Morag und der magische Kristall
Lewis?«
»Ja, Ma’am. Sie wird keine Schwierigkeiten mehr machen«, erwiderte Madam Lewis mit einem boshaften Grinsen. Morag sah den Blick und fühlte sich beklommen.
»Gut. Und die da? Taugt sie was?«
»Ja, Ma’am. Sie war als Magd in Diensten der Königsfamilie«, log Madam Lewis.
»Wirklich?« Das schien Mephista zu gefallen. Sie war sichtlich beeindruckt. »Großartig.« Dann wandte sie sich an Morag. »Wie heißt du?«
»Morag … ähm … Ma’am«, antwortete Morag, deren Stimme vor Nervosität ein wenig zitterte – Mephista war ziemlich beeindruckend.
»Komm her«, verlangte Mephista. Morag ging durch den Raum und trat direkt vor diese Person mit dem schmalen schönen Gesicht hin. Sie war zu eingeschüchtert, um der Frau in die Augen zu sehen, daher konzentrierte sie sich auf das glänzende Haar ihrer Peinigerin.
»Nun, Morag«, begann Mephista. »Ich möchte dir raten, Lewis’ Empfehlung gerecht zu werden. Oder aber du wirst den gleichen Weg gehen wie dieses andere Mädchen. Wie war noch gleich ihr Name, Lewis?«
»Maclaine, Ma’am.«
»Ja. Du wirst den Weg gehen, den Maclaine vor dir gegangen ist, hast du verstanden?«, zischte sie.
»Was ist aus Maclaine geworden, Ma’am?«, fragte Morag leise.
»Wie kannst du es wagen, Ihre Ladyschaft derart auszufragen, Mädchen!«, schimpfte Madam Lewis. »Ihre Ladyschaft hat dich nicht aufgefordert, Fragen zu stellen.«
»Nein, nein«, höhnte Mephista. »Ich denke, es wird beiden Mädchen guttun zu wissen, was unnützen Menschen zustößt. Eines Tages ist sie, statt sich zum Dienst zu melden, schwimmen gegangen. Etliche Stunden später hat man ihren Leichnam unter der Pier gefunden.« Auf ihrem Gesicht spiegelte sich Bedauern wider, aber Morag konnte erkennen, dass es Mephista damit nicht ernst war.
»Zumindest hat man Teile davon gefunden«, fügte sie hinzu.
Mephista beugte sich vor und flüsterte Morag ins Ohr: »Du willst doch nicht, dass ich dich auch für unnütz halte , oder?«
»Nein, Ma’am«, murmelte Morag und begann, vor Furcht zu zittern.
»Es freut mich, dass wir einander verstehen«, sagte sie.
Dann veränderte sich ihre Stimmung, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. »Lewis«, bat sie lächelnd, »bereite mein Bad. Ich habe einen wichtigen Tag vor mir.«
»Sehr wohl, Ma’am.«
Etwa zur gleichen Zeit weckte draußen auf See Kyle der Fischer Bertie und Aldiss.
»Kommt und seht euch das an – es ist unglaublich!« Er streckte aufgeregt die Hand aus, während der Dodo und die Ratte sich den Schlaf aus den Augen rieben.
Vor ihnen am Horizont erhoben sich die dunklen, hoch aufragenden Klippen einer Insel im Meer, die bisher kein sterblicher Mensch erblickt hatte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber es wurde bereits hell. Ein weißer Nebel hüllte die hohen Hügel der Insel ein, doch der Sturm hatte sich gelegt und das Meer um die Insel herum war jetzt relativ ruhig. Die drei starrten zu der Insel hinüber, von der durch die Lücken der tief hängenden Wolken und den sich lichtenden Morgennebel immer mehr zu erkennen war.
»Murst«, flüsterte Kyle. »Es ist unglaublich. Mein Vater hat zwar davon gesprochen, aber ich hatte immer Zweifel, ob es diesen Ort wirklich gab. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihn einmal selbst sehen würde.«
»Jemand sollte Shona wecken«, meinte Aldiss.
»Sie wird sich dies hier nicht entgehen lassen wollen«, pflichtete Bertie ihm bei. »Es wird das erste Mal seit Jahrzehnten sein, dass sie ihr Zuhause wiedersieht.«
Aber sie brauchten sie nicht zu wecken. Shona saß bereits auf Deck und blickte sehnsüchtig zu der Insel ihrer Geburt hinüber. Tränen brannten ihr in den gelben Augen, als sie daran dachte, wie Devlish sie mit einer List dazu gebracht hatte, die Insel zu verlassen, nur um sie zu fangen und in Stein zu verwandeln.
Sie war der letzte Pygmäendrache Mursts gewesen. Der letzte, der überlebt hatte. Und Devlish hatte ihr dreißig Jahre ihres Lebens genommen. Zorn brannte in ihrem Herzen, als sie sich an das Hohngrinsen auf seinem Gesicht erinnerte, während er den Zauber wob, der sie so lange zur Gefangenen gemacht hatte. Shona schloss die Augen und dachte an all die abscheulichen Dinge, die sie Devlish gern antun würde, wenn sie ihn erwischte. Sie würde ihn für das, was er getan hatte, bestrafen. Alle möglichen schrecklichen Gedanken jagten ihr durch den Kopf und einer war furchtbarer als der andere.
Dann begriff sie, dass sie ihrem Zorn erlaubte, Oberhand zu
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