Mordsgefluester
sollte, er wäre eine Katastrophe im Haus, aber Wyatt zeigt bei der Hausarbeit die gleiche Kompetenz wie an seinem Automatikrevolver. Er hatte jahrelang allein gelebt und dabei gelernt zu kochen und die Wäsche zu machen, außerdem war er gut im Reparieren und Ausbessern. Alles in allem war es höchst praktisch, ihn im Haus zu haben, außerdem machte es mich scharf, wenn ich ihm beim Aufhängen meiner Wäsche zuschaute. Okay, ich bin leicht zufriedenzustellen; es machte mich scharf, wenn ich ihm bei irgendwas zuschaute.
Schließlich sagte ich: »Jenni hat einen Spalierbogen gefunden. Könntest du ihn bitte abholen?«
»Klar. Wozu braucht sie einen Spalierbogen?« Mir ging auf, dass ich meine Hochzeitspläne zwar ausführlich mit ihm besprochen hatte, aber offenbar hatte er dabei mir das Sprechen überlassen und nicht einmal das Zuhören übernommen. »Den brauchen wir für unsere Hochzeit«, erklärte ich mit bemerkenswerter Geduld, wenn ich das sagen darf. Er war dabei, meine Wäsche aufzuhängen; ich wollte ihm nicht ans Bein pinkeln, bevor er damit fertig war.
»Kapiert. Jenni will den Spalierbogen nicht für sich, sondern für uns. «
Okay, er hörte also doch ein bisschen zu. Höchstwahrscheinlich jedoch hatte ihm Dad nur geraten, allem zuzustimmen, was ich für die Hochzeit planen würde. Ein guter Rat.
»Das ist die Adresse.« Ich drückte ihm den Zettel und fünfzig Dollar in die Hand. »Sie musste ihn gleich bezahlen, damit ihn die Dame nicht weiterverkauft, der Fünfziger ist also für sie.«
Er nahm die fünfzig Dollar, steckte sie in die Tasche und sah mich scharf und prüfend an. »Kommst du zurecht, bis ich wieder hier bin?«
»Ich strecke nicht mal den Zeh aus dem Haus. Ich werde nichts abholen. Ich werde nichts tun, wobei ich den Kopf drehen muss. Ich komme schon zurecht.« Ich langweilte mich tödlich, aber ich fügte mich in meine Beschränkungen – einstweilen. Morgen konnte das schon ganz anders aussehen.
Er küsste mich auf die Stirn und umfasste dabei mit seiner festen, rauen Hand zärtlich meinen Nacken. »Versuch wenigstens anständig zu bleiben«, sagte er, als hätte ich keinen Ton gesagt. Ich weiß gar nicht, wie er darauf kommt, dass ich immerzu in Schwierigkeiten gerate – ach, Moment, vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass ich angeschossen, in einen Unfall verwickelt, entführt, mit einer Waffe bedroht und nun um ein Haar überfahren worden war.
Wenn ich es recht bedachte, war mein Leben, seit ich mit ihm zusammen war, ein einziges Chaos, und … »Hey! Nichts von dem, was passiert ist, war meine Schuld!«, entrüstete ich mich, als mir aufging, dass er das Gegenteil angedeutet hatte.
»Aber sicher doch. Du bist ein Ärgermagnet«, sagte er und schlenderte aus der Tür.
Natürlich ging ich ihm nach. »Bevor du aufgetaucht bist, war mein Leben ruhig und friedlich! Mein Leben war der Stille Ozean! Falls hier jemand Ärger anzieht, dann du!«
»Nicole Goodwin wurde auf deinem Parkplatz ermordet, bevor ich auftauchte«, merkte er an.
»Was aber nichts mit mir zu tun hatte. Ich habe sie nicht umgebracht.« Darauf war ich wirklich stolz, denn es gab Zeiten, in denen ich sehr, sehr nahe dran gewesen war.
»Du hast dich mit ihr gestritten, nur deshalb hat sie auf deinem Parkplatz gewartet, und genau darum wurde sie dort ermordet, was wiederum diese durchgeknallte, kackblöde Gattin deines Exmannes auf die Idee brachte, dich umbringen zu wollen und die Tat Nicoles Mörder in die Schuhe zu schieben.«
Manchmal finde ich es wirklich schlimm, wie sein Verstand arbeitet. Er grinste mich an und stieg in den Wagen. Ich konnte nirgendwo dagegen treten, ohne dass mein Kopf wieder zu dröhnen begann – eigentlich konnte ich so gut wie gar nichts tun, ohne dass mein Kopf wieder zu dröhnen begann –, deshalb begnügte ich mich damit, ihm die Autotür vor der Nase zuzudonnern und mich auf die Suche nach einem Stift und Zettel zu machen, um eine Liste seiner neuesten Verfehlungen zu erstellen. Ich schrieb: »Ärgert und reizt mich, wenn ich verletzt bin«, und ließ die Liste so liegen, dass sie ihm ins Auge fallen musste. Dann besann ich mich der Tatsache, dass ein einziger Punkt noch keine Liste darstellt, kehrte zurück und ergänzte: »Gibt mir die Schuld an Dingen, für die ich nichts kann.«
Für eine richtige Liste war meine immer noch eher blutleer. Sie gefiel mir ganz und gar nicht. Ich knüllte den Zettel zusammen und warf ihn weg; lieber gar keine Liste als eine, deren
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