Montana Creeds - Das Herz aller Dinge (German Edition)
ins Zimmer sah, kurz lächelte und dann die Tür wieder zuzog.
Als er am Morgen den Hund rausließ und sich in der Küche Kaffee aufbrühte, erinnerte er sich so deutlich an den Traum wie ein Medizinmann an eine eindringliche Vision.
“Warum konntest du uns nicht lieben, alter Mann?”, fragte er an den Sonnenaufgang gerichtet. Er stand auf der hinteren Veranda und beobachtete, wie sich lang gestreckte Finger aus pfirsichfarbenem Licht über die Hügel im Osten schoben.
Die Antwort darauf kannte er zwar nicht, aber er hatte da eine Theorie.
Jake Creed hatte weder seine Ehefrauen noch seine Kinder lieben können, weil er sich selbst nicht geliebt hatte.
Der Handwerker für den Zaun traf mit seiner Crew um sieben Uhr ein, nachdem Logan soeben zu Ende gefrühstückt hatte, und begann sofort mit der Arbeit. Der Umzugswagen fuhr zu Sidekicks großer Freude um halb zehn vor, kurz darauf begann die beiden Möbelpacker damit, Logans Schränke, das Bett, Kleidung und Küchenzubehör, seinen Computer, die Kameraausrüstung und die Bücher auszupacken.
Logan hielt sich im Schlafzimmer auf und schraubte den Metallrahmen zusammen, der dem Bettkasten und der Matratze Halt geben sollte, als er aus dem Wohnzimmer Stimmen hörte.
Sidekick, der sich als Wachhund etwas schwertat, stand erst jetzt auf und bellte einmal vorsichtig.
“Logan?”
Die Stimme kannte er. Das war Josh, Brianas älterer Sohn.
“Hier hinten!”, rief er. “Am Ende des Flurs, rechte Seite.”
Schritte näherten sich, und dann standen Josh und Alec in der Tür. Begleitet wurden die beiden von Wanda.
“Alles in Ordnung?”, fragte Logan. Um diese Zeit musste ihre Mutter sicher noch arbeiten. Waren diese Kinder etwa den ganzen Tag draußen unterwegs, beschützt lediglich von einem übergewichtigen alten Hund?
Das warst du früher auch
, ermahnte ihn eine Stimme in seinem Hinterkopf.
Der Gedanke ließ ihn lächeln.
“Klar”, sagte Alec. “Wir wollten Sie nur mal besuchen kommen. Das ist doch okay, oder?”
“Ja”, erwiderte Logan. “Es ist okay, solange eure Mutter nichts dagegen hat.”
Die Jungs warfen sich schuldbewusste Blicke zu.
Logan beschloss so zu tun, als hätte er das nicht bemerkt. “Seid ihr durch den Obstgarten gekommen?”, wollte er beiläufig wissen und konzentrierte sich auf die letzte Schraube im Rahmen. Heute Nacht würde er in seinem eigenen, bequemen Bett schlafen. Es ging also aufwärts.
“Nö”, antwortete Alec. “Mom hat gesagt, da können Bären sein. Oder Cimarron kann ausbrechen und uns verfolgen. Darum sind wir auf dem Hauptweg hergekommen.”
“Vielleicht solltet ihr eure Mom auf der Arbeit anrufen, damit sie weiß, wo ihr seid.”
“Wir sollen Mom nur anrufen, wenn einer von uns blutet oder wenn wir Rauch riechen”, erklärte Josh.
“Das ist vernünftig”, stimmte Logan zu und stand auf. “Kommt, wir sehen uns mal an, wie weit der neue Zaun ist, und danach werden wir was essen.”
Die Jungs schienen begeistert zu sein.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer, in dem sich die Kartons aus dem Umzugswagen stapelten, fiel Logans Blick auf sein Handy auf dem Kaminsims. Er nahm es an sich und schaltete es ein.
Fünf Nachrichten warteten auf ihn. Drei von Dylan, zwei von Tyler.
Lächelnd steckte er das Telefon in die Hosentasche. Sollten die zwei ruhig noch eine Weile schmoren.
“Mom sagt, wir kriegen ein Handy, wenn sie eine Lohnerhöhung bekommt oder im Lotto gewinnt”, erklärte Alec.
“Hmm”, machte Logan. Finanziell war offenbar nicht viel Luft, wenn sich Briana nicht mal ein Handy leisten konnte. Dabei gehörte so was inzwischen selbst bei jenen Kindern zur Grundausstattung, die erst den Kindergarten besuchten.
“Sie kann gar nicht im Lotto gewinnen, Blödmann”, hielt Josh dagegen und stieß seinem Bruder gegen die Schulter. “Sie kauft doch
gar keine Lose
!”
“Du hast mich beschimpft”, protestierte Alec. “Das sage ich Mom.”
Logan pfiff durch die Zähne, was die beiden sofort verstummen ließ.
Erstaunt und bewundernd zugleich sahen die Jungs ihn an.
“Ganz ruhig, Brüder”, sagte er dann und deutete auf die offene Haustür. “Lasst uns nach draußen gehen.”
Irritiert schaute Briana einen Moment auf den Telefonhörer, dann legte sie auf.
Millie, die eben in die Pause gegangen war, saß auf einer Couch und blätterte in einer alten Ausgabe der
People
. Von den beiden Frauen abgesehen war der Pausenraum für das Personal leer.
“Stimmt was nicht?”, fragte sie.
Briana
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