie geht es Ihrem Kopf?»
    «Noch etwas taumelig, aber nicht so schlecht. Besser als letzte Nacht. Damals glaubte ich, er würde zerspringen. Jetzt bin ich nur erschöpft.»
    «Das wundert mich nicht. Die letzte Nacht hätte Sie umbringen können.»
    «Ich bin gräßlich durstig.»
    «Gut, aber trinken Sie nicht zu viel.»
    Sie gab ihm Wasser aus einer Flasche, stellte den Verbandskasten hinten auf den Boden des Wagens und legte den Seesack in den Kofferraum. Als sie zurückkam, lehnte Quinn mit geschlossenen Augen in seinem Sitz. Sie zog die Sandalen zum Fahren aus und sah ihn zum erstenmal bewußt an.
    Bis jetzt war er ein anonymer Mensch gewesen, der Hilfe brauchte, ein Mann, der sie nichts anging, mit einigen Ticks, die bei einer anderen Gelegenheit, wenn die Trauer sie nicht gequält hätte, entweder amüsant oder ärgerlich gewesen wären. Sein Gesicht war jetzt eingefallen und hager, aber sie hielt ihn für fünfundzwanzig oder sechsundzwanzig, nicht älter. Sein Haar war dunkelbraun, lang, aber nicht zu lang. Er trug es zurückgekämmt, es reichte in wirren Locken bis zur Mitte seines Nackens. Sie erinnerte sich, daß seine Augen graugrün waren. Er hatte einen eher breiten Mund und eine lange Nase. Sein Kinn sah gut aus, und er hatte ausgezeichnete Zähne.
    Als sie sich ans Lenkrad setzte, runzelte sie wieder die Stirn und versuchte sich daran zu erinnern, was Quinn gesagt oder getan haben könnte, das noch immer in den tieferen Schichten ihres Bewußtseins herumspukte. Bei einem Wort, einem Satz oder einem Blick hatte irgend etwas nicht ganz gestimmt, aber sie konnte es nicht festnageln. Sie verdrängte die hartnäckige Frage aus ihrem Bewußtsein, lenkte den Wagen langsam zwischen den Bäumen heraus und rollte auf der gerade noch befahrbaren Spur dahin, die sie gefunden hatte und die vom Karrenweg über die Causse abzweigte.
    Die Fahrt über die schlechte Strecke dauerte zwanzig Minuten, aber als sie den Karrenweg erreicht hatte, konnte sie die Geschwindigkeit manchmal auf zwölf Stundenkilometer erhöhen. Der Weg entfernte sich vom Tarn, führte durch hügeliges Gelände und stieß dann auf eine kleine Straße, die westlich nach La Malène führte. Sie überlegte, was sie mit Quinn anfangen sollte. Sie konnte mit ihm direkt nach Millau zum Krankenhaus fahren. Wenn sie einmal auf der N. 107 war, dauerte es nur noch eine Stunde. Andererseits konnte sie auch nach Toulouse fahren, wo drei Kilometer von der Stadt entfernt Dr. Georges Durands erstklassige und teure Privatklinik mit ihrem wunderbaren Park lag.
    Sie hatte die Errichtung der Klinik Durand vor etlichen Jahren finanziert. Georges Durand war sehr fähig und diskret und konnte die besten Spezialisten beiziehen. In den alten Tagen waren die Leute vom ‹
Netz
› hier zusammengeflickt worden, wenn es nötig war.
    Willie Garvin und sie waren hier ebenfalls behandelt worden, aber beide nach den Zeiten vom ‹
Netz
›.
    Zweimal hatte der plastische Chirurg Narben von ihrem Körper entfernt, und der Zahnchirurg hatte ihr ausgeschlagene Zähne ersetzt, nachdem sie bei der «
Säbelzahn
-Operation» in Afghanistan mißhandelt worden war.
    Quinn brauchte keine diskrete Behandlung – so viel sie wußte, aber jedenfalls, wenn sie ihn zu Durand brachte, würde er kostenlos die beste Behandlung bekommen. Sie blickte ihn kurz an. Er war sehr jung und würde die Kosten des Aufenthalts in einem französischen Spital wahrscheinlich erschreckend hoch finden.
    Also lieber nach Toulouse. Sie ärgerte sich über sich selbst wegen der Schwäche für diesen Jungen neben ihr, für den sie keine Verantwortung hatte, drei Stunden Fahrt auf sich zu nehmen, aber dann zuckte sie im Geist die Achseln. Was, zum Teufel, machte es ihr aus, die paar Kilometer zu fahren! Sie hatte sonst nichts Besonderes zu tun.
    Sie fragte sich, warum sie Quinn als Jungen bezeichnet hatte. Er war wahrscheinlich nur zwei Jahre jünger als sie selbst. Selbstverständlich nur, wenn man die Kalenderjahre zählte. Sie blickte wieder zu ihm hin und lächelte ein wenig, als sie sich an seine Ausbrüche von Gereiztheit und seine jugendliche Arroganz erinnerte.
    Sie dachte etwas bitter: Ich war schon fast so alt wie die Welt, als du dich zum erstenmal rasiert hast, Quinn.
    Sie erblickte zum erstenmal den Wagen in einer Entfernung von mehr als einem Kilometer, wie er

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