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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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nicht einmal ein Taschentuch. Seine Armbanduhr hatte man ihm weggenommen. Hier war er aus seinem Betäubungsschlaf erwacht … vor wieviel Stunden? Dreißig? Vierzig? Es war schwer zu berechnen. Kein Fenster erlaubte ihm, die Nacht vom Tag zu unterscheiden. Er hatte niemand gesehen, keinen Laut gehört. Er strich mit einer schmutzigen Hand über Wangen und Kinn und stellte fest, daß er einen zwei Tage alten Bart hatte. Er kam zu dem Schluß, daß sie sich wahrscheinlich innerhalb der nächsten zwölf Stunden zeigen würden.
    Wer waren «sie»? Eine der offiziellen gegnerischen Gruppen oder eine der unabhängigen wie Salamander Vier, die den Job auf Vertrag hin übernommen hatten?
    Es war nicht wichtig. Das Ziel, zu dem alles hinführte, würde dasselbe sein – die Information aus seinem Hirn zu schöpfen wie den Dotter aus dem Ei. Ein überraschender Zug, diese Entführung. Er brach eine Spielregel der internationalen Geheimdienste, die schon seit längerer Zeit eingeführt worden war. Aber auch das war jetzt unwichtig. Es war passiert.
    Dies war natürlich die Zermürbungsperiode, mit dem Ziel, seine Nerven zu schwächen. Das Verhör kam sicher später. Es würde möglicherweise brutal sein, wahrscheinlich jedoch einer langsamen, aber sicheren Technik folgen: abwechselnd harte und weiche Behandlung, dem Mann mit den brutalen Drohungen folgte der sympathische Typ mit Zigaretten und Kaffee.
    Sie würden wahrscheinlich auch Drogen anwenden, Thiopenthal kombiniert mit Metamphetamin. Später konnte er die Zeit nutzbringend dazu verwenden, sich an alle Berichte zu erinnern, die er über diese Prozedur gelesen hatte.
    Er schaute auf das Brot und das Wasser. Er war ein wenig hungrig und sehr durstig, aber es konnte unklug sein, in nächster Zeit wieder zu trinken. Schwer zu sagen, wie lange diese erste Periode dauern würde. Tarrant ging weiter auf und ab. Er fühlte das Verkrampfen der Magennerven und gestand sich ein, daß er Angst hatte. Das war natürlich und vernünftig und machte nichts aus, sagte er sich selbst. Die einzige Sache von Bedeutung war der Grad seines Widerstands im Verhör, wenn es soweit war. Seine eigenen Agenten waren darauf trainiert, einen hohen Grad von psychischer und körperlicher Folter zu ertragen. Manche waren in die grausame Lage gekommen, dieses Training anwenden zu müssen. Einige von ihnen waren gestorben, bevor sie sprachen, andere hatten vielleicht vor ihrem Tod gesprochen. Er würde niemals wissen, wer was getan hatte.
    Er fragte sich, in welche Kategorie er gehören würde, und überlegte ganz nüchtern, ob es jetzt nicht seine Pflicht sei, Selbstmord zu begehen. Wenn er es so lange aufschob, bis er es nicht mehr ertragen konnte, würde ihm möglicherweise der Wille dazu fehlen. Vielleicht wäre es jetzt übereilt, er wußte zu wenig von der Situation, um sie beurteilen zu können. Es war aber sicher von Vorteil, die Sache beizeiten zu überlegen, denn es würde nicht leicht sein, hier in der Zelle Mittel zu finden, wenn es soweit war. Die Flasche war aus weichem Plastik. Hoffnungslos, sich damit eine Arterie durchzuschneiden. Sich mit abgerissenen Streifen der Decke erhängen? Es gab nichts, woran man das verdammte Seil hoch genug über dem Fußboden festmachen konnte. Mit dem Kopf gegen die Wand rennen? Sich vom Feldbett zu Boden fallen lassen? Nicht vielversprechend. Wenn es nicht beim ersten Versuch gelang, ergab es höchstens eine Gehirnerschütterung.
    Seine eigene Unfähigkeit reizte ihn, und er überlegte, was Modesty Blaise oder Willie Garvin getan hätten.
    Sofort wußte er, daß Selbstmord für sie nicht in Frage kam. Ihre ganze Energie wäre darauf gerichtet, einen Ausweg zu finden. Tarrant zuckte traurig die Schultern.
    Für sie war das anders. Sie trugen nicht dieselbe Menge von Informationen in ihrem Hirn. Sie waren eine Generation jünger, hatten seltene Fähigkeiten und würden wahrscheinlich bis zu einem gewissen Ausmaß auf Schwierigkeiten vorbereitet sein – ein versteckter Dietrich oder andere erfinderische Vorrichtungen.
    Trotzdem war es der Mühe wert, an Modesty zu denken. Im besten Fall konnte es eine nützliche Idee bringen, und im schlimmsten half es, die langen Stunden zu überbrücken. Was würde sie also tun, angenommen, sie fand keinen Weg durch die Zellentür?
    Tarrant konzentrierte sich, sammelte die Fetzen von Erinnerung an die seltenen Gelegenheiten, wenn sie oder Willie ein paar Worte fallenließen, wie sie reagierten, wenn ein Trick

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