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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Chance. Das Kollektiv zerfiel von einem Moment zum anderen. Jeder versuchte augenblicklich seinen Platz in der neuen Hierarchiezu finden. Und es war klar, dass Mersbeck sich ganz unten befand. Mit letzter Kraft kappte er die Verbindung.
    »Doktor Mersbeck?« Er spürte eine Hand auf der Schulter, die ihn wachrüttelte.
    Mersbeck schlug die Augen auf. Er lag auf dem kalten Boden des Führerstandes. Erst glaubte er zu zittern, doch dann spürte er, dass es das Vibrieren der Motoren war, das die Gondel mitschwingen ließ.
    »Sie müssen eingeschlafen sein und sind dann vom Sitz gefallen.«
    Mersbeck hielt sich verwirrt den Kopf und blinzelte. »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte er.
    »Sie waren bestimmt zwei Stunden weg. Als das Luftschiff dann von einem Windstoß getroffen wurde, sind Sie zu Boden gefallen.«
    »Zwei Stunden?« Mersbeck war noch immer nicht ganz bei Sinnen. Zu lebendig waren die Stimmen in seinem Kopf gewesen. Vorsichtig öffnete er seinen Geist. Das Kollektiv wisperte wie eh und je. Nichts hatte sich verändert. Alles war so wie immer. Hatte er nur geträumt?
    Mersbeck zog sich auf den Sitz zurück und lehnte den Kopf gegen die Wand, die noch mehr vibrierte als der Dielenboden. Alles war so real gewesen. Und doch war es nur ein Traum – von dem er hoffte, dass die anderen ihn nicht mitbekommen hatten.
    »Wir haben ein Problem«, sagte der Kapitän.
    Mersbeck öffnete erschöpft ein Auge. »Welches?« »Schauen Sie selbst.«
    Jetzt öffnete Mersbeck auch das andere Auge. Vor ihnentürmte sich eine dunkelgraue, von Blitzen durchzuckte Wolkenwand auf, die ihnen den Weg nach Süden versperrte.
    »Innerhalb einer Viertelstunde hat der Wind von Nord auf Südost gedreht«, sagte der Kapitän.
    Es war ein Schauspiel, wie Mersbeck es noch nie gesehen hatte. Dieses Monstrum schien direkt aus einer brodelnden Hexenküche zu stammen.
    »Es kommt auf uns zu?«, fragte er erschrocken.
    Sönders nickte ernst. »Mit einer Geschwindigkeit, die die unsere um ein Vielfaches übertrifft.«
    »Sollten wir nicht umkehren?«, fragte Mersbeck.
    »Wir würden die Station 11 nicht rechtzeitig erreichen«, sagte der Kapitän und riss das Ruder hart nach steuerbord herum. »Fünfzig Meilen von hier entfernt liegt Morvangar. Die Stadt hat einen Landeplatz mit Hangar.«
    Der Kapitän drückte den Schubregler ganz nach vorne und die Motoren heulten auf. Gleichzeitig ließ er ein wenig Gas ab, um die Flughöhe zu reduzieren. Sein Gesicht war reglos, aber alles andere als entspannt. Und das machte Mersbeck nun wirklich Angst. Er nahm wieder auf seinem Sitz Platz und schloss die Augen. Eine Böe ergriff die Unverwundbar und ließ sie einen solchen Satz machen, dass sein Magen auf einmal bis zum Hals hochrutschte.
    »Halten Sie sich fest. Es geht los.«
    Kaum hatte der Kapitän das gesagt, wurde das Luftschiff von einer riesigen unsichtbaren Hand erst nach rechts und dann nach links geworfen. Mersbeck starrte aus dem Fenster. Die Wolkenfront war näher gekommen und sie schien Jagd auf sie zu machen.
    »Seien Sie froh, dass sie uns noch nicht eingeholt hat. Die Kräfte, die im Inneren der Sturmfront wirken, würden die Unverwundbar wie einen Kinderballon zerquetschen.«
    »Großartig«, kam Mersbecks zynische Antwort. »Haben Sie denn auch etwas, was einen ängstlichen Passagier wie mich eventuell aufbauen könnte?«
    »Da vorne«, rief der Kapitän. »Da ist Morvangar!«
    Mersbeck stand auf und reckte den Hals. »Das da ganz hinten? Das schaffen wir niemals.« Ein neuer, heftiger Schlag erschütterte das Luftschiff und er setzte sich schleunigst wieder hin.
    Für Sönders war es echte Schwerstarbeit, die Unverwundbar auf Kurs zu halten. Die Wasserwaagen spielten verrückt und der Kompass schaukelte wie wild in seiner kardanischen Aufhängung.
    »Was passiert eigentlich, wenn wir von einem Blitz getroffen werden?«
    »Dann war dies unsere letzte Reise«, sagte der Kapitän. »Der Wasserstoff würde explodieren, und noch bevor wir aufschlagen würden, wären wir ausgebrannt. Es wäre ein schneller Tod.«
    »Wie tröstlich«, entgegnete Mersbeck sarkastisch.
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Wir schaffen das.«
    Mersbeck schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen, indem er immer wieder langsam bis zehn zählte. Es gab erneut einen Ruck, diesmal aber wie bei einem Fahrstuhl, der nach unten fuhr. Dann begann es zu rauschen. Erst leise, dann immer lauter.
    »Das ist der Regen«, sagte der Kapitän. »Die ersten Ausläuferdes

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