Morganas Wölfe
nachträglich eingebaut werden, sieht das so aus. Deshalb rechnete ich auch damit, in ein Bad zu gelangen, als ich die Tür vorsichtig aufdrückte.
Es war kein Bad, es war eine Hütte, aber es erfüllte in diesem Fall seinen Zweck.
Für eine Wanne reichte der Platz nicht aus. Man hatte deshalb eine grüne Sitzbadewanne eingebaut. Toilette und Waschbecken standen dicht nebeneinander.
Das alles wäre ja normal gewesen. Der Schock erwischtem ich, als ich in die Sitzwanne schaute.
Dort saß der Tote! Er sah schrecklich aus. Als ich meinen ersten Schock überwunden hatte und die Wunde am Hals sah, da wußte ich auch, wie er ums Leben gekommen war. Diesen Mord hatte kein Mensch begangen, sondern ein wildes Tier, eine Bestie, eben ein Wolf. Der dritte Tote!
Es mußte Phil Butcher sein, der seinem Partner Don Amalfi ins Reich der Ewigkeit gefolgt war.
Es war schwer für mich, diese Tatsache zu fassen, aber mein Erschrecken mußte sich einfach in Grenzen halten, um dem logischen Denken Platz zu schaffen.
Dieser Mann war, darauf wiesen die Spuren hin, hier in der Wohnung getötet worden. Er war auch noch nicht lange tot, und als Mörder kam ein Wolf in Betracht.
Gesehen hatte ich ihn nicht. Es gab zwei Möglichkeiten. Er war entweder durch einen geheimen Schlupfweg verschwunden, oder er befand sich noch in der Nähe. Ich tendierte zur zweiten Alternative.
Das Geräusch war ein leises Schleifen, vielleicht auch ein Quietschen, ich wußte es nicht.
Aber es hatte mich gewarnt.
Auf der Stelle drehte ich mich um. Ich konnte durch die offene Tür in die Küche schauen, erreichte sie mit einem langen und auch lautlosen Schritt, war nach dem zweiten Schritt an der Küchentür und blieb dort abrupt stehen.
Den Wohnraum hatte eine blonde Frau in schwarzer Kleidung betreten.
Sie hielt mit der rechten Hand den Bügel eines mit Wasser gefüllten Putzeimers in der Hand, über dessen Rand ein breiter Wischlappen hing.
Die Frau sah aus wie eine Putzfrau, nur war sie das nicht. Denn die Kleidung der Putzfrauen war normalerweise nicht mit Blutflecken übersät, und sie wurden auch nicht von zwei Wölfen eingerahmt wie diese Person hier, die ihre Wohnung betreten hatte…
***
Sie stand starr wie eine Wand!
Ich kannte diese Haltung, denn ich hatte sie schon oft genug selbst eingenommen. So stehen normalerweise Menschen, denen irgend etwas aufgefallen ist und die sehr vorsichtig geworden sind.
Ich rührte mich nicht und hielt den Atem an. Den rechten Arm hatte ich erhoben, die Mündung der Beretta wies gegen die Decke. Ich würde Arm und Waffe sehr schnell senken und schießen können, wenn es darauf ankam.
Weder die Frau tat etwas, noch die beiden Wölfe. Aber sie hatten mich, den Fremden, gewittert, denn ihr Fell sträubte sich, und aus ihren Kehlen drang ein leises, dennoch drohendes Knurren.
Sie wußten also Bescheid.
Und Melanie Morton?
Die Stripperin bewegte sich ebenfalls und stellte behutsam den Eimer ab. Jetzt hatte sie beide Hände frei, und sie streichelte die Wölfe.
Sie tat es mit einer Intensität, die mich verwunderte und auch erschreckte. Dieses Streicheln zeigte mir, wie vertraut sie mit den beiden Tieren war. Ich ging davon aus, daß sie dem Mord ebenfalls tatenlos zugesehen hatte. Das erschreckte mich. Schließlich war der Tote nicht irgendwer für sie, sondern ein Mensch, den sie persönlich gekannt und mit dem sie zusammengearbeitet hatte.
Die Tänzerin tat, als wären sie und die beiden Wölfe allein in der Wohnung. Sie gab sich unbefangen. Nur war ich mir sicher, daß sie Bescheid wußte, und ich wollte nicht, daß mich die drei fanden. Ich wollte ihnen zuvorkommen.
Ich atmete leise.
In meinem Innern lag ein leichtes Vibrieren, als würden Schallwellen durch den Körper rollen. Die Waffe hielt ich noch in die Höhe, und dann hatte ich mit wenigen Schritten die Entfernung überbrückt, ich war raus aus der Deckung und stand plötzlich im Wohnschlafraum, die Wölfe und die Stripperin genau vor mir, die Waffe nach unten gerichtet, auf sie zielend.
Sie taten nichts. Sie zeigten sich nicht mal überrascht. Weder die Wölfe noch die Frau. Sie bleiben kalt, nahezu bewegungslos, und ich entdeckte auch keine Furcht bei ihnen.
»Melanie Morton?« fragte ich, denn ich wollte sichergehen, es auch tatsächlich mit ihr zu tun zu haben.
»Stimmt. Wer sind Sie?«
»John Sinclair.«
Die Stripperin überlegte einen Moment. Eine Falte erschien auf ihrer Stirn. »Ich kenne Sie nicht, aber ich weiß, daß Sie in
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