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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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und weiteren Toast zu holen.
    »Guten Morgen, Thomas«, sagte Lady Vespasia mit ernster Stimme. »Es muss ja etwas ganz Wichtiges sein, wenn du mich um diese Stunde überfällst. Setz dich doch bitte. Ich möchte nicht wie Victor klingen, aber ich bekomme einen steifen Hals, wenn ich zu dir aufblicken muss.«
    Trübselig lächelnd folgte er der Aufforderung und nahm ihr gegenüber Platz. Es gefiel ihm in ihrem Frühstückszimmer, wo das hereinfallende Licht den Eindruck erweckte, dort scheine ständig die Sonne.
    »Es ist in der Tat eine schwerwiegende Angelegenheit. Serafina Montserrat hat gewusst, wer den Verrat an Lazar Dragovic begangen hat.«
    Sie neigte den Kopf ganz leicht. »Das hatte ich mir schon gedacht. Sie ließ sich nicht leicht hinters Licht führen. Da sie ihn sehr geliebt hat, hat sie bestimmt nicht geruht, bis sie es wusste. Ist es noch von Bedeutung? Sag mir nicht, dass sie es Adriana weitergesagt hat … es sei denn aus Versehen? War es so? Das würde ihre Ängste durchaus verständlich erscheinen lassen. Wenn sie es ihr nicht schon früher gesagt hat, dann nur, weil sie nicht wollte, dass sie es erfuhr.«
    »Du hast recht«, stimmte er zu.
    Das Mädchen brachte den frisch aufgegossenen Tee und weitere Toastscheiben, stellte alles wortlos auf den Tisch und ging wieder hinaus.
    »In dem Fall kann es nur Evan Blantyre gewesen sein«, schlussfolgerte Vespasia. »Niemand anderen hätte Serafina gedeckt.«
    »Hatte sie denn etwas für ihn übrig?«, fragte er.
    Vespasia hob empört den Blick. »Mach dich nicht lächerlich, Thomas. Vermutlich hat sie das erst herausbekommen, nachdem sich Adriana mit ihm verlobt hatte. Das dürfte ihr die Hände gebunden haben. Ihr ist nichts anderes übrig geblieben, als ihre eigenen Gefühle zu unterdrücken und um Adrianas willen Schweigen zu bewahren.«
    »Letzten Endes hat es keiner von beiden genützt«, sagte Pitt unglücklich. »Die arme Mrs. Montserrat. Sie hat einen hohen Preis für nichts und wieder nichts bezahlt.«
    »Sag das nicht«, hielt sie ihm entgegen. »Adriana hatte viele glückliche Jahre. Sie ist zu einer schönen und charakterstarken Frau herangewachsen, und ich nehme an, dass sie stets gewusst hat, wie viel sie für Serafina bedeutete.«
    »Und Blantyre?«, fragte er voll Bitterkeit.
    »Auf seine Weise war es bei ihm wohl ähnlich. Nur hat sie ihm weniger bedeutet als seine Ideale und sein Glaube an Österreich.«
    »Das werde ich beweisen, komme, was wolle«, sagte er finster entschlossen, als lege er einen Eid ab.
    »Davon bin ich überzeugt.« Sie goss ihm Tee ein und reichte ihm die Tasse.
    »Danke.« Er nahm sie und bestrich geistesabwesend ein Stück Toast mit Butter.
    »Das dürfte aber kaum deine dringendste Sorge sein«, bemerkte sie.
    Er hob den Blick und sah sie an.
    »Mein Lieber, wenn sich Evan Blantyre lange genug in Dorchester Terrace aufgehalten hat, um zu begreifen, dass Serafina wusste, wer der Verräter war, hat er bestimmt vieles von dem gehört, was sie von sich gegeben hat. Das meiste davon dürfte jetzt belanglos sein, aber was ist mit den Dingen, für die das nicht gilt? Wen betreffen sie?«
    Genau das hatte er befürchtet.
    »Das weiß ich nicht«, gab er zu. »Ich zerbreche mir bereits eine ganze Weile den Kopf darüber. Ich könnte mir alle Orte heraussuchen, an denen er tätig war, doch würde mir das nicht viel sagen, sondern lediglich das Ausmaß der Möglichkeiten aufzeigen, und das kann ich mir ohnehin schon vorstellen.«
    Sie bestrich das letzte Stückchen ihrer Scheibe Toast mit Butter.
    »Viele Menschen haben zu verschiedenen Zeiten in den Botschaften Europas gedient, vor allem in Wien. Abgesehen von denen, die in Regierungsämtern tätig sind, reisen die meisten Aristokraten zum Vergnügen.« Sie reichte ihm die Orangenkonfitüre. »Manche wollen auf die Jagd gehen, andere Bier trinken oder Gedankenaustausch auf dem Gebiet der Philosophie und der neuen Wissenschaften pflegen. Wieder andere reisen, weil sie in Tirol auf die Berge steigen oder die Seen betrachten wollen. Wer noch mehr Mut hat, geht segeln. Wir reisen, um uns Venedig und das Adriatische Meer anzusehen, insbesondere die Küste Kroatiens mit den davorliegenden Inseln. Auf jeden Fall aber besichtigen wir die ruhmreichen Ruinen Roms und stellen uns vor, wir seien die Erben jenes Reiches. Manche fahren auch nach Neapel, um einen Blick auf den Vesuv zu werfen und sich den Ausbruch vorzustellen, bei dem Pompeji untergegangen ist. Wir sehen träumerisch

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