Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
ihrem großen Bekanntenkreis, die tatsächlich noch funktionierte. Es schien immer schwieriger zu werden, dreißig, vierzig Jahre miteinander klar zu kommen. Sie hatte jedenfalls keine Lust auf diese kaputten Psycho-Existenzen, die sich noch im vierten oder fünften Jahrzehnt ihres erbärmlichen und gescheiterten Lebens selbst etwas vormachten. Ihre eigene Psyche war viel zu angekratzt, um sich noch mehr aufzuladen und zusätzliche Probleme ans Bein zu binden. Ihr Leben und ihre Freiheit waren ihr wichtiger. Ins Bett gehen konnte sie jederzeit mit irgendwem. Die Männer standen Schlange. Im Laufe der Jahre hatte sie wieder eine wunderbare Beziehung zu sich, ihrem Körper und ihrer Sexualität aufgebaut.
Männer waren eigentlich nur noch Mittel zum Zweck. Jede Form von Emotionalität war da unangebracht. Es ging lediglich um ein, zwei Orgasmen. Das war eine rein körperliche Angelegenheit. Kopf und Bauch konnte sie prima trennen. Und da sie sich schon länger damit abgefunden hatte, niemals eine Familie zu haben, konnte sie ganz gut damit leben. Mit ihrem Scheitern in dieser Hinsicht konnte sie umgehen. Scheitern als Chance. Das war ihr Motto. Das Positive aus der Sache herausziehen. Damit war sie gut gefahren.
Was sie von Rauscher in Bezug auf Frauen halten sollte, konnte sie noch nicht richtig einschätzen. Er hatte nicht einmal versucht, sie anzumachen. Ganz untypisch für einen Mann, der hier alleine Urlaub macht. Auch hatte sie nicht beobachtet, dass er Interesse an einer Einheimischen gezeigt hätte.
Na ja, dachte sie, mal sehen, was da noch so kommt.
3.
„Wieviel Sie haben bezahlt für Nikes?“
Madé setzte ihr schönstes Lächeln auf und Rauscher wurde rot. Er blickte auf seine Badelatschen und sagte:
„Ähhh, Augenblick mal …, das waren 90.000, glaube ich. Ich habe den Verkäufer runtergehandelt.“
Madé schmunzelte.
„Sie kennen nicht gut Balinesen. Sie müssen noch viel üben Handeln. 40.000 ist guter Preis für Badelatschen.“
Rauscher fühlte sich ertappt in seiner Unkenntnis, aber Madé baute ihn wieder auf:
„Nicht so schlimm. Sie nächstes Mal werden besser handeln.“
Rauscher lag auf der Massageliege und wollte das Thema wechseln. Madé bereitete die Massage vor, indem sie einige Tropfen Öl in ihren Händen verrieb.
„Können Sie denn schon wieder arbeiten?“
„Ich muss arbeiten, sonst ich verdiene kein Geld.“
Puglug hatte das Health-Center betreten und sah die beiden. Sie machte eine freundliche Geste in ihre Richtung und ging gleich weiter, ohne einen Ton zu sagen. Vielleicht war sie ärgerlich, dass er sich nicht von ihr massieren ließ, dachte Rauscher. Kurz darauf wurde er offensiver, denn er hatte keine Zeit mehr zu verlieren.
„Wissen Sie, wer Maurer getötet hat?“
Madé blinzelte, blieb ruhig und äugte zu Rauscher hinüber. So schön ihre Rehaugen auch waren, so vieldeutig, hintergründig und geheimnisvoll waren sie auch. Nichts Sicheres war darin zu lesen.
„Woher soll ich wissen das?“
„Na immerhin waren Sie mit ihm zusammen. Eure Beziehung war ein offenes Geheimnis hier im Hotel. Sie wurden öfters und von mehreren Leuten mit ihm gesehen. Das habe ich herausgefunden. Es wird spekuliert, dass Sie mit ihm nach Deutschland wollten.“
Wieder schaute sie Rauscher an.
„Sie wissen viel, Mister Rauscher. Warum Sie noch mehr wissen wollen?“
„Weil ich den Mord aufklären will. Ganz einfach. Und da fehlen mir noch ein paar Zusammenhänge. Bayan zum Beispiel. Welche Rolle spielt er in dem Mordfall. Warum musste er sterben? Kannte er den Mörder?“
Obwohl Madé nicht anders schaute als vorher, obwohl kein Zucken über ihr Gesicht ging, merkte Rauscher ihre Unsicherheit. Deshalb fuhr er fort.
„Sie müssen mir sagen, was Sie wissen. Sonst werden wir den Mörder nicht finden. Wollen Sie das?“
Seine Stimme klang energisch. Madé senkte den Kopf. Eine kleine Träne lief ihr die Wange herunter.
„Ich habe gern gehabt Bayan, sehr gern, aber er wollen mich heiraten. Er mir Vorwürfe machen wegen Maurer. Er wusste, ich will gehen nach Deutschland.“
Jetzt brach sie vollständig in Tränen aus, hielt die Hände vors Gesicht, und was Madé in den nächsten zehn Minuten schluchzend erzählte, war ungefähr Folgendes: Rusli, ein guter Freund der Familie aus dem gleichen Dorf im Norden, hatte sie ins Grand Hotel Bali Beach geholt. Bayan verliebte sich gleich beim ersten Aufeinandertreffen in sie. Aber auch Rusli schwärmte für sie. Die beiden,
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