Mörderisches Musical
ich
vermisse.« Sie aß ein paar Löffel Suppe. »Aber Moment mal. Willst du sagen,
Mort hat Sam getötet?«
»Nein, um Gottes willen. Machst du Witze? Mort
würde sich nicht die Hände schmutzig machen. Er würde einen anderen finden, der
es tut — falls er Sam loswerden wollte.«
»Ich glaube, wir gehen in die falsche Richtung.
Ich denke, jemand hat Sam für Mort gehalten und ihm versehentlich eine
übergezogen.«
»Carlos!« Smitty war ins Remington‘s gekommen, mit wildem Blick und ohne Mantel. Er trug saubere Jeans.
Ruhig, sagte sich Wetzon. Du bist nicht seine
Mutter. Außerdem ist er erwachsen.
Carlos winkte ihm, und er stürzte auf ihren
Tisch zu, gerötet und aufgeregt. »Mort möchte dich auf der Stelle sehen.« Seine
Augen verschlangen das Essen auf dem Tisch.
»Hast du gegessen?« Okay, Wetzon konnte nicht
über den eigenen Schatten springen.
Mark schüttelte den Kopf.
»Dann setz dich und iß die andere Hälfte von
Carlos’ Burger. Carlos ißt ihn sowieso nicht auf, oder, Carlos?« Ohne eine
Antwort abzuwarten, nahm sie, was noch übrig war, und legte es auf ihren
Brotteller.
»Tausend Dank, Schatz«, sagte Carlos gedehnt.
»Okay, Smitty, setz dich. Was ist mit Mort?«
»Der neue Text für >Who’s That Killer?<
ist gerade angekommen, mit Eilboten aus New York.«
»Ein sehr passender Songtitel für diese Show,
meinst du nicht auch, Herzblatt?«
Smitty setzte sich und putzte den halben
Hamburger, die restlichen Pommes frites und Wetzons Brötchen weg, während
Wetzon und Carlos amüsierte Blicke wechselten.
»Der Junge ist im Wachsen«, murmelte Wetzon. Sie
trank ihren Martini aus und fühlte bereits ein warmes Glühen.
Carlos betrachtete Wetzon mit boshaft
hochgezogener Braue und zahlte die Rechnung. »Gehen wir und stellen wir eine
neue Nummer auf die Beine.« Er blickte hinüber zu JoJo und Joclyn, die eng
aneinandergelehnt dastanden. »Kommt, ihr zwei. Ihr werdet gerade ausgerufen.«
Draußen schneite es immer noch. Der Schnee
häufte sich allmählich zu kleinen trockenen Verwehungen an. Mit eingezogenen
Köpfen eilten sie zum Theater hinüber. Fünf Personen standen an der Kasse an.
Wenn sich die Nachricht über Sam erst verbreitet hätte, würden die Leute sich
um die Karten reißen.
Falls das überhaupt möglich war, waren die
Proben jetzt noch chaotischer. Jemand rief aus den Kulissen sporadisch
Stichworte über den Lautsprecher. Hörte sich wie Phil an. Doch es tat sich
nichts. Zwei langhaarige Männer waren am Mischpult — einer arbeitete an Hebeln,
der andere schritt auf und ab. Kay stand im Zuschauerraum und gab Zeichen —
wahrscheinlich an Nomi im Rang, als es plötzlich hell wurde. Festbeleuchtung.
» Herrgott, jetzt tut’s das verdammte Beleuchtungspult nicht
mehr, ausgerechnet auf voll !« Da dies auf ein Problem mit der Software
hinwies, versuchte Kay nicht einmal, Ruhe zu wahren.
»Wo ist Mort?« wollte JoJo direkt hinter ihnen
wissen.
»Wenn er hier wäre, würden wir ihn hören«,
murmelte Wetzon.
»Er ist in der großen Garderobe.« Smitty war
stolzgeschwellt wegen der Wichtigkeit seiner Aufgabe.
»Ich denke, ich gehe ins Hotel und erledige ein
paar Anrufe«, sagte Wetzon, die sich in diesem Tumult überflüssig fühlte.
»Warte.« Carlos nahm ihre Hand. »Bleib und hör
dir die Nummer an. Du bist mein Maskottchen.«
»Entzückt werde ich sein.«
Carlos drückte ihre Hand fest. Sie folgten Smitty
durch die Bühnentür und stiegen wie Bergziegen über die schiefen Flächen.
Klaviermusik drang aus einer der Garderoben hinter der Bühne, schwungvoll und
rhythmisch.
»He, das klingt gut.« Wetzons Füße zuckten.
Carlos begrüßte die Schauspieler, die sich versammelt
hatten und darauf warteten, die neue Nummer einzustudieren. Sie hatten ungefähr
vier Stunden Arbeit vor sich, wenn sie sie noch in die Abendvorstellung
einbauen wollten.
Als sie in die Garderobe kamen, verpaßte sich
Mort gerade eine Spritze ins Gesäß, während Nelson Koch, der die Musik für die
Tanzszenen einrichtete, die Nummer spielte, im Stehen, da die Notenblätter, von
denen er ablas, oben auf dem Klavier lagen. Mort zog die Hosen hoch und warf
die Spritze in den Papierkorb. »B zwölf. Kraftsaft«, verteidigte er sich, als
er Wetzons Blick auffing.
Nelson spielte die Nummer durch, während Smitty
fotokopierte Texte brachte und herumgehen ließ. Alle schienen sich zu freuen.
»Dann können wir es später in der Show zur Unterstreichung verwenden und im
Finale wiederholen.« Nelson
Weitere Kostenlose Bücher