Monsterkopf
Lebensgröße, aber trotzdem gut zu erkennen.« Ich hob die Schultern. »Da können Sie sagen, was Sie wollen, Mrs. Ramsey. Ich bleibe dabei. Tut mir Leid für Sie.«
Die Frau merkte, dass sie den Graben nicht mehr überspringen konnte, der sich vor uns aufgetan hatte. Mit ihrer Beherrschung war es vorbei, und sie schrie mich an.
»Hauen Sie ab, verflucht! Hauen Sie endlich ab! Ich will Sie hier nicht mehr in meinem Haus sehen! Machen Sie, dass Sie wegkommen. Sie haben hier nichts verloren!«
Das mochte aus ihrer Sicht stimmen, nur nicht aus meiner. Ich hatte hier sehr wohl etwas verloren. Wenn ich das Rätsel des Gemäldes löste, kannte ich vielleicht den Grund für Matt Ramsey’s Selbstmord. Da war ich mir sogar sicher.
»Verschwinden Sie endlich!«, fauchte sie.
»Ich gehe dann, wenn ich es für nötig halte, Mrs. Ramsey, und das wird nach einem bestimmten Test der Fall sein.« Ich wollte mich nicht länger aufhalten lassen und holte das Kreuz zum zweiten Mal hervor.
***
Nachdem Kate Boone und Suko die obere Etage erreichten, schalteten sie das Licht an. Suko sah die erste Tür auf der rechten Seite, aber die interessierte ihn noch nicht, denn er sah, dass dieser Flur zusätzlich als Abstellkammer benutzt wurde. Überall vor ihnen verteilte sich das Gerümpel.
An der Decke hingen Spinnweben, und auch an den Wänden klebten sie und bildeten dort ein graues Muster.
»Wer kann sich hier wohl fühlen?«, fragte Kate Boone und öffnete die Tür rechts von ihr.
Auch hier machte sie Licht. Sie blieb auf der Schwelle stehen und schüttelte den Kopf.
»Was ist denn los?«, fragte Suko.
»Schauen Sie sich das mal an.«
Suko schob sich in den Raum und murmelte nur: »Nun ja, jeder Mensch hat wohl einen anderen Geschmack.«
Der hier war schlimm. Es gab kein Bett. Matt Ramsey hatte auf dem Boden geschlafen, auf dem eine Matratze lag. Einen Schrank gab es hier auch nicht; die Klamotten hingen an Wandhaken. In einer Ecke lag schmutzige Wäsche, die sich bereits zu einem Hügel türmte. Kein Bild hing an den Wänden, aber auf einer Wand war doch etwas zu sehen. Mit blutroter Farbe hatte jemand einen Satz darauf geschrieben, der wie ein Hilfeschrei wirkte:
ICH WILL NICHT!
»Schauen Sie sich die Botschaft an, Suko. Was lesen Sie daraus?«
»Dass er Angst hatte. Dass man ihn zu etwas zwingen wollte. Es war seine letzte Botschaft, aber niemand hörte darauf. Deshalb blieb ihm nur ein Ausweg.«
»Der Selbstmord.«
»Sie sagen es.«
Kate legte eine kurze Pause ein. »Und danach erscheinen plötzlich die nackten Gestalten, ermorden einen Zeugen und verschwinden wieder.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich bekomme da keine Logik hinein, Suko, wirklich nicht. Was bedeutet das?«
»Matt Ramsey muss unter einer wahnsinnigen Angst gelitten haben. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen. Da er keinen Ausweg mehr sah, hat er sich umgebracht.«
»Und seine tolle Schwester hat ihn hier wie ein Tier in dieser... dieser Höhle leben lassen.«
»Er war oft unterwegs. Da war ihm dieses Zuhause vielleicht egal.«
»Trotzdem, Suko. Außerdem hat sie nicht auf seinen Hilferuf reagiert. Das empfinde ich als schlimm.«
»Wer weiß, ob sie alles richtig eingeschätzt hat.«
»Ich traue ihr nicht.«
Beide hatten das recht kleine Zimmer betreten. Eine Wand fiel schräg ab, ein kleines Fenster war darin eingelassen, aber es gab weder eine Heizung noch einen Ofen.
Kate Boone ging zum Fenster und schaute hinaus. Die Scheibe war ihr zu schmutzig. Deshalb zog sie das Fenster auf und lehnte sich hinaus. Suko suchte derweil nach irgendwelchen Spuren, die es allerdings nicht gab.
Vor der Wand mit der Schrift blieb er stehen. Der Schreiber musste unter Druck gestanden haben. Unterschiedlich groß waren die Buchstaben gemalt worden. Die rote Farbe war an einigen Stellen zerlaufen, und Suko fragte sich, ob es die letzte Nachricht war, bevor er seinen Selbstmord begangen hatte.
Wahrscheinlich. Er war in etwas hineingeraten, aus dem er keinen Ausweg mehr wusste. Suko ging davon aus, dass es mit dem verdammten Bild zusammenhing. Es war der Motor. Es war das Treibgas für bestimmte Entscheidungen.
»Suko...?« Die leise Stimme der Kollegin erreichte ihn.
»Was ist denn?«
»Können Sie mal kommen?«
Er ging zu ihr. Kate machte ihm noch nicht Platz, sondern sagte: »Ich habe das Gefühl, dass sich dort draußen etwas tut, wobei ich mir nicht sicher bin.«
»Haben Sie etwas gesehen?«
»Ja. Es ist zwar dunkel und neblig, aber ich
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