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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Wiederhören, Herr Dornow.«
    Er hängte ein und warf einen Blick aus dem Fenster. Nicht die Großstadt hatte Marlene Dornow getötet, sondern ein Mensch, der irgendwo unter ihnen war.
    Viktor König stieg beschwingt aus seinem Hispano-Suiza. Die Hauptstadtpresse war hingerissen, die Menschen drängten schon in die Nachmittagsvorstellungen, als könnten sie es gar nicht erwarten, den Film zu sehen, und er – triumphierte. Mit diesem Film würde er Lang übertrumpfen, dessen war er sicher. Vielleicht würde auch er die Chance erhalten, in Amerika zu drehen, in Hollywood, wo immer die Sonne schien und ein vielfach größeres Publikum wartete. Wer Amerika eroberte, dem gehörte die Welt.
    An der Haustür merkte er, dass etwas nicht stimmte. Sie war nur angelehnt. Stille. Eigentlich müsste die Haushälterin um diese Zeit da sein. Vom Gärtner war auch nichts zu sehen.
    Vorsichtig öffnete er die Tür. Der Eingangsbereich sah aus wie immer. Dann ging er durch den Flur, vorbei an der Küche, und schaute ins Wohnzimmer. Es traf ihn wie ein Schlag.
    Scherben. Glas, Porzellan, überall auf dem Natursteinboden verstreut. Einige rote Tropfen, vielleicht Blut. Ein Bild war von der Wand gefallen. Ein Sessel umgekippt.
    »Ich habe alle weggeschickt«, sagte Elly. Sie stand mitten im Zimmer, in einer Hand ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Whisky. Die andere Hand hing kraftlos herab, geronnenes Blut zeichnete rote Striemen auf die Haut.
    König trat behutsam näher. »Was ist passiert?«
    »Das fragst du?«
    »Zeig mir deine Hand. Du hast dich verletzt.«
    Sie wich mit einem Ruck zurück. »Fass mich nicht an.«
    König seufzte und ging ins Badezimmer. Dort tränkte er ein Handtuch mit kaltem Wasser, wrang es gründlich aus, nahm ein trockenes dazu und kehrte zurück ins Wohnzimmer, wo Elly immer noch an derselben Stelle stand. Diesmal wich sie ihm nicht aus. Er griff sanft nach ihrer Hand und tupfte sie mit dem nassen Handtuch ab. Dann schob er Elly zu einem Sofa. »Setz dich.«
    Sie gehorchte, als wäre sie eine Puppe ohne eigenen Willen. »Ich dachte, er ist nett«, sagte sie matt.
    König kniete sich vor sie und untersuchte die Schnitte. Sie waren ziemlich lang, aber nicht tief.
    »Wer?«
    »Dieser Herr Klein.«
    Er schaute hoch. »Was ist mit ihm?«
    »Er hat gestern mit mir gesprochen, nach der Vorführung. Du warst ja beschäftigt.«
    Der Vorwurf in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Viktor hatte Klein nicht bemerkt, vermutlich hatte der sich solange im Hintergrund herumgedrückt, bis er Elly, verärgert oder enttäuscht aussehend, entdeckt und die Lage ausgenutzt hatte.
    »Und?«
    »Wir haben über den Film gesprochen. Er war sehr freundlich.«
    »Und das?« Er deutete auf das zerschlagene Glas und Porzellan. »Warum hast du das getan?«
    Sie zeigte wortlos auf eine Zeitung, die auf dem gläsernen Couchtisch lag.
    Berliner Tagespost . »Die liest doch kein Mensch.« Kein Wunder, die besseren Blätter gaben Klein nur selten Aufträge. Er überflog den Artikel:

    T RIUMPH IM G LORIA – M AGISCHE M OMENTE IN K ÖNIGS NEUEM M EISTERWERK
    von
Reinhard Klein

    Gestern Abend erlebte Berlin die Premiere von Viktor Königs neuem Werk über den Chemiker und Alchemisten Johann Kunckel von Löwenstern. Der Magier ist vor über zweihundert Jahren gleich vor unserer Haustür seinem mysteriösen Handwerk nachgegangen. War es Gold, das er in aller Heimlichkeit auf der Pfaueninsel erzeugen wollte? Oder Glas, wie uns der Regisseur gegen Ende des Films glauben machen möchte?
    In den Hauptrollen waren der überragende Rudolf von Hagen sowie der neue Stern am deutschen Filmhimmel, die bezaubernde Carla Vasary, zu sehen.
    Königs reizende Ehefrau Elly, die an diesem Film als Produzentin mitgewirkt hat, sagte nach der Aufführung: »Es war meinem Mann ein besonderes Anliegen, eine Geschichte zu erzählen, die viele Berliner sicher nochnicht kennen, obwohl sie sich zu einem großen Teil auf der Pfaueninsel zugetragen hat, die wir alle für ihre landschaftliche Schönheit lieben.«
    Ungewöhnlich ist auch, dass Viktor König diese Schönheit nicht in den hölzernen Kulissen eines Ateliers nachgebildet hat, sondern mit seinen Darstellern und der technischen Ausstattung auf die Insel gezogen ist, um an Ort und Stelle zu filmen.
    »Wir haben eine Sondererlaubnis eingeholt, da es sich um ein Naturschutzgebiet handelt. Wir mussten uns verpflichten, uns rücksichtsvoll zu verhalten, damit die Pflanzen und Tiere keinen Schaden

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