Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
dazu rollen. Unerklärlich für Rauscher. Beide bewegten sich nacheinander sehr ruhig und sehr lebhaft, aber stets synchron. Manchmal vibrierte der ganze Körper, Arme und Hände wirbelten dabei durch die Luft – bis das Orchester die Musik abklingen ließ.
Was die Gruppe danach zu sehen bekam, war der Kampf zwischen dem guten Barong mit seiner unheimlichen Fratzenmaske und der bösen Hexe Rangda mit ihren furchterregenden Haaren und Augen. Der Tanz endete immer unentschieden und kannte keinen Sieger. Dann, als zum Ende des Tanzes die Anhänger des Barongs, die sogenannten Kris-Tänzer erschienen, trieb das Schauspiel seinem Höhepunkt entgegen. Durch Musik und Tanz wurden sie in Trance versetzt und attackierten heftig die Hexe Rangda. Sie wehrte sich, indem sie die Kris-Tänzer mit einem Zauberfluch belegte. Sie verloren ihr Gedächtnis, richteten ihre Angriffslust gegen sich selbst, setzten sich den Kris auf die eigene Brust, und es schien fast so, als ob sie ihn sich in wilder Ekstase in den Bauch stießen. Am Ende erschien schließlich der Barong, brach den Bann, beendete den Zauberfluch, und ein Priester besprengte die Kris-Tänzer mit geweihtem Wasser, damit sie aus der Trance erwachten.
Die Touristen stürmten nach dem Tanz die Bühne, um sich mit dem Barong fotografieren zu lassen. Auch der junge Mann war dabei und fotografierte seine Freundin.
Rauscher verfolgte den Tanz atemlos. Sobald er vorbei war, wandte er sich seiner eigentlichen Mission zu: den beiden Guccis. Bis jetzt kam er bei ihnen noch nicht richtig zum Zug. Er nahm sich vor, Frau von Talheim direkt auf Horst Maurer anzusprechen. Gewissermaßen war sie ihm eine Antwort schuldig, nach der nächtlichen Aktion vor seinem Appartement.
Während der folgenden Fahrt durch Balis grünwuchernde Hügellandschaften taten die Guccis überaus interessiert. Immer wieder zeigten sie mit den Fingern aus dem Fenster auf etwas Sehenswertes. Und sie hatten Recht, das Land war mehr als beeindruckend. Ein Meer von Pflanzen erstreckte sich bis zum Horizont. Überall waren sattgrüne Reisterrassen kunstvoll angelegt. Dazwischen sprossen Palmen, dschungelartig. Dicht an dicht. Und wo man auch hinschaute, Blumen wie Farbkleckse. Rot, Gelb, Blau zwischen all diesem satten Grün. Das ganze Land schien ein perfekt angelegter tropischer Garten zu sein.
Die Gruppe legte eine Pause ein. Frau Herbst war austreten, und Frau von Talheim stand allein. Die perfekte Gelegenheit für Rauscher. Er näherte sich ihr:
„Sagen Sie mal, Sie kannten doch Horst Maurer, oder?“
Frau von Talheim blickte ihn erbost an und sagte:
„Ich wüsste wirklich nicht, was Sie das angehen sollte. Das ist meine Privatangelegenheit.“
„Da haben Sie Recht. Ich dachte nur, weil er mir am Abend vor seinem Tod so einiges erzählt hat.“ Sie brauste auf:
„Was hat er denn erzählt, der Gute? Wahrscheinlich die alten Geschichten, als wir noch zusammen waren. Das war der größte Fehler meines Lebens. Aber konnte ich damals wissen, dass dieser Mann völlig beziehungsunfähig war? Fast ein Jahr habe ich gebraucht, bis ich kapiert hatte, dass er mich nur benutzte, dass er eine Frau nur zum Kochen, Wäschewaschen, Putzen und Abwaschen brauchte. Seine Liebhaberinnen hielt er sich ja nebenbei, der Schlappschwanz.“
„Spricht man so über einen Toten?“
„Oh, verzeihen Sie. Aber immer wenn ich an Maurer zurückdenke, rege ich mich auf. Entschuldigung, soll nicht wieder vorkommen.“ In der Zwischenzeit kam Frau Herbst hinzu. Sie hörte gerade noch die letzten Sätze und fragte sogleich:
„Worüber regst du dich denn so auf?“
„Ach, Herr Rauscher hat sich nach Horst erkundigt.“
„So so, Herr Rauscher, warum interessieren Sie sich denn für Horst Maurer?“
„Entschuldigung, ich habe mich den Damen noch gar nicht vorgestellt. Andreas Rauscher, Kripo Frankfurt. Zurzeit ermittle ich im Mordfall Horst Maurer und Bayan, dem Roomboy.“ Die zwei Gucci-Frauen schauten ihn irritiert an. Frau von Talheim fing sich zuerst:
„Die Frankfurter Polizei ermittelt hier? Das verstehe ich nicht. Die hiesige Polizei, genauer gesagt ein Kommissar Padang, hat uns auch schon nach Horst gefragt. Warum ermitteln Sie denn hier?“
„Sozusagen reines Privatvergnügen.“ Die Gruppe verstummte, und der Reiseleiter rief. Als sie wieder am Bus ankamen, schoss der junge Mann ein Foto von seiner Freundin, die am Bus lehnte. Und schon ging es weiter. Der Fahrer drängte, denn sie mussten pünktlich am
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