Mond-Elfe
brachte? Es ergab einfach keinen Sinn, solche außergewöhnlichen Schwierigkeiten für so etwas Unwesentliches auf sich zu nehmen. Bestimmt standen doch zahlreiche andere Koboldmädchen zur Verfügung und viele harmlose andere Tiere.
»Che«, sagte Electra, »dein Erzeuger bereitet sich darauf vor, den Berg Stück für Stück zu zerstören, wenn du nicht zu ihm zurückkehrst. Ich bin sicher, Gwendolyn ist ein nettes Mädchen und glücklich über deine Gesellschaft, aber was denkst du über deine Gefangenschaft?«
»Beim Betreten des Bergs hatte ich Angst«, antwortete Che. »Aber meine Bedenken haben sich gelegt. Ich werde gut behandelt und ich mag Gwenny. Ich bin gerade dabei, mich zu entscheiden, ob ich ihr Gefährte werden möchte.«
»Aber das zählt nicht, wenn sie dich gefangenhalten!« protestierte Gloha. »Das wird Cheiron nicht hinnehmen.«
»Das ist ein Problem«, gestand Che. »Denn es liegt nicht mehr in meiner Hand, da ich meine Entscheidung jemand anderem überlassen habe.«
Godiva war erschreckt. »Das hast du? Wem?«
»Jenny Elfe.«
Electra, Gloha und Godiva starrten auf Jenny. »Du entscheidest das für ihn?« fragte Godiva.
»Ja, er hat mich darum gebeten«, sagte Jenny errötend.
»Und was beabsichtigst du, ihm vorzuschlagen?« fragte Godiva.
»Das weiß ich noch nicht. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
Godiva wechselte einen erstaunten Blick mit Electra. Sie standen auf verschiedenen Seiten, aber keine von ihnen konnte einen Sinn darin erkennen.
Electra wandte sich zu Che. »Was geschieht mit dir, wenn du zustimmst?«
»Ich werde als Gwennys Gefährte hierbleiben, aber später können wir uns auch draußen bewegen, wenn wir es wünschen.«
»Aber sie kann doch auch allein nach draußen gehen oder zusammen mit einem anderen Kobold!« wandte Electra ein. » Dich braucht sie dafür doch nicht!«
Che zuckte mit den Schultern. »So könnte es sein. Jenny wird entscheiden.«
»Wie kannst du dich darauf verlassen, Jenny?« forschte Electra. »Ich hatte gedacht, du wärst seine Freundin?«
»Ich bin auch seine Freundin«, erwiderte Jenny.
Gloha war ebenso verblüfft. »Was passiert mit dir, wenn du nein sagst?«
»Ich bin mir nicht sicher. Kann sein, daß ich freigelassen werde.«
Electra wandte sich zornig an Godiva. »Was geschieht, wenn er nein sagt?« wiederholte sie ihre Frage.
»Ich habe mich noch nicht entschieden«, sagte die Kobolddame.
»Mutter!« sagte Gwendolyn ärgerlich.
Godiva machte eine Pause. Dann preßte sie widerstrebend hervor: »Ich werde ihn freilassen.«
»Gut!« sagte Electra. »Jenny, sag ihm, er soll nein sagen, dann gehen wir jetzt alle zusammen. Die Belagerung wird aufgehoben und niemand verletzt werden.«
Aber Jenny schüttelte den Kopf. »Das kann ich ihm nicht sagen. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
»Auf welcher Seite stehst du eigentlich?« fragte Electra verwirrt und ärgerlich zugleich.
»Aus welchem Grunde heiratest du Dolph nicht«, gab ihr Jenny die Frage zurück.
»Weil ich eben nicht kann…« Electra brach ab und stutzte. »Das hat nichts mit dem hier zu tun!« Aber sie war verunsichert, denn das war die allerletzte Antwort, die sie von Jenny erwartet hatte. War die Elfe etwa in einer ähnlichen Lage?
Sie grübelte. Einmal angenommen, die Kobolde hätten damit gedroht, sie alle zu töten – Electra und Gloha eingeschlossen –, wenn Che ihnen nicht Folge leistete? Und Che wollte das nicht. Dann könnte er weder ja noch nein sagen. In diesem Fall blieb ihm nur übrig zu sagen, daß er sich noch nicht entschieden hatte. Und in diesem Fall wäre es das Beste für Electra und Gloha, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.
Aber was hatte die Frage nach der Heirat mit Dolph damit zu tun? Jenny wußte doch, daß nicht Electra die Entscheidung zu treffen hatte. Vielleicht lag die Entscheidung, zu bleiben oder zu gehen, gar nicht mal bei Che. Oder weswegen hatte er die Verantwortung hierfür an Jenny weitergegeben? Das war keine gute Parallele. Die ganze Situation mit der Heirat war kompliziert, und keiner würde wissen, wie sie sich entwickelte, bevor sie nicht stattgefunden hatte. Dennoch hatte jeder für sich eine bestimmte Vorstellung davon.
War die Lage hier vielleicht noch komplizierter? Keine Drohung, sondern irgendein anderer Faktor? Denn Godiva sah einfach nicht so aus, als würde sie ihr Wort brechen. Und das würde sie, wenn sie den Waffenstillstand mißachtete und Electra und Gloha etwa antun sollte. Es war
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