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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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»wo, zum Geier, sind Sie?«
    »Ich … bin da«, antwortete er belemmert.
    »Richtig«, sagte Dunbar mit seiner neutralen Leitender-Special-Agent-Stimme, »aber Sie sollten hier sein. Besprechung heute morgen. Erinnern Sie sich?«
    Lieber Himmel. Wie spät war es? Im Zimmer war es stockdunkel. »Tut mir leid, mein Flug startete schon in Atlanta mit Verspätung, und dann …« Cavanaugh verstummte. Dunbar wollte keine Ausreden hören. Zu Recht.
    »Wir fangen ohne Sie an«, sagte Dunbar kurz angebunden. »Aber kommen Sie so rasch wie möglich. Das ist keine Routinebesprechung. Die Malaria reading wird der Abteilung Fünf übertragen.«
    »Scheiße«, bemerkte Cavanaugh.
    »Allerdings. Aber so sind nun mal die Regeln.«
    Cavanaugh ließ sich nicht täuschen von dieser Art Fatalismus; die Sache ließ Dunbar, den Mann, der sich eisern den Regeln beugte, ganz und gar nicht kalt. Abteilung Fünf, die Abteilung für nationale Sicherheit, war zuständig für Fälle, die von ›kriminellen Aktivitäten‹ zu ›nationalem oder internationalem Terrorismus‹ hochgestuft wurden. In der Theorie arbeiteten die Agenten der Abteilung Fünf mit den jeweiligen Außenstellen zusammen, aber in der Realität waren die Abteilung-Fünf-Typen die großen Macher, und der Fall als Ganzes wurde bis ins Kleinste von Washington aus erledigt. Es war nicht mehr länger Dunbars Fall.
    Oder Cavanaughs.
    »Oh, und noch etwas«, sagte Dunbar. »Wir haben heute schon zwei Botschaften von Judy Kozinski erhalten. Sie sucht nach Ihnen. Sagt, es wäre wichtig.«
    »Okay«, seufzte Cavanaugh.
    »Das Büro hat wirklich Besseres zu tun als Ihr Privatleben zu verfolgen«, sagte Dunbar, und obwohl Cavanaugh wußte, daß es sich hierbei nur um Gereiztheit gegenüber der Welt im allgemeinen handelte, hinterließen Dunbars Worte doch einen Stachel.
    »In Ordnung«, sagte Cavanaugh, »ich kümmere mich darum. Und ich komme, so rasch ich kann.« Wie spät war es eigentlich?
    Es war neun Uhr, aber dank Marcys schweren Samtvorhängen – dem absoluten Gegensatz zu Judys grob gewebtem Leinen in dem perfekt rustikalen Haus am Ufer des Patuxent – herrschte immer noch nächtliche Schwärze im Zimmer. Ach Gott, Judy! Neun Uhr, und schon zwei Botschaften! Und dazu die Abteilung Fünf … die Kerle würden wie die Straßenwalzen über die lokalen Agenten hinwegfahren. Das war allein Schuld der Medien mit ihrem ewigen hysterischen Geschrei, das FBI sollte doch endlich etwas unternehmen, etwas unternehmen, etwas unternehmen … und das Hauptquartier hatte klein beigegeben. Vielleicht hatte sogar Dunbar etwas damit zu tun. Schließlich hing die dienstliche Beurteilung Leitender Special Agents unter anderem auch davon ab, wie gut oder schlecht ihre Dienststellen mit der Presse fertigwurden.
    Er flitzte durch Marcys Apartment, und innerhalb von fünf Minuten hatte er Zähne geputzt und das Hemd gewechselt und rannte zum Wagen, während Abigail traurig hinter ihm herbellte. Er würde unterwegs die Nachrichten im Radio hören und dabei erfahren, was an frischem Horror über Nacht ausgebrochen war, und dann würde er während der ersten Besprechungspause Judy anrufen … Abteilung Fünf. Scheiße. Scheiße. Scheiße. Von jetzt an würde er keine Gelegenheit mehr haben, irgend etwas zu tun, das man ihm nicht ausdrücklich aufgetragen hatte. Wenn die Abteilung Fünf ins Spiel kam, dann übernahm sie die Partie. Was die Typen dort wollten, bekamen sie. Zwei Agenten auf jeder winzigsten Spur, bevorrangte Laboruntersuchungen, Flugzeuge, Zeugenladungen und Haftbefehle innerhalb von zehn Minuten um vier Uhr morgens … Bei einem öffentlichkeitswirksamen Fall wie dem die nationale Sicherheit bedrohenden Terrorismus kam der Rest des FBI einfach zum Stillstand. Jetzt würde die Malaria reading ganz gewiß ernst genommen werden. Was natürlich ohnehin Cavanaughs wichtigstes Anliegen gewesen war.
    Oder?
    Lieber Gott, verschone uns wenigstens mit einem dieser hochnäsigen Verhaltensprofilisten aus Quantico, die meinen, sie könnten Verbrechen aufklären, ohne selbst auch nur an eine einzige lausige Tür zu klopfen!
     
    Die Besprechung war gerade beim Verhaltensprofilisten aus Quantico angelangt, als Cavanaugh in den Raum stürzte. Man wurde einander bekannt gemacht, und Doktor Arnold Gissing fuhr fort mit seinen Ausführungen.
    »So sieht also die wahrscheinlichste Charakterisierung aus«, sagte Gissing, und alle außer Cavanaugh begannen zu lesen. Cavanaugh war immer noch außer Atem und

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