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Mord am Oxford-Kanal

Mord am Oxford-Kanal

Titel: Mord am Oxford-Kanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Vermittler auf, so daß es beim Abschluß
keinerlei Schwierigkeiten gibt, allerdings scheint sein Arbeitgeber, die
Nottinghamshire and Midlands Friendly Society, irgendwann kurz darauf doch
mißtrauisch geworden zu sein, so daß sie Daniel Carrick mitteilte, in Zukunft
lieber auf seine Dienste verzichten zu wollen...»
    «Sir!»
    Morse gebot Lewis mit erhobener
rechter Hand, zu schweigen. «Joanna Franks ist gar nicht ermordet worden,
Lewis. Im Gegenteil. Sie war der Spiritus rector hinter einem Betrugsmanöver,
das ihr und ihrem Mann eine beträchtliche, allerdings auch dringend benötigte
Summe Geld einbringen sollte. Das tatsächliche Mordopfer war irgendeine Frau
von ungefähr demselben Alter und derselben Größe, die vermutlich Joannas Mann,
der Hausknecht aus der Edgware Road, ausfindig gemacht und ermordet hat. Er ist
dann mit einem Wagen und Pferden von London hochgekommen und hat sich irgendwo
in der Nähe von Oxford mit Joanna getroffen, genauer gesagt, irgendwo nördlich
von Oxford. Erinnern Sie sich noch an den entsprechenden Satz aus dem Bericht
des Obersten?» (Morse zog die Stirn in Falten, um sich zu konzentrieren.) «Ja,
jetzt hab ich’s wieder. Franks erklärte vor Gericht, Joannas Tod erfahren habe, unverzüglich nach Oxfordshire aufgebrochen sei.>
So ein unverschämter Lügner!»
    Lewis begann die Sache jetzt
doch zu interessieren. «Sie wollen also sagen, daß Joanna Versicherungsbetrug
begangen hatte und dabei für sie und ihren Mann und vielleicht noch für ihren
Vater eine beträchtliche Geldsumme herausgesprungen ist?»
    «Ja, genau. Übrigens haben wir
in diesem Fall nicht nur eine falsche Joanna Franks, auch Charles Franks war
nicht echt. Unser lieber Charles, der im Prozeß so publikumswirksam in Tränen
ausgebrochen ist, war meiner Meinung nach niemand anderer als Donavan selbst!»
    «Wow!!»
    «Tja, er war eben ein mit vielen Talenten), wie ihn ein Zeitgenosse einmal beschrieben hat: ein
Schauspieler, ein Zauberkünstler, ein Personenimitator, ein Schwindler, ein
durchtriebener Planer, ein skrupelloser Mörder, ein liebender Ehemann, ein
tränenreicher Zeuge und der erste und einzige Ehemann von Joanna Franks. F. T.
Donavan! Übrigens hatten wir alle, Sie und sogar ich, angenommen, daß in diesem
viktorianischen Drama drei Personen die Hauptrolle gespielt hätten, nämlich
Joanna, Musson und Oldfield, aber nun stellt sich heraus, daß die Hauptpersonen
in Wirklichkeit Joanna und F. T. Donavan geheißen haben und daß die dritte
Hauptperson — ich meine das Opfer — namenlos ist.»
     
     
    Lewis hielt jetzt die Zeit für
gekommen, mit seinem Fund aus dem Präsidium in St. Aldates herauszurücken.
Schweigend schob er Morse die Fotokopie über den Tisch. Dieser überflog sie
stirnrunzelnd.
     
    25
Min, nach sieben Uhr Wasserleiche in Duke’s Cut zum Plough Inn in Wolvercote
geschafft
    Identität?
    Zustand
der Leiche deutet auf Tod durch Ertrinken
    keine
äußeren Zeichen von Gewaltanwendung
    5
Fuß 3¾ Inches groß 6 — ungefähr 35 Jahre alt
    Quetschungen
im Gesicht
    Person
vollständig bekleidet, keine Haube und Schuhe
    Gesicht
schwarz verfärbt
     
    «Es ist nicht der
Autopsiebericht, Sir», sagte Lewis eifrig, «aber vielleicht genauso gut. Dieser
Bursche muß sie noch vor der Obduktion gesehen haben. Interessant, nicht?»
    Morse nickte. «Ja, sehr.»
    Der knappe Bericht war auf
einem weißen, unlinierten Blatt Papier geschrieben. Die Unterschrift schien
«Dr. Willis» zu lauten, aber sicher war sich Morse da nicht, dazu war sie zu
unleserlich. Typische Medizinerhandschrift, dachte Morse. Was er da vor sich
hatte, waren offenbar die Notizen eines pflichtbewußten Arztes, den man geholt
hatte, um den Eintritt des Todes zu bestätigen und die notwendigen nächsten
Schritte einzuleiten, was in diesem Fall mit ziemlicher Sicherheit bedeutet
hatte, die Polizeibehörden einzuschalten. Das meiste, was Willis notiert hatte,
war Morse schon aus dem Bericht des Obersten bekannt, doch eine Angabe kam für
ihn beinahe einer Sensation gleich: die Größe der Toten.
    «Wenn wir wüßten, wie groß
Joanna gewesen ist, dann könnten wir endlich mit Sicherheit sagen, ob es sich
bei der Toten wirklich um sie oder jemanden anderen gehandelt hat.» Aber hatte
nicht der Oberst in seinem Bericht Joanna beschrieben als «sehr zierliche und attraktive
Erscheinung»? Das hieß doch, daß sie von ihren Zeitgenossen — denn Deniston
hatte seine Beschreibung ja aus

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