MordLust
die Verletzungen waren noch feucht. »Keine Arterien getroffen«, sagte er. »Nähen lassen kann ich mir das nicht, die Cops werden sich in allen Krankenhäusern nach Hundebissen erkundigen.«
»Was sollen wir denn tun?«, fragte Jane. Sie mochte ihn gar nicht anfassen.
»Ich denke, wir nehmen ganz viel Gaze und Pflaster und Mycitracin, und du verbindest alles und verklebst es gut, und dann … Als du diese Blaseninfektion hattest, da hattest du doch noch ein paar Tabletten übrig, die, von denen dir schlecht geworden ist.«
»Die hab ich noch«, sagte Jane. Von dem Antibiotikum, das man ihr zunächst verschrieben hatte, hatte sie Ausschlag bekommen, deshalb hatte sie sich ein anderes geben lassen.
»Dann nehm ich die.« Er betrachtete sich erneut im Spiegel. Eine Träne löste sich aus einem Auge und lief ihm die Wange hinunter. »Es sind ja nicht nur die Löcher, ich werde Blutergüsse so groß wie Untertassen kriegen.«
»Die richtige Zeit, um nach Paris zu fliegen«, sagte Jane. »Oder nach Budapest oder sonst wohin. Auf der Suche nach Antiquitäten. Falls dir irgendwer in den nächsten Wochen das Hemd ausziehen sollte …«
»Aber wir sind hier noch nicht fertig«, sagte Leslie. »Wir müssen diese Spieldose zurückbringen und den Nähkorb holen.«
»Leslie …«
»Ich bin beim Football schon schlimmer verletzt worden«, sagte Leslie. Eine weitere Träne kullerte herunter. »Verbind einfach alles.«
Ein Polizeiwagen aus St. Paul stand vor dem Haus der Barths am Straßenrand. Im Haus waren sämtliche Lichter eingeschaltet, und davor standen etliche Leute, vermutlich Nachbarn, neben der Treppe und rauchten. Lucas hielt hinter dem Polizeiwagen, stieg aus und ging zur Treppe.
»Da drin ist ganz schön was los«, sagte einer der Raucher.
»Ich bin von der Polizei«, erwiderte Lucas. Er klopfte einmal und betrat dann das Haus. Im Wohnzimmer standen zwei uniformierte Cops und redeten mit den Barths, die auf der Couch saßen. Lucas kannte keinen von den Cops, und als sie sich zu ihm umdrehten, stellte er sich vor. »Lucas Davenport vom SKA. Ich arbeite mit den Barths in einer Grand-Jury-Sache zusammen.«
Einer der Cops nickte, und Lucas fragte Jesse: »Alles in Ordnung?«
»Die haben Screw«, sagte sie.
»Aber mit Ihnen ist alles in Ordnung.«
»Sie hat eine Scheißangst - wenn das in Ordnung ist«, blaffte Kathy.
»Wir haben gerade einen Anruf aus einem anderen Revier bekommen«, sagte einer der Cops. »In der Nähe vom Lexington Parkway liegt ein toter Hund am Straßenrand. Er ist hell, hört sich an wie … Screw.«
»Okay«, sagte Lucas. Und wieder an Jesse gewandt: »Meinen Sie, Sie können mitkommen und sich den Hund ansehen?«
Sie schniefte.
»Wir haben bei der Tieraufsicht angerufen«, sagte der Cop. »Die holen ihn ab.«
»Was meinen Sie?«, fragte Lucas Jesse.
»Ich seh ihn mir an«, antwortete sie. »Er hat mir das Leben gerettet.«
»Erzählen Sie mir zuerst mal ganz genau, was passiert ist.«
Sie erzählte die Geschichte auf impressionistische Art und Weise – ein bisschen Farbe, ein bisschen Panik, nur wenige Details. Als der Hund den dicken Mann gebissen hat, sagte sie, war sie schon dabei wegzulaufen, und sie war schnell. »Ich hab mich erst umgedreht, als ich einen Block weiter war, und da hab ich gesehen, wie er in den Van sprang, und Screw hing an seinem Bein. Dann hat der Van gewendet, und mehr hab ich nicht gesehen. Sie sind in den Lexington Parkway abgebogen in Richtung Interstate. Ich bin dann immer weitergelaufen, bis ich zu Hause war.«
»Also müssen es mindestens zwei Leute gewesen sein«, sagte Lucas.
»Ja. Denn einer ist gefahren, und der andere hat versucht, mich zu schlagen«, sagte sie.
»Womit wollte er Sie schlagen?«, fragte Lucas.
»So was wie ein Stock.«
»Ein Stock?«
»Yeah, so was wie ein Stock«, sagte sie.
»Könnte es auch ein Rohr gewesen sein?«
Sie dachte einen Augenblick nach.
»Ja, es könnte auch ein Rohr gewesen sein«, sagte sie schließlich. »Etwa so lang.« Sie hielt die Hände ungefähr einen Meter auseinander.
Lucas wandte sich einen Moment ab und schloss die Augen. Er spürte, wie die Leute ihn anstarrten. »O Gott.«
»Was ist los?« Kathy Barth sah ihn erschrocken an. »Hat Sie der Schlag getroffen?«
»Nein, es ist nur … Ach egal.« Die Typen mit dem Van waren
im falschen Fall, dachte er. Zu Jesse: »Kommen Sie, wir sehen uns jetzt den Hund an, okay?«
Der Hund lag im Scheinwerferlicht eines Streifenwagens
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