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Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stagg
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und brachte dabei eine Reihe von Armreifen an ihrem Handgelenk zum Klimpern. »Qualifikationen! Die werden doch meist überschätzt! Glauben Sie denn, dass Escoffier, der Kaiser der Küchenchefs, die nötigen Qualifikationen hatte? Oder Taillevent, der Schöpfer unserer Nationalküche? Hat es etwa irgendjemand gewagt, sie nach einem kleinen Stück Papier zu fragen, wo sie doch solch großes Talent besaßen? Solche Leidenschaft!«
    Stephanie, die ganz offensichtlich in ihrem Element war, schritt vor der Inspektorin auf und ab, und ihre Hände fuhren dabei durch die Luft, als wollte sie die arme Frau mit einem Zauber belegen.
    »Wann haben wir Franzosen zugelassen, dass irgendein Blatt Papier wichtiger ist als Begabung? Als leidenschaftliche Begeisterung für eine Sache? Pah! Wir sind ja mittlerweile fast schlimmer als unsere angelsächsischen Nachbarn mit ihrer Vorliebe für Konformismus und Präzision.«
    Madame Dubois nickte zustimmend, während Stephanie mit ihren Tiraden fortfuhr.
    »Glauben Sie, dass die Menschen, die diese großartige Republik hervorgebracht haben, danach gefragt wurden, welche Qualifikationen sie haben, um eine Revolution anzuführen? Oder dass Pasteurs Entdeckungen davon abhingen, dass er die richtigen Diplome vorweisen konnte?«
    Stephanie blieb unvermittelt vor der Inspektorin stehen und warf beide Arme in die Luft.
    »Leidenschaft! Das ist wichtig. Und wir Franzosen wissen das, nicht wahr, Madame?«
    »Aber ja. Ja, Sie haben ja so recht!«
    »Und diese Leute hier«, fuhr Stephanie fort, wandte sich um und deutete auf Paul und Lorna, die von ihrer Darbietung wie hypnotisiert waren. »Diese Leute sind den weiten Weg von England gekommen, um hier in Frankreich zu leben, weil sie das überwältigende Verlangen verspüren, ein Hotel und ein Restaurant zu führen!«
    Sie legte einen Arm um Madame Dubois und führte sie behutsam zum Treppenhaus, und als sie weitersprach, tat sie es mit ihrer normalen Stimme.
    »Wollen wir nicht später entscheiden, was für Qualifikationen wir auf Ihr Blatt Papier da eintragen, und erst einmal mit der Prüfung fortfahren?«
    Sie geleitete die nun friedliche Inspektorin aus dem Raum und die Treppe hinauf, aber nicht ohne vorher noch einer wie betäubt dastehenden Lorna zugeblinzelt zu haben.
    Mit Stephanie am Ruder verlief die Prüfung der Auberge wie geschmiert. In weniger als einer Stunde war jedes Gästezimmer ausgemessen und beurteilt, und sie waren alle wieder unten im Speiseraum, saßen um einen Tisch herum, tranken Kaffee und genossen den moelleux au chocolat , den Lorna am Morgen gebacken hatte. »Der ist wirklich sehr gut!«, schwärmte Madame Dubois, aß den letzten Bissen von ihrem Schokokuchen und schloss die Augen, während sie den Geschmack auskostete, als gehörte auch dies mit zur Prüfung.
    »Und nun«, fuhr sie mit einem leicht ironischen Lächeln fort, »Zeit für den Papierkram!«
    Sie legte ihr Klemmbrett auf den Tisch, dessen Seiten nun mit angekreuzten Kästchen gefüllt waren, und Lorna fühlte ihr Herz vor Erwartung schneller schlagen.
    »Wie ich Ihnen bereits oben mitgeteilt habe, gibt es ein, zwei Dinge, um die Sie sich kümmern sollten. Die Teppiche im Flur und in Zimmer drei müssen erneuert werden, das Bett in Zimmer vier muss ausgetauscht und die Zimmer drei und sechs frisch gestrichen werden, um die Wasserflecken an der Decke zu entfernen. Außerdem ist eine Lampe pro Gast erforderlich, was bedeutet, dass Sie zusätzliche Lampen in den Zimmern eins, zwei und drei zur Verfügung stellen müssen, und die Zimmer zwei und vier benötigen Vorhänge. In Ordnung?«
    Paul und Lorna nickten. Sie hatten die Kosten bereits oben kurz überschlagen und glaubten, die tausend Euro, die dafür ausreichen sollten, zusammenzubekommen.
    »Wenn Sie all diese Dinge erledigt haben, melden Sie sich wieder bei mir, und ich komme nochmals vorbei. Ich sehe keinen Grund, warum Sie dann keine Zulassung erhalten sollten.
    »Großartig!«, rief Stephanie, während Lorna nur strahlte und Pauls Hand unter dem Tisch ganz fest drückte.
    »Bevor Sie in Begeisterungsstürme ausbrechen, lassen Sie mich ein bisschen über das Zulassungssystem erzählen«, sagte Madame Dubois warnend. »Ein Hotel muss mindestens sieben Zimmer haben, um eine Sternbewertung zu erhalten. Da Sie gegenwärtig nur sechs Zimmer haben, was das Minimum für eine Hotelklassifizierung ist, kann ich Ihnen keine Sterne zuerkennen.« Sie schaute Paul und Lorna an, um sicherzugehen, dass sie ihr folgen

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