Morganas Wölfe
Freund zu verführen und wie John gerade noch aus dieser Klemme entwischt war.
Aber entwischt war auch Melanie, und Suko wollte wissen, wo sie sich versteckt haben könnte.
John wußte es auch nicht.
»Hast du denn keine Vermutung?«
»Das schon«, klang es an sein Ohr. »Ich denke, daß sie und Morgana sich finden werden.«
»Schön. Und wo könnte das sein?«
Pause.
»He, hast du keine Idee?«
»Möglicherweise da, wo auch andere liegen. In einem Krankenhaus, zum Beispiel.«
Suko schluckte. »Bei uns hier?«
»Davon sollte man ausgehen.«
Suko schaute für einen Moment gegen die Bürotür. »Nun ja, das wird nicht einfach sein, wenn beide tatsächlich hier erscheinen. Ich habe soeben mit dem Professor über gewisse Probleme gesprochen und ihm erklärt, daß wir nichts Genaues wissen, aber mit einer Gefahr rechnen müssen.«
»Passiert ist noch nichts?« hörte der Inspektor die Frage seines Freundes.
»Nein, bisher nicht.«
»Gut, dann halte du die Stellung. Ich werde so schnell wie möglich bei dir sein.«
»Geht in Ordnung.« Suko legte auf und schaute dabei nachdenklich ins Leere, was dem Professor natürlich nicht verborgen blieb.
»Schlechte Nachrichten, Inspektor?«
»Wie man’s nimmt. Sie betreffen eher meinen Kollegen als uns hier. Aber wir müssen schon mit Vorgängen rechnen, die Ihnen nicht normal vorkommen werden.«
»Ihnen denn?«
»Ja.«
»Warum?«
»Es ist mein Job.«
»Und wie sieht der aus?«
Suko winkte ab. »Lassen wir das lieber. Sie werden es möglicherweise erleben, aber wünschen Sie es nicht.«
»Das hört sich nicht gut an. Denken Sie an die anderen Patienten auf der Station. Ich trage die Verantwortung und…«
»Können Sie diese evakuieren?«
Ben Penrose stöhnte auf. »Wissen Sie was? Ich habe damit gerechnet, daß Sie mit diesem Vorschlag herausrücken werden. Momentan haben wir im Krankenhaus eine relativ niedrige Belegungsquote. Es wäre möglich.«
»Dann leiten Sie es bitte in die Wege.«
»Sofort?«
»Wäre am besten.«
Professor Ben Penrose griff zum Telefon…
Ohne Geld und ohne winterliche Kleidung durch London zu hetzen, das war nicht eben das Wahre. Und auch Melanie Morton wußte es. Sie mußte sich zumindest eine Jacke oder einen Mantel besorgen und auch etwas Geld, um weiterzukommen.
Der Nebel machte es ihr leicht, und die Geschäftsleute zum Teil auch einfach.
Das Viertel, in dem sie lebte, hatte sie verlassen können. Sie trieb sich auf einer Geschäftsstraße herum, in der es mehrere Geschäfte gab, die Kleidung verkauften. Einige Besitzer hatten die mit Drehständern gefüllte Winterkleidung auch vor die Läden gestellt, um mit Sonderpreisen Kunden anzulocken.
Eine Verkäuferin bewachte die Ständer zumeist, und die Frauen waren darüber nicht begeistert, in dieser nassen Kälte zu stehen. Melanie ging methodisch vor. Zum einen hatte sie versucht, sich vor den meisten Passanten zu verbergen, weil sie in ihrem dünnen Outfit schon auffiel, zum zweiten war sie an den ersten drei Läden vorbeigegangen, weil dort keine anderen Kunden das Personal ablenkten.
Am vierten Geschäft hatte sie Glück. Es war nur ein Drehständer vor den Eingang gestellt worden, der aber wurde von drei Frauen im mittleren Alter belagert, die schon eingekauft hatten, wie die gefüllten Tüten bewiesen. Es waren ausländische Mitbürgerinnen. Sie trugen Wintermäntel und Kopftücher.
Melanie schlich näher.
Auf sie achtete niemand.
Die Verkäuferin, ein noch junges Ding, das zu dünn angezogen war und deshalb fror, starrte mit leeren Blick auf die anderen Kundinnen und wartete sicherlich darauf, daß sie bald Feierabend hatte.
Das Glück blieb Melanie weiterhin hold, denn eine der Frauen wandte sich direkt an die Verkäuferin und lenkte diese nicht nur ab, sie nahm ihr auch den Blick auf Melanie.
Das nutzte sie aus.
Blitzschnell hatte sie den Drehständer erreicht. Dort hingen billige Winterjacken, und sie achtete auch nicht besonders auf die richtige Größe. Ihre Hand schlängelte sich zwischen den beiden anderen Frauen hindurch, die Finger griffen in den Stoff, ein kurzer Ruck, die dunkelrote und innen gefütterte Jacke rutschte vom Bügel und in die auffangbereite linke Hand der Diebin.
Bevor die Frauen und auch die Verkäuferin etwas bemerkt hatten, war Melanie schon verschwunden. Wie ein Gespenst war sie in den Nebel eingetaucht. Sie hörte noch die kreischende Stimme der Verkäuferin, die ihr Flüche hinterherschickte, das aber störte sie nicht. Mit
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