Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
aus. Bis auf meinen Schorsch. Dem war das Glück heuer nicht hold.« Gerd schluchzte kurz, aber heftig auf, wischte sich mit einem Papiertaschentuch vorsichtig zwei Tränen aus den Augenwinkeln, fuhr sich ordnend über die mittellangen, seitlich gescheitelten Haare und sah Franz abwartend an. »Haben Sie schon etwas über die schreckliche Person herausgefunden, die das getan hat?«
»Leider nicht, Herr Huber. Wir haben die Ermittlungen gerade erst aufgenommen. Ich würde Ihnen hierzu auch gern ein paar Fragen stellen. Sehen Sie sich in der Lage dazu? Oder wollen Sie lieber morgen früh aufs Revier kommen?« Nicht, dass der gute Mann ihm hier noch zusammenbrach. Man wusste ja, wie sensibel diese Jungs vom anderen Ufer waren. Franz hatte den benutzten Aschenbecher entdeckt und steckte sich eine Filterlose an.
»Nein, nein. Kein Problem. Fragen Sie nur, Herr Wurmdobler.«
Gerd zauberte ein tapferes Lächeln in sein verweintes Gesicht und schob seinem Gast das riesige Tischfeuerzeug aus Bleikristall hinüber. »Je eher Sie Schorschs Mörder erwischen, umso besser.«
»Also gut. Ich nehme unser Gespräch auf, wenn es Ihnen recht ist.« Franz stellte sein kleines Diktiergerät vor sich auf den Tisch.
»Kein Problem.«
»Gut, dann fangen wir an, Herr Huber. Wo waren Sie gestern Abend?«
»Ich war bis ungefähr 19 Uhr mit Schorsch auf der Wiesn. Dann bin ich mit dem Taxi heimgefahren. Schorsch hatte wieder einen seiner Tage, an denen er endlos weitertrinken musste. Da konnte ich noch nie mithalten. Die Quittung des Fahrers habe ich sogar noch, falls Sie die brauchen. Ich hebe sie immer auf. Schorsch kann sie von der Steuer absetzen. Ach, Gott … konnte, besser gesagt.« Er schniefte erneut traurig auf und schnäuzte kräftig in sein Taschentuch.
»Wollen Sie sie sehen?«, fuhr er dann fort.
»Ja, bitte.«
»Warten Sie.« Er verschwand durch eine der hinteren Türen. Keine zwei Minuten später war er zurück. »Hier, bitte sehr.« Er reichte Franz einen weißen Quittungszettel mit der Summe, die die Fahrt ausgemacht hatte, dem Stempel des Taxiunternehmens und dem Datum von gestern darauf.
35 Euro, das könnte hinkommen, dachte Franz. Auf jeden Fall würde er den Unternehmer nachher gleich anrufen. Aber wieso brachte dieser Gerd ihm das Ding so bereitwillig an? Das sah ja fast so aus, als würde er sich ganz bewusst ein Alibi basteln wollen. »Danke, Herr Huber. Wir werden das überprüfen.« Er faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in seine Brieftasche.
»Sicher, Herr Kommissar.« Der trauernde Witwer war nichts als die pure fleischgewordene Verbindlichkeit.
»Hauptkommissar.«
»Ach ja, richtig. Entschuldigen Sie bitte.«
»Hatten Sie Streit mit Ihrem Lebenspartner?«, fuhr Franz mit seiner Befragung fort. So einfach kommst du mir nicht davon, dachte er. Eine einzelne Quittung sagt noch gar nichts, selbst wenn alles damit seine Richtigkeit hat.
»Nein. Bis auf die üblichen kleinen Alltagskabbeleien, die jeder so hat. Aber sonst war da nichts weltbewegend Böses zwischen uns. Es lief alles sehr harmonisch in letzter Zeit.«
Erneutes Schluchzen und Tränentrocknen.
Franz zog unmerklich die Brauen nach oben. Er konnte es schon bei Frauen nicht leiden, wenn sie weinten, geschweige denn bei erwachsenen Männern. ›Ein Indianer kennt keinen Schmerz‹, so war er aufgewachsen. Sein Vater hatte kaum eine Gelegenheit ausgelassen, ihm diese allumfassende Weisheit gründlich einzubläuen. Und? Hatte es ihm etwa geschadet? Nein, es hatte ihn härter gemacht. Na ja, zumindest heulte er nicht, schon gar nicht vor anderen. Und das war ja auch schon mal was. Oder etwa nicht?
»In letzter Zeit? Hatten Sie denn vorher einmal Streit?«, erkundigte er sich jetzt.
»Na ja … Letztes Frühjahr … Da ist Schorsch einmal fremdgegangen … Da hing dann ein paar Wochen lang der Haussegen schief. Aber das war längst wieder beigelegt.«
»Hatte Herr Huber Feinde?«
»Nicht, dass ich jetzt konkret wüsste. Mir hat er jedenfalls nichts Derartiges erzählt.«
»Auch nicht, dass er Probleme mit irgendwelchen Kunden hatte?« Franz zog zum wiederholten Male an seiner Zigarette, obwohl ihm der Rauch schon die ganze Zeit über höllisch in den Augen brannte. Wahrscheinlich waren seine Bindehäute noch vom gestrigen Bierzeltdunst gereizt.
»Doch natürlich. Das Übliche halt. Beschwerden, Zahlungsverzug und ein paar Gerichtsprozesse. Wo gehobelt wird, da fallen auch Späne, sage ich immer. Aber deswegen bringt man doch
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