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Mord in Oxford

Mord in Oxford

Titel: Mord in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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ins Ohr geflüstert: »Nur ein Musikwissenschaftler im Leicester, niemand Besonderes.« Sie hatte nur einen hoch gewachsenen, ziemlich gut aussehenden Mann ungefähr in ihrem Alter wahrgenommen. Zu dritt hatten sie sich eiligst im Festzelt untergestellt und waren beisammen geblieben. Sie erinnerte sich, dass sie im nassen Gras ihre besten Schuhe ruiniert hatte und dass der Geruch der gleiche gewesen war wie hier in der Buchhandlung: feuchte Kleidung, die in einem warmen Raum langsam trocknet. Der Regen hatte auf das Baumwolldach des Festzelts getrommelt und jede Unterhaltung zum Erliegen gebracht. Es war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als sich in die nassen Gesichter zu schauen. O ja, und wie sie sich an diese Augen erinnerte, an dieses warme, dunkle Braun! Acht Monate war das jetzt her.
    »Wir haben Erdbeeren mit Sahne gegessen«, sagte sie, »und es gab Tee aus Porzellantassen mit Rosenknospen drauf, ziemlich altmodisch, aus der Zeit des Ersten Weltkriegs.« Sie stellte das Buch zurück ins Regal und wandte sich zur Tür. Groß, dunkel und schlank – das war genau ihr Typ. Viel mehr jedenfalls als rothaarig und von mittlerer Statur, so wie Andrew. Ihr war klar, dass sie gehen musste.
    »Hätten Sie nicht Zeit für eine Tasse Kaffee?«, fragte er und drehte sich gleichzeitig mit ihr um. »Wenn wir rüber ins King’s Arms laufen, werden wir auch nicht mehr viel nasser, als wir jetzt schon sind.«
    Natürlich hatte sie keine Zeit. Schließlich folgte sie gerade einem Verdächtigen, falls man den ahnungslosen Gavin so nennen konnte. Außerdem sollte sie eigentlich ein Buch schreiben. Sie stellte auf eigene Faust Untersuchungen in einem Mordfall an. Und sie brauchte keinen Mann in ihrem Leben. Das vor allen Dingen nicht.
    »Prima«, sagte sie, »für eine Tasse Kaffee habe ich sicher Zeit.«
    Und dann hatte sie Glück. Als sie über die Straße liefen und den Autos auswichen, sah sie Gavin mit seiner grünen Goretex-Jacke und den dunklen Haaren ausgerechnet im King’s Arms verschwinden. Selbst wenn er sich links in den Nichtraucher-Raum setzte, hätte sie in Liam immer noch eine hervorragende Deckung. Sie hoffte inständig, dass Gavin mindestens ebenfalls eine Tasse Kaffee trinken würde.
    Das Café war brechend voll. Die Schlange vor dem Tresen bewegte sich nur langsam vorwärts. Kate riskierte einen schnellen Blick in die Bar, aber dort war kein Gavin zu sehen. Wahrscheinlich saß er in einem der hinteren Räume. Das allerdings wäre ärgerlich, dachte sie, denn hinten gab es noch einen zweiten Ausgang. Falls er den benutzte, würde sie ihm nicht folgen können.
    Wie kam sie überhaupt darauf, Gavin könne ahnungslos und unschuldig sein? Vielleicht war das nur eine Maske, die er sorgfältig aufrechterhielt. Das, was er ihr dieser Tage und dann auch noch einmal gestern Abend bei einem Telefongespräch gesagt hatte, war durchaus nicht ohne, wenn sie genauer darüber nachdachte. Bei Licht besehen, war es eine Drohung gewesen. Wie mochte er sich wohl jemandem gegenüber benehmen, der ihn erpresste? Manchmal, wenn sie sich die Zeit nahm und darüber nachdachte, dass es sich dieses Mal nicht um einen ihrer Romanentwürfe handelte, bekam sie tatsächlich ein wenig Angst vor den Dingen, in die sie immer tiefer hineingeriet. Immerhin war ein Mensch ermordet worden, und sie spielte in einer Geschichte mit, in der immer noch ein Mörder frei herumlief. Und so, wie sie sich benahm, wie sie ihre Nase in alles hineinsteckte und den Leuten unangenehme Fragen stellte, forderte sie das Schicksal geradezu heraus. Nur allzu leicht könnte sie das nächste Opfer werden. Reiß dich zusammen, Kate, befahl sie sich, dies hier ist eine von den Geschichten, wo der Held jeder Kugel ausweicht und mit quietschenden Reifen dem Showdown entgegenrast. Krampfhaft überlegte sie, ob der Held in jedem Fall ungeschoren davonkam, aber ganz sicher war sie ihrer Sache nicht. Außerdem gab es – im Gegensatz zur Kunst – im Leben keinerlei Garantie. Zumindest sollte sie vorsichtig sein.
    Unterdessen redete Liam auf sie ein. Wahrscheinlich war er eine Begleitung gewöhnt, die ihm hingebungsvoll zuhörte und ihm ihre volle Aufmerksamkeit schenkte. Kate hingegen blickte aus dem Fenster, rang sich irgendwann zu einem »Entschuldigung, was haben Sie da gerade gesagt?« durch und veranstaltete mit ihrem Kaffee ein Fußbad auf der Untertasse.
    »Nachdem wir uns letzten Juni kennen gelernt hatten, habe ich eines Ihrer Bücher gelesen«, sagte Liam

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