Mondschwingen (German Edition)
und drückte ihn gegen die Felswand.
„Was hast du dir dabei
nur gedacht?“
„Ich dachte, ich würde euch helfen. Es waren
viel mehr Jäger als Weiße, ihr hattet doch kaum eine Chance.“ Er flehte beinahe
und er kam sich schäbig dabei vor.
„Vielleicht hast du recht, ich weiß es nicht.“
Glinx schien auf einmal in sich zusammenzusacken. „Aber letztendlich war doch
sowieso alles umsonst. All das verfluchte Graben, das Schwitzen, das Fluchen,
unsere ganze Arbeit, alles hätten wir uns sparen können.“ Er blickte an Linus
vorbei, sah bedauernd aus oder traurig oder beides. „Vorhin, bevor die Jäger
gekommen sind, hat mir ein Weißer gesagt, dass die Jäger oben in der
Dunkelmondburg vermutlich verlieren werden. Nun können wir auch durch die Burg
in den Tunnel gelangen, wir hätten all das hier“ er machte eine ausladende
Geste, sah den Stollen hinauf und hinab „nicht gebraucht.“ Er rappelte sich auf
und streckte Linus den Arm entgegen. „Lass uns nach Skopenvang gehen, bevor der
Kampf auf der Insel entschieden ist.“
Linus schüttelte den
Kopf, was ihm viel schwerer fiel als gedacht. „Ich muss auf Svija warten.
Sollte sie bei Sonnenaufgang noch nicht da sein, woran auch immer ich das
erkenne, werde ich gehen, ohne sie.“ Er fand die Vorstellung grauenhaft,
alleine hier zu bleiben, mit den überlebenden Jägern und kämpfenden Weißen und
ohne Glinx.
Glinx seufzte. „Glaubst
du wirklich, sie werden kommen? Das weißhaarige Mädchen und ihre Mutter sind
gefangen, beide werden vermutlich hingerichtet und nur Svija kann sie retten.
Ein einzelnes Mädchen gegen Thijs und seine Verbündete.“ Er sah Linus mitleidig
an, seinen Arm streckte er immer noch nach Linus aus. „Glaubst du wirklich,
dass sie das schaffen kann? Sie ist ein Mädchen, mehr nicht. Vergeude nicht
deine Zeit und komm mit mir.“
„Sie werden kommen, ganz
sicher.“ Kläglich hörte er sich an und feige. „Wir werden uns sicherlich in
Skopenvang sehen, früher oder später.“
„Dann beginnt also der
Kampf.“ Glinx runzelte die Stirn und sah alles andere als zufrieden aus.
„Wünsch mir Glück.“ Dann verschwand er, kletterte die klappernden Leiter
hinunter und Linus konnte nichts tun außer ihm hinterher zu schauen und zu
warten.
SVIJA
und der Platz der Gebrochenen Flügel
Den Platz sahen sie schon von weitem. Das
dunkelrote Mosaik leuchtete im Fackellicht, Gestalten huschten eilig darüber
und versteckten sich in den Schatten der Häuser.
Das Podest stand
verloren in der Mitte des Hofes.
„Das ist er“, hauchte Amber und ließ sich auf
einem der Dachgiebel nieder. „Thijs und Gwaedja kann ich nirgendwo sehen.“
Svija stützte sich an einem
Schornstein ab und setzte sich vorsichtig auf die kalten Ziegeln. „Kannst du
Kastja irgendwo entdecken? Stell dir nur vor, er kommt nicht!“
Sie saßen dicht
beieinander und einen Moment lang war es wie damals, im Sommerwald, wenn sie
auf dem Dach des Hauses gesessen waren. Kein Grillenzirpen, kein
Wasserplätschern war zu hören, nur das dumpfe Dröhnen der Kämpfenden.
Es lauerten nur wenige
Menschen in den Schatten des Hofes, weiße Mäntel waren zu sehen und nicht weit
davon entfernt dunkle Rüstungen. Weiße und Jäger, nur ein paar Schritte
entfernt und doch verharrten sie schweigend in der Dunkelheit und hoben nicht
die Schwerter. Sie waren wegen der Hinrichtung hier und wollten nicht kämpfen.
„Es werden nicht viele
hier sein … wenn es geschieht. Die meisten werden kämpfen und fast niemand wird
Kastja sterben sehen.“ Amber schaute düster drein, ihre Finger krallten sich in
den Oberarm, damit der Schmerz nicht allzu groß war. „Warum führt Thijs Kastja
ausgerechnet jetzt vor, nun, wo kaum einer Zeit hat, um ihm bei der Hinrichtung
zuzusehen? Ich dachte, er würde es auskosten, so gut es geht.“
Es wurde lauter auf dem
Hof unter ihnen, sie hörten Kastjas Stimme.
„Ich schätze, Thijs hat
Angst vor einer Niederlage. Wenn er und die Weißen verlieren, wird er kaum noch
eine Gelegenheit haben, um sich an Kastja zu rächen.“ Svija sprach sehr leise,
ihre Stimme ging fast unter in den polternden Schritten von Kastja.
Der Sternenjägeranführer
drehte sich einmal im Kreis, er hielt ein Schwert, das kreischend über den Boden
kratzte. „Wo ist er, ich seh‘ ihn nicht, nirgendwo!“ Er betrat das Podest und
überblickte von dort aus den Hof. Die wenigen Weißen verzogen sich in die
Dunkelheit.
„Er wird
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