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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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einsam in der sengenden Sonne.
    Im Pool plätscherten nur zwei Teichhühner mit Plastiknoppen auf dem Kopf. Es waren die zwei Weltreisenden, die sich nicht ausstehen konnten. Obwohl alle Liegestühle nun frei waren und sie das ganze Becken für sich hatten, fingen sie wieder an zu streiten.
    »Und ich BESTEHE darauf, daß in der Mittagspause niemand über unseren Köpfen herumtrampelt«, keifte die eine. Es war die Frau vom Wollsocken-Gangster, der im Schatten vor sich hin schnarchte.
    »Wo ich mich in der Mittagspause aufhalte, ist ganz allein MEINE Sache«, zeterte die andere. »Und was heißt hier überhaupt Mittags-PAUSE?! Von was wollen SIE denn PAUSE machen, wenn ich fragen darf?«
    Verbissen schwammen sie ein paarmal hin und her. Dabei spritzte das eine Teichhuhn ganz absichtlich immer dann mit dem Fuß, wenn das andere Teichhuhn in seine Nähe kam.
    »Schwimmen Sie doch vernünftige Bahnen!« schnauzte die andere.
    »Wie soll man in so einer lächerlichen Grotte VERNÜNFTIGE Bahnen schwimmen!« schimpfte die Spritzende. Und: spritz. Und: spritz.
    Das hintere Teichhuhn kniepte mit den Augen. »Ich lasse mir diese ABSICHTLICHEN Schikanen nicht mehr länger gefallen! Ich hole den Kreuzfahrtdirektor!«
    O nein, dachte ich. Bitte nicht. Der ist mit MIR verabredet!!
    Ich blieb stehen.
    »Meine Damen!« sagte ich. »Wie können Sie so egoistisch sein! Der Kreuzfahrtdirektor hat auch ein Privatleben, ob Sie es glauben oder nicht!«
    »Was FÄLLT Ihnen ein?« fielen die beiden Teichhühner nun über mich her. »Sind Sie die PERSÖNLICHE SPRECHERIN des Kreuzfahrtdirektors?!«
    »Nein, natürlich nicht«, lenkte ich hastig ein. Noch nicht. Leider. »Aber ich bitte Sie zu bedenken, daß der Kreuzfahrtdirektor nicht für jede lächerliche Zänkerei zuständig ist!«
    »LÄCHERLICHE ZÄNKEREI!!« Die beiden ertranken fast in ihrem Pfuhl. »Das wird eine BESCHWERDE nach sich ziehen! Ich beschwere mich bei der REEDEREI persönlich!! Ich KENNE den REEDER!! Mein verstorbener Mann war mit ihm befreundet!! Das wird Sie noch Ihr Engagement hier kosten, junge Frau!!«
    »Bitte beruhigen Sie sich«, rief ich verzweifelt, und ausgerechnet da näherte sich eine Mütze mit vier Troddeln und ein Hemd mit vier Streifen. Es war Fred, der mich wahrscheinlich suchte.
    Ich wollte mich in den Pool fallen lassen und darin ersaufen.
    »Das hier sind ganz UNERTRÄGLICHE Zustände!« rief die Frau mit der türkisen Badehaube. »Zuerst nimmt mir diese UN-Person meinen Schattenstuhl weg, und jetzt BELEHRT sie mich auch noch und BELEIDIGT mich!! Sie können diese arrogante halbseidene Person gleich hier bei den WILDEN aussetzen, wo sie hingehört!«
    Ich hoffte, Fred würde sie jetzt genauso zynisch nachäffen, wie er das mit mir immer tat.
    UNERTRÄGLICH, UN-Person, BELEHRT, BELEIDIGT, bei den WILDEN aussetzen ...! O ja, Fred, gib’s ihnen!
    Aber Fred tippte an seine Mütze und sprach untertänigst: »Meine liebe gnädige Frau! Ich bitte Sie im Namen der ganzen Besatzung um Entschuldigung, wenn es hier zu Mißverständnissen gekommen ist! Selbstverständlich hat Frau Meier nicht das Recht, Sie zu belehren. Darf ich Sie als Entschädigung für heute abend zur Cocktailstunde zum Kapitänsempfang einladen?«
    »Das ist ja wohl das MINDESTE, was ich erwarten kann!« blubberte die türkise Badehaube.
    »Und Ihre PRIVATEN Verhältnisse sollten Sie nicht auf Kosten der ZAHLENDEN PASSAGIERE ausleben!« ereiferte sich die Orange. »Das haben wir hier schon OFT GENUG erlebt!!«
    Was? Das hatte sie schon oft genug erlebt? Daß Fred seine Fistanöllchen öffentlich auslebte? Womöglich sprang er nächtens volltrunken nackt mit seinen gehörnten Ballettratten im Pool herum? Oder er knutschte mit ihnen auf den begehrten Schattenliegestühlen? Ich drehte mich um und marschierte weg. Zum Heck. Überhaupt. Wie unsolidarisch er sich verhalten hatte. Warum hatte er mich nicht vor diesen alten Hyänen in Schutz genommen? Diese neidischen alten Weiber! Ich war den Tränen nahe.
    Die Schiffsschraube ruhte müde im schwarzen Hafengewässer. Hinter uns parkte ein riesiger amerikanischer Pott. Er war bestimmt viermal so groß wie die »MS Blaublut«. Ich starrte auf die gläsernen Aufzüge, die glitzernden Fensterfronten, in denen die flirrende Mittagssonne reflektierte. Welch ein Pomp, welch ein Luxus. Und doch: Wie viele unzufriedene Passagiere mochten sich dort über Kleinigkeiten aufregen? Was mochte sich dort abspielen? Wie viele unglücklich Liebende aus dem

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