Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
habe viele Konzerte!«
»Ich hab alles versucht, um dir deinen Paß zu bringen, Burkharda! Aber der Fred war schneller als ich!«
»Ja. Ich hab ihn über Handy angerufen.«
»Warum hast du das gemacht? Liebst du ihn noch?«
»Hartwin! Quatsch! Ich liebe DICH!!«
Pause. Rauschen. Sekundenlang. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor.
Dann hörte ich endlich seine geliebte Stimme, die Tausende von Kilometern weg war: »Burrgl! Es ist alles so leer ohne dich!«
»Ja! Ich vermisse dich auch!«
Und WIE ich ihn vermißte!
Sein Gesicht, seine Küsse, seinen Geruch, sein weiches Haar unter meinen Händen, seine Hände auf mir, seine Lippen, seine Stimme, sein Lachen, seine Gradlinigkeit und Ehrlichkeit ... einfach ALLES!!
Ob er jetzt mit einer anderen »Tussi« schäkerte?
Neue Gäste waren an Bord.
Neue Künstlerinnen.
»Du, ich ruf dich morgen wieder an!«
»Ja. Tu das.«
»Servus.«
»Servus.«
»Servus! Wie geht’s?«
»Hartwin! Wie schön, daß du anrufst! Wo bist du?«
»Ich bin in Brunei. Sultanat Brunei. Muara. Und wo bist du?«
»Ich sitze in Hildesheim auf dem Marktplatz und habe heute abend hier Schumann. In der Stadthalle!«
»Und ich komme gerade zurück vom Einkaufen! Habe fünftausend Rollen Klopapier eingekauft. Direkt vom Sultan.« Er lachte. »Wann kommst du wieder mal aufs Schiff?!«
»Ich weiß nicht, Hartwin. In den nächsten Wochen ist mein Terminkalender voll!«
»Ich hab dir was geschrieben!«
»Du hast mir was geschrieben?! Wohin?!«
»Bis jetzt hab ich es noch nicht abgeschickt. Ich will nicht, daß dein ... Orgelspieler es findet.«
»Das ist gut so! Hartwin, fax es mir nach Hildesheim!! Hier ins Hotel!!«
»Soll ich das wirklich machen?«
»Ja! Bitte! Ich renne jetzt zurück zur Rezeption!«
»Stehst du auch wirklich da? Das darf keiner lesen, hörst du, Burrgl! Das ist zu privat!
Ich zerrte meinen Hotelausweis aus dem Rucksack und schrie die Faxnummer in mein Handy.
Die Leute auf dem belebten Marktplatz schüttelten die Köpfe.
»So! Du gehst jetzt ins Hotel – hörst du, Burrgl! Und i fax das jetzt durch!«
»Ja, Liebster! Mach das! Ich stehe an der Rezeption.«
»I ruf dich danach sofort an, ob es angekommen ist.«
»Ja! Ich freue mich!«
»Servus!«
An der Rezeption saß ein blondes Mädel und hackte Zahlen in den Computer.
»Ich erwarte ein Fax.«
Sie schaute auf. »Keines da.«
»Dann warte ich hier.«
Ich ließ mich in einen Sessel in der Halle fallen.
Die Minuten verstrichen. Eigentlich fing jetzt gerade die Generalprobe an. Fünfzehn Uhr dreißig.
Nach einer Viertelstunde konnte ich es nicht mehr aushalten.
»Kein Fax?«
Das Mädel stand auf, verschwand in einem Hinterzimmer und brachte ein Blatt. Darauf war das Emblem der »MS Blaublut«!!!
»Ja! Das ist es! Geben Sie her!«
»Es steht nichts drauf. Nur der Briefkopf. Sonst nichts.«
»Verdammt!« – Hartwin!! Warum mußte unsere Liebe auf so steinigem Boden wachsen!! Nichts klappte!! Übers Handy erreichte er mich mühsam alle drei bis vier Tage, weil er auf See war und keinen Empfang hatte, und WENN er mir dann endlich einmal ein Fax schickte, kam es ohne Text!
»Faxen Sie zurück, daß es unvollständig durchgekommen ist!«
Wir warteten. Die Minuten wurden zu Stunden. Ich mußte zur Generalprobe!
Nichts. Keine Reaktion. Ich errechnete den Zeitunterschied. Drüben bei ihm war es jetzt 20 Uhr 30. Da saß er längst am Kapitänstisch! Verdammt! Er war jetzt überhaupt nicht abkömmlich! Da konnte ich lange hier sitzen!
Ich ließ der Maid an der Rezeption meine Handynummer da. »Wenn das Fax kommt, rufen Sie sofort an! Bitte!«
Meine Güte, dachte ich, während ich zur Generalprobe in die Stadthalle hinübereilte. Was Liebe doch auch weh tun kann. Es ist zermürbend, auf einen Anruf zu warten. Es ist zermürbend, auf ein Fax zu warten. Es ist zermürbend, Tag und Nacht an jemanden zu denken, den man bis zur Schmerzgrenze liebt. Es ist zermürbend, in Hildesheim Konzerte zu geben, wenn der andere gerade im Sultanat Brunei fünftausend Rollen Klopapier kauft.
Um Mitternacht kam das Fax. Ich fuhr hinauf in mein Hotelzimmer, nahm mir die Flasche Champagner aus der Mini-Bar, öffnete sie und zwang mich, den Brief erst zu lesen, nachdem ich zwei Gläser stilvoll gefüllt hatte.
»Cheers, Hartwin«, sagte ich laut. »Du bist bei mir.«
Mit zitternden Fingern öffnete ich den Umschlag.
»Burgl, ich wage es nicht, dir das zu schicken, was ich vorbereitet habe«, stand da. »H.«
»VERDAMMT!«
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