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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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dich aus dem Gebäude gejagt? Oder hast du dich einfach nur so aus Spaß in der Gosse gewälzt?«
    »Auf jeden Fall aus Spaß«, erwiderte ich und lehnte mich an die Tür, um wieder zu Atem zu kommen.
    »Heilige Muttergottes!«, stieß sie hervor, als ich meinen Mantel auszog und sie den Schlamm entdeckte, der inzwischen auf meinem Hinterteil trocknete. »Bist du dir sicher, dass du nicht doch lieber in der Fabrik arbeiten möchtest?«
    Ich knöpfte meinen Rock auf und schleuderte ihn auf den Fußboden zwischen unseren Betten. »Nach dem heutigen Tag werde ich ernsthaft darüber nachdenken.«
    Sie lächelte mitfühlend. »Tja, ich weiß, was dich aufheitern wird. Diese Autorin hier«, sie hielt inne und warf einen Blick auf das Cover ihres Liebesromans, »Verity Lovelace, ist sehr gewandt, was gewagte Umschreibungen angeht.«
    Meine Bluse gesellte sich zu dem Rock auf den Boden, und ich zog einen Morgenmantel aus meinem Schrankkoffer.
    »Besser als ›von Tau benetzte Liebeskluft‹?«, fragte ich, während ich den Verschluss meines Büstenhalters öffnete.
    »Oh, das kannst du dir nicht vorstellen. Hier.« Sie blätterte zu einer Seite, die ein Eselsohr hatte. »›Ihr Anus war der Inbegriff makelloser Schönheit, die jungfräulichen Fältchen rötlich wie Apfelbäckchen, mit einer köstlichen knospenden Kirsche in der Mitte.‹«
    Ich machte das letzte Häkchen auf und atmete tief und befreit durch. »Oje«, entgegnete ich grinsend. »Erzähl mir nicht, dass er die Kirsche … pflücken will?«
    Aileen lachte und drehte sich auf den Bauch. »Es ist schockierend. Und ziemlich unschön, wenn man Madame Lovelace vertrauen kann.«
    »Aileen, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, dass du nicht abgeneigt bist.«
    Vergnügt hob sie die Hand. »Oh, wer weiß? Mit dem richtigen Mann könnte ich mir alles vorstellen.«
    »Wenn Mrs. Brodsky ihn nicht vorher in die Finger bekommt.«
    Aileen seufzte.
    »Sie führt sich auf wie deine Ersatzmutter«, neckte ich sie.
    »Meine Mutter – Gott hab sie selig – war allerdings kein verdammter Bewährungshelfer.«
    Unsere Vermieterin war völlig vernarrt in Aileen und überaus interessiert an ihren Angelegenheiten. Mich hielt sie selbstverständlich für schlechten Einfluss. Es gab Zeiten, in denen ich versucht war, ihr Aileens Sammlung von erotischen Groschenromanen zu zeigen. Ich knotete den Gürtel meines Morgenmantels zu und ergriff ein Frotteehandtuch. »Ist noch heißes Wasser übrig?«
    »Nur, wenn du es dir selbst aufwärmst. Mr. Brodsky ist schließlich da.«
    Ich verzog das Gesicht. »Natürlich. Na ja, sag mir Bescheid, wenn du noch auf weitere Kleinode der erotischen Literatur stößt.«
    Mit großen Augen nickte Aileen mir verschwörerisch zu, und ich ging durch den schwach beleuchteten Flur ins Badezimmer. Zuerst lief noch lauwarmes Wasser in die Porzellanwanne mit den verschnörkelten Füßen, doch schon im nächsten Moment war es eiskalt. Mein Tagesablauf bedeutete zwar, dass ich des Öfteren in kaltem Wasser baden musste, dennoch warf ich einen finsteren Blick zur Decke, die mich von Mr. Brodsky trennte. Ich war mir sicher, dass
er
sich nicht damit herumplagen musste, seine Haare mit Wasser zu waschen, das nur unwesentlich wärmer war als eine zugefrorene Pfütze. Sicher, er musste dafür den ohne Zweifel beängstigenden Hunger von
Mrs
. Brodsky stillen. Ich ging jede Wette ein, dass sie ihn eigenhändig schrubbte. Mit Stahlwolle. Nach exakt zweieinhalb Minuten sprang ich aus der Badewanne und rieb meine prickelnde Haut hastig mit dem Frotteehandtuch ab. Nass berührte mein Haar meine Schultern, doch wenn es trocknete, bildete es krause Locken um meinen Kopf. Nur selten fand ich die Zeit, es zu bändigen. Mamas Haare sind rotblond und hängen ganz gerade bis hinab zu ihren Oberschenkeln, während ich das widerspenstige Haar von meinem Daddy geerbt habe. Wie sollte es auch anders sein?
    Als ich zurück ins Zimmer kam, hatte Aileen die Lampe heruntergedreht, lag verkehrt herum auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Die Strumpfhose hatte sie abgenommen und auf den Fußboden geworfen. Ich zog ein Baumwollnachthemd an, das meine Mutter mir zu meinem zwölften Geburtstag geschenkt hatte, und sank auf mein Bett. Es mochte eine alte, abgenutzte Matratze sein, doch nach einem Tag wie diesem fühlte sie sich wie ein kleines Stück Himmel an.
    »Ist irgendetwas Aufregendes passiert?«, fragte ich.
    »Sie tun es gerade im Speisewagen des
Orient

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