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Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Modesty Blaise 07: Die silberne Lady

Titel: Modesty Blaise 07: Die silberne Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter O'Donnell
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seine Ordination, wenn ich zur Behandlung dorthin gebracht werde.»
    Sie wandte den Kopf und sah Tarrant an. Er trug einen Anzug, der wie ein einteiliger Overall aus dickem blauem Wollstoff aussah. Sein ergrauender Schnurrbart hing ungeschnitten herunter. Seine Wangen waren hohl, die Augen eingesunken, seine Bewegungen langsam und vorsichtig wie die eines Mannes, der an Rheumatismus leidet. Er war frisch gebadet, aber sie wußte, daß er 30 Stunden in der Oubliette gesteckt hatte, einer winzigen Kammer ohne frische Luft, in seinem eigenen Schmutz, Hunger und Durst leidend.
    Sie legte die Hand auf seinen Arm und streichelte ihn, dann sah sie wieder auf die Skizze. «Sie waren nicht höher als im Mezzanin?»
    «Nein. Ich glaube, sie benützen nur wenige der Schlafzimmer.»
    «Wann erfuhren Sie, daß sie Lady Janet und Quinn gefaßt hatten?»
    «Irgendwann während des gestrigen Tages. Bald nachdem es geschah, nehme ich an. Sexton kam herein und rief es mir ins Stinkloch hinunter. Er sagte, ihr würdet durch eine Höhle kommen, und er würde euch erwarten.»
    «Wußten Sie schon früher von der Höhle?»
    «Nur in groben Umrissen, nach dem, was mir Clare während einer ihrer wohlerzogenen Horrorsitzungen erzählte. Der Agent zeigte ihnen die Abfallrinne im Keller, als sie das Schloß mieteten. Gestern abend ging Sexton hinunter, um sich umzusehen. Er kam bis zu einem See. Er sagte, er hätte nichts übrig fürs Schwimmen im kalten Wasser, wenn es nicht unbedingt notwendig sei.»
    Modesty dachte einen Moment nach. «Überraschte Sie das?»
    «Überraschen? Ich bin nicht sicher. Ich war zu … bestürzt, zu wissen, daß ihr in eine Falle geht, um an irgendetwas anderes zu denken. Vielleicht überrascht es mich jetzt ein wenig. Ich neige dazu, Sexton als menschliche Maschine zu betrachten. Unverletzlich.»
    «Wissen Sie, woher er kommt?»
    «Nicht genau. Aber ich nehme an, daß er den größten Teil seines Lebens im Fernen Osten verbracht hat.»
    «Ich verstehe.»
    Tarrant wunderte sich, warum sie dieser Punkt so interessierte. Er war völlig erschöpft, aber sein Bewußtsein war kristallklar, wie unter dem Einfluß einer stimulierenden Droge.
    Vor sieben Stunden hatte Sexton sie in die Zelle getragen. Angel folgte mit einer Strohmatratze. Ihre Kleider waren in Unordnung, als sei sie während ihrer Bewußtlosigkeit ausgezogen und ungeschickt wieder angekleidet worden. Sexton legte sie auf die Matratze, richtete sich auf und sah sie mit Interesse an. «Sie kam gut vorbereitet», sagte er. «Sie würden überrascht sein, was wir alles bei ihr gefunden haben.» Er ließ Tarrant von seinem Bett aufstehen und untersuchte es genau, ebenso den Tisch.
    «Keine Nägel», sagte er. «Gute, solide Tischlerarbeit.
    Ich glaube nicht, daß die erfinderische Lady hier viel Hilfe findet.»
    Als sie fort waren, knöpfte Tarrant ihre Kleider zu und brachte sie in eine bequeme Lage. Er wußte, daß er nicht die Kraft hatte, sie auf das Bett zu heben. Die Traurigkeit lag wie ein kalter Klumpen in seiner Brust.
    Absurderweise wünschte er nun, er hätte nicht auf ihr Kommen gehofft.
    Als sie endlich aus dem Betäubungsschlaf erwachte, hatte Tarrant mehr als genug Zeit gehabt, seine Verzweiflung zu verbergen und das Verhalten eines Mannes voll Zuversicht und vorsichtiger Hoffnung anzunehmen. Obwohl er es nicht wußte, war die Art ihres Erwachens genau dieselbe wie bei Willie Garvin. Sie öffnete die Augen nicht, bevor sie voll bei Bewußtsein war, und gab ihm dann schnell ein Zeichen, zu schweigen. Sie setzte sich auf, warf einen Blick auf ihre Umgebung und beobachtete ihn lange Zeit, wie ihm vorkam. Er sah Mitleid und Zorn in ihrem Blick, als sie sich in kniende Stellung aufrichtete und einen Augenblick lang die Hand auf seine Schulter legte. Es wurde ihm bewußt, daß er viel schlechter aussehen müsse, als er sich das vorgestellt hatte.
    Sie legte die Finger auf seine Lippen, um ihm zu bedeuten, er solle nicht sprechen, dann verschwand jeder Gefühlsausdruck aus ihrem Gesicht und wich einem kalten, beinahe brutalen Ausdruck konzentrierten Nachdenkens. Sie begann ihre Taschen abzutasten, die verschiedenen Säume ihres Hemds, den losen Haarknoten, der mit einem dicken Gummiband im Nacken befestigt war. Schließlich setzte sie sich und entfernte die Sohle von einem ihrer Stiefel. Die Suche war ergebnislos, aber Modesty zeigte keine Enttäuschung. Sie stand auf und begann langsam in der Zelle herumzugehen. Erst nachdem sie sie genau untersucht

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