Mordwoche (German Edition)
genießen, dass der Wochenbeginn etwas turbulenter ausgefallen war als sonst üblich. Die Routine würde ihn schon schnell genug wieder einholen.
„Herr Hauptkommissar!“ Georg Haller stand bereits auf dem Parkplatz vor dem Salon und drehte sich um. Das Lehrmädchen der Königs stand in der Tür. „Können Sie bitte nochmal reinkommen? Der Chefin ist noch was Wichtiges eingefallen.“ Georg Haller folgte der Kleinen und wurde erneut in das Separee der schwerhörigen Dame geführt. Der Hauptkommissar seufzte. Wenn es der Sache diente, dann würde er das eben noch einmal über sich ergehen lassen. Frau König war jetzt damit beschäftigt, die Kundin von den Lockenwicklern zu befreien. „Schorsch, mir ist noch was eingefallen, was dich interessieren könnte. Gestern Abend, es muss so gegen halb elf gewesen sein, habe ich einen Streit vor dem Haus gehört. Ich hatte am Abend den Schnee vom Gehweg gefegt und bin gegen zehn ins Bett gegangen. Weil ich nicht sofort einschlafen konnte, habe ich noch mitbekommen, dass sich wahrscheinlich auf unserem Parkplatz ein Ehepaar gestritten hat.“
„Was genau haben Sie denn gehört?“ „ Erst habe ich versucht, den Lärm nicht zu beachten, denn eigentlich wollte ich schlafen. Aber die Frau war einfach zu laut. Sie hat gemeint, dass er immer auf ihr herumhacke und sie ihm nie was recht machen könne.“ „Sind Sie sicher, dass die andere Person ein Mann war?“ „Jetzt wo du es sagst eigentlich nicht. Ich habe nur die Frau zetern hören.“ „Hat Ihr Mann den Streit auch gehört?“ „Wie schon gesagt, ich war allein und ich kann dir auch nicht sagen, wann der Otto nach Hause gekommen ist.“ Frau König wurde schon wieder blass um die Nase und sie musste sich auf dem Friseurstuhl der alten Dame abstützen. Jetzt fehlte wohlmöglich nicht nur ihr, sondern auch ihrem Mann ein Alibi. „Sind wir jetzt beide verdächtig?“
Die alte Dame hatte zwar nicht verstanden, worum es ging, aber dass es der Chefin nicht ganz wohl war, das hatte sie erkannt. Sie kramte in ihrer Handtasche und hielt Gerda König ein Fläschchen 4711 entgegen. „Nehmen Sie davon, das wird Ihnen gut tun.“ Die Friseurin war schon so mitgenommen, dass sie das Kölnisch Wasser ansetzen und sich einen Schluck genehmigen wollte. Georg Haller konnte sie gerade noch rechtzeitig davon abhalten. „Warten Sie, ich zeige Ihnen, wie man das macht.“ Frau Bartmann nahm das Kölnisch Wasser und benetzte sich die Handgelenke und die Schläfen. Bei ihr wirkte das Zeug. Die alte Dame lächelte entspannt und reichte ihr Wundermittel an Frau König zurück und bestand darauf, dass das Duftwässerchen auch beim Hauptkommissar Anwendung fand. „Danke, Frau König, ich werde dieser Spur auf alle Fälle nachgehen. Jetzt schau ich noch auf einen Sprung bei ihrem Mann vorbei.“ Nichts wie weg hier, bevor die alte Dame noch weitere Schätze aus ihrem Täschchen zauberte, dachte sich Georg Haller.
„Es standen zwei Autos auf unserem Parkplatz, als ich nach Hause kam.“ Otto König hatte gerade eine Pause und freute sich über ein wenig Abwechslung. Die Herren in Bärlingen drängte es nicht so sehr zum Friseur vor den Feiertagen wie den weiblichen Teil der Bevölkerung. „Stimmt es, dass die Tote im Wagen Elfi Merz ist?“ Es war doch erstaunlich, wie schnell die Buschtrommeln diese Neuigkeit verbreitet hatten. Der Salon war einfach der Umschlagplatz für die wichtigsten Informationen der Stadt. „Ja, wir gehen davon aus, dass sie an einer Kohlenmonoxyd-Vergiftung gestorben ist. Hatte einer der Wagen den Motor an?“ „Nein, ich habe auch sonst nichts Auffälliges bemerkt. Wobei ich zugeben muss, Schorsch, dass ich auch nicht mehr ganz nüchtern war. Mir ist nur wichtig, dass der Parkplatz morgens frei ist, wenn die Kunden kommen. Wenn am Abend die Kneipenbesucher hier parken stört mich das eigentlich nicht. Aufregen bringt auch gar nichts, sonst hätte ich mehrmals in der Woche den Abschleppdienst hier. Da muss man doch die Kirche im Dorf lassen.“ Georg Haller verabschiedete sich. Ihm folgte eine nicht unbedingt als dezent zu bezeichnende Duftwolke Eau de Cologne.
- 8 -
„Hier bist du also groß geworden.“ Alex ließ die beschauliche Kleinstadtkulisse auf sich wirken. „Das erklärt natürlich alles!“ Susanne konnte nicht über den Scherz lachen, sie war ziemlich angespannt, schließlich hatte sie Alex zu Hause groß als neue Beziehung angekündigt. Was die Eltern wohl sagen würden?
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