Morganas Wölfe
worden. Durch das offene Fenster wehte ein kühler Wind, begleitet von dünnen Nebelschleiern.
»Setzen Sie sich in den Sessel, und rühren Sie sich nicht!« herrschte ich Melanie an, die tat, wie ihr geheißen war. Wie ein Kind kauerte sie sich auf dem Möbelstück zusammen und machte sich klein.
Ich kümmerte mich um die beiden Wölfe. Da sie innerlich verbrannt waren, hätte ich auch eine gewisse Wärme verspüren müssen, die aber war nicht vorhanden.
In einem kalten Feuer, ausgelöst durch die Kraft des Silbers, waren sie vergangen, und auch der Begriff Feuer stimmte nicht ganz. Mir kam es eher vor wie irgendein Licht, das alles in ihnen zerstört hatte.
Eine Erklärung hatte ich dafür nicht. Ich trat mit dem rechten Fuß auf den Knochenpanzer des Wolfes und hörte zu, wie er knirschend zusammenbrach. Für einen Moment blieb auch noch das gelbrote Licht, dann verlor es seinen Glanz und wurde fahl.
Auch das Gerüst des zweiten Wolfs brach zusammen. Ich hatte es nicht mal zu berühren brauchen. Die andre Kraft war eben stärker gewesen.
Es tat mir gut, zu wissen, daß es die Bestien nicht mehr gab. Der abgestellte Eimer hatte den Kampf überstanden. Keiner von uns war gegen ihn gelaufen und hatte ihn umgeworfen.
Ich drehte mich Melanie Morton zu. Sie hockte an ihrem Platz und hatte mich beobachtet. Die Angst war aus ihren Augen verschwunden. Sie hatte einem lauernden Ausdruck Platz geschaffen.
Endlich hatte ich Zeit, sie genauer zu betrachten und mußte zugeben, daß sie eine hübsche Frau war.
Die enge, schwarze Kleidung paßte zur Frisur, auch wenn das Gesicht den Zügen der Monroe glich.
Ich holte mir einen Stuhl aus der Küche. Er hatte eine hohe Lehne, die bis zu den Schulterblättern reichte. Melanie Morton saß genau vor mir.
Sie war nervös und gespannt zugleich. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt, die Lippen zuckten, doch sie sagte kein Wort.
»Wollen Sie etwas trinken?« fragte ich.
»Nein.«
»Rauchen?«
»Auch nicht.«
»Gut.«
»Nichts ist gut!« fuhr sie mich an. »Gar nichts.« Sie drohte mir mit einer Faust. »Wahrscheinlich bist du jetzt der Meinung, gewonnen zu haben, aber du irrst dich, Bulle, du irrst dich gewaltig. Das Spiel fängt erst an, das schwöre ich dir!«
»Ja, damit rechne ich auch.«
»So?«
»Ich werde mich darauf einstellen. Ihre beiden Helfer haben Sie nicht beschützen können, und ich möchte Sie wirklich fragen, ob Sie das nicht nachdenklich gemacht hat. Sie haben auf die Wölfe gesetzt, sie haben zugesehen, wie sie einen Bekannten oder Freund von Ihnen umbrachten, und Sie fühlten sich auf der Siegerstraße. Nun aber müssen Sie erleben, daß die Bestien nicht allmächtig sind, daß es jemanden gibt, der stärker ist als sie. Außerdem begreife ich Ihre Handlungen nicht. Noch gestern waren Sie eine völlig normale Frau, die, das gebe ich zu, einem außergewöhnlichen Beruf nachgegangen ist. Heute aber haben Sie eiskalt reagiert wie eine Killerin, die ihre Tat plante. Sie haben den Toten ins Bad geschafft und in die Sitzwanne gelegt. Um das durchzuziehen, da braucht es schon einiges. Wieso haben Sie sich dermaßen stark ändern können? Was ist mit Ihnen geschehen?«
»Nichts«, erwiderte sie verstockt.
»Das glaube ich Ihnen nicht, Melanie. In Ihrer Psyche muß es einen Bruch gegeben haben. Sie können mir nicht erzählen, daß Sie schon immer so waren.«
Die Stripperin schwieg und biß sich auf die Unterlippe. Auf der Stirn schimmerte Schweiß.
»Sie wollen mir nicht antworten.«
»Nein!«
»Schauen Sie sich die Reste Ihrer beiden Helfer an. So stark sind die Wölfe nicht. Was immer Ihnen Morgana Layton auch gesagt haben mag, Sie dürfen nicht alles glauben.«
Nach diesen Worten richtete sie den Blick auf mich. »Verdammt, was weißt du denn schon?«
»Zuwenig, das stimmt!«
»Dann laß es auch!« fauchte sie.
»Nein, ich lasse es nicht. Wir beide stehen erst am Beginn. Der Fall geht weiter, das kann ich Ihnen versprechen, und Sie werden dabei eine Hauptrolle spielen.«
»Falls ich will.«
Ich schüttelte den Kopf. »Es wird Ihnen nichts anderes übrigbleiben, und ich bringe Sie hinter Gitter.«
Da lachte sie mich aus. Es war ein scharfes, böses klingendes Lachen.
»Was habe ich denn getan, verdammt?« Melanie sah aus, als wollte sie aus dem Sessel springen, blieb aber sitzen. »Ich habe den Typ nicht gekillt.«
»Aber Sie waren dabei und haben zugeschaut. Sie haben seinen Tod wahrscheinlich provoziert.«
»Klar, ich war dabei.
Weitere Kostenlose Bücher