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Mord inclusive

Mord inclusive

Titel: Mord inclusive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janice Hamrick
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Mittagessen.«
    Sie stand sofort auf. »Das lass ich mir nicht zweimal sagen.« Dann verschwand sie im Bad, und ich wartete.
    »Was denkst du von dem toten Mann?«, rief sie durch die Tür.
    An ihre Art, sich zu unterhalten, wenn sie auf der Toilette saß, musste ich eigentlich längst gewöhnt sein, aber ich war es nicht.
    »Ich denke, es war ein Mord«, rief ich. »Und es hat etwas mit unserer Gruppe zu tun.«
    »Was?«, rief sie. Denn inzwischen wusch sie sich die Hände und hörte nicht mehr genau, was ich sagte.
    Ich wiederholte mich nicht, bis sie wieder auftauchte. Für das Reden aus dem Bad heraus sollte es schon Regeln geben.
    »Mord ist ein großes Wort. Aber da stimmt in der Tat eine Menge überein«, gab sie zu, als sie wieder herauskam.
    »Millie ist auf genau die gleiche Weise getötet worden. Erinnere dich, Alan hat uns gesagt, sie habe einen Messerstich ins Genick bekommen. Das konnten wir nicht sehen, weil sie auf dem Rücken lag. Der Mann aber lag auf dem Bauch.«
    »Das muss ja schrecklich gewesen sein.«
    »Das ist es immer, wenn man zu Tode kommt.«
    »Nein, ich meine, für dich. Noch schrecklicher für ihn natürlich«, fügte sie hinzu. »Aber auch kein besonders schöner Anblick.«
    »Doch am unheimlichsten war mir Alan«, sprudelte ich hervor. Das Misstrauen gegen ihn lag mir schwer auf der Seele. »Er hat die Leiche untersucht und Fragen gestellt.«
    »Ziemlich sexy, was?«
    »Überhaupt nicht!«
    Sie zog die Augenbrauen hoch.
    »Nein!«, beharrte ich. »An einer Leiche herumzufingern ist überhaupt nicht sexy.«
    »Mich dünkt, die Dame protestiert zu viel«, zitierte sie lustvoll Shakespeare absichtlich falsch.
    »Sind wir hier in der Highschool? Lenke nicht ab!«
    Sie öffnete ihre Handtasche, holte ihr Schminktäschchen hervor und kippte den Inhalt auf den Toilettentisch. »Vielleicht ist er nur einer von der Sorte, die gern Verantwortung übernimmt«, sagte sie und zog sich die Lippen nach. »Er will halt wissen, was da läuft. Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass er etwas damit zu tun hat.«
    Ich antwortete nicht. Genau dieser Eindruck verstärkte sich bei mir immer mehr. »Eigentlich wissen wir gar nichts über ihn«, sagte ich langsam.
    »Wir wissen eine ganze Menge. Er kommt aus Dallas, ist Finanzanalytiker, seine Frau ist tot, und er hat einen knackigen Arsch.«
    »Das Letzte wissen wir in der Tat«, räumte ich ein. »Aber ob alles andere stimmt, wissen wir eigentlich nicht. Wenn du darüber nachdenkst, kennen wir niemanden hier richtig und müssen glauben, was sie uns erzählen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Sieh mal, ich sage jedem hier, dass ich Lehrerin an einer Highschool bin, so wahr mir Gott helfe. Das stimmt sogar. Aber ich hätte genauso gut erzählen können, ich sei Künstlerin oder Programmiererin oder Finanzanalytikerin. Du hättest gewusst, dass ich lüge, aber niemand sonst. Was ich sage, müssen die anderen in der Gruppe auf Treu und Glauben hinnehmen. Das gilt für alle hier. Jeder kann uns anschwindeln.«
    Sie runzelte die Brauen. »Aber warum sollten sie?«
    »Normale Menschen tun das nicht, weil sie nichts zu verbergen haben und weil es ziemlich anstrengend ist, bei einer Lüge zu bleiben. Aber wenn man jemanden umbringen will, dann tritt man bestimmt unter falscher Identität auf«, erklärte ich.
    »Willst du damit sagen, Alan sei ein Serienmörder?« Sie rollte die Augen.
    »Natürlich nicht. Jedenfalls will ich es nicht behaupten. Es ist nur ...« Ich schwieg betreten. Ich wusste selber nicht genau, was ich von alledem halten sollte.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Jetzt machst du dich aber lächerlich. Kein Mensch geht auf eine solche Reise, um mehrere Morde zu begehen. Auf die Idee ist noch nicht einmal Hollywood gekommen. Da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen.«
    »Das ist ja das Problem«, gab ich zurück. »Du hast recht, das alles macht keinen rechten Sinn. Aber du musst doch zugeben, dass hier etwas ganz Merkwürdiges abläuft. Und ich will wissen, was es ist.«
     
    Später am Nachmittag musste ich mir allerdings die Morde aus dem Kopf schlagen. Am nächsten Abend sollte ein Kostümfest steigen, und Anni drängte uns, allesamt als Ägypter verkleidet zu erscheinen. Nach dem Mittagessen, so schlug sie vor, wollten wir uns im Souvenirladen des Schiffes treffen, wo wir eine der preiswerten ägyptischen Galabiyas, Schmuck und anderes Zubehör erwerben konnten, alles so echt wie die Gipsfiguren der Straßenhändler.

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