Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
bevorstehende Nacht vorzubereiten. Kerzen, Taschenlampen, Holz für den Kamin, Decken und Kissen, die sie auf die Sitzfläche des alten Lehnstuhls in der Ecke legte. Es machte keinen Sinn, ins Bett zu gehen. Sie würde ohnehin keinen Schlaf finden.
Sie setzte sich auf einen Küchenstuhl und griff nach dem Telefon. Zeit genug, um Véronique noch kurz anzurufen und sich zu vergewissern, dass es ihr gutging. Als Annie die ersten Zahlen wählte, begann die Glühbirne oben in der Deckenleuchte unheilverheißend zu flackern. Das würde eine lange Nacht werden.
In der kleinen Wohnung über dem Postamt läutete das Telefon. Und es läutete und läutete in der Leere. Wie zur Antwortschlug ein geöffneter Laden geräuschvoll gegen ein Fenster, und die Türen klapperten, aber niemand griff zum Hörer.
Unten knallte eine Tür zu, und Véronique warf im Licht der Straßenlaterne einen zusammengekauerten Schatten, als sie über die Straße huschte und sich dabei gegen das Wetter wehrte, um die Kirche zu erreichen. Der Wind kämpfte mit wachsender Kraft, riss an ihrer Kleidung und peitschte ihr das Haar ums Gesicht, bevor er sie grob in den Schutz des von Mauern umgebenen Friedhofs stieß.
Dies war schon am sonnenreichsten aller Tage nicht gerade ihr Lieblingsort, und heute Abend zerrten die tanzenden Schatten und der heulende Wind besonders an Véroniques Nerven, als sie zwischen den Grabsteinen hindurchhastete und versuchte, nicht an die Toten zu denken, die unter ihren Füßen begraben waren. Ein letzter Windstoß in den Rücken trieb sie vor das Kirchenportal, wo es gerade noch hell genug war, um das Schloss an der großen Holztür erkennen zu können. Sie drehte den Schlüssel und schlüpfte dankbar in die dunkle Stille des alten Gebetshauses.
Still, bis auf das klopfende Geräusch, das sie in den sich verschlimmernden Sturm hinausgetrieben hatte. Und tatsächlich, dort drüben war auch schon der Verursacher des Lärms. Eines der Seitenfenster stand offen und schlug in dem Sturmgetose auf und zu, sodass das bunte Kirchenfensterglas zu splittern drohte.
Nur gut, dass sie sich entschlossen hatte, der Sache auf den Grund zu gehen, denn der Wind hatte in der kleinen Kirche bereits einige Schäden angerichtet. Das Altartuch war heruntergeweht worden und lag nun in einem wirren Haufen vorn am Mittelgang. Die festlichen Kerzenleuchter waren umgestürzt, die meisten Andachtskerzen erloschen;in der Luft hing der Geruch versiegter Hoffnungen. Die wenigen Kerzen, die noch brannten, flackerten in den an Stärke zunehmenden Böen.
Véronique durchquerte die Kirche rasch, streifte ihre Schuhe ab und kletterte auf den mit geistlicher Literatur beladenen Tisch, um das Fenster zu schließen. Sie konnte es gerade so erreichen, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte. Der Tisch unter ihr wackelte gefährlich auf dem unebenen Boden, und gerade als sich ihre Finger um den Riegel legten, riss ihr der Wind das Fenster aus der Hand, um es ihr dann vor der Nase zuzuschlagen.
Véronique verlor für einen Moment das Gleichgewicht und stolperte rückwärts, woraufhin der Tisch heftig zu schwanken begann und ihre seidenbestrumpften Füße auf einem Stapel Hochglanzbroschüren mit dem Titel Was geschieht mit mir, wenn ich sterbe? ausrutschten. In dem Bewusstsein, dies nun möglicherweise am eigenen Leib zu erfahren, kippte sie, mit den Armen rudernd, vom Tisch, fiel durch die kalte Luft und landete auf dem Steinboden zu Füßen der Statue von St. Germaine, der Schutzheiligen der kleinen Kirche. Es war eine harte Landung, bei der ihr Kopf heftig auf dem Boden aufschlug und ein Knochen in ihrem rechten Bein brach. Das Knacken hallte in dem nun wieder stillen Kircheninneren wider.
Sie blieb für eine Sekunde liegen. Schmerz und Übelkeit überkamen sie, und sie war sich vage bewusst, dass irgendetwas in ihrer Nähe schwankte. Ein Geräusch von etwas, das aus dem Gleichgewicht geraten war und zu kippen drohte. Und dann, mit einem Mal, erstrahlte alles in einem hellen Licht. Véronique vernahm eine Explosion von Tönen, dann sah sie, wie St. Germaine auf den Schwingen Tausender Engel vom Himmel herabstieg und auf sie zukam.
Also das geschieht mit mir, wenn ich sterbe, dachte sie, als sich das Gesicht der frommen Hirtin immer mehr näherte.
Und dann war plötzlich alles in Dunkelheit getaucht.
Der vereinzelte Blitz hatte das Stromkabel getroffen, das zwischen dem Postamt und der Kirche verlief. Die daraus resultierenden Flammen waren anfangs
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