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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Haufen. Die Mitglieder warfen Steine in das Fenster eines Sechsjährigen, auf dessen Sims eine Menorah stand, in das Fenster eines schwarzen Kandidaten für die Legislative des Bundesstaates, in das Fenster einer weißen Krankenschwester der öffentlichen Gesundheitspflege, die Hausbesuche bei Schwarzen machte. Sie stopften haßerfüllte Pamphlete in Hausbriefkästen, kritzelten Graffiti auf öffentliche Gebäude und terrorisierten ein gemischtrassiges Schülerpärchen. Die Festnahmegründe der Schlüsselfiguren des ›Weißen Maryland‹ waren so bunt gemischt, wie der Geifer, den sie absonderten, monoton war: Belästigung, tätlicher Angriff, Diebstahl, Betrug, Unruhestiftung, tätlicher Angriff auf einen Polizeibeamten, Mitführen einer verbotenen Waffe, Verstoß gegen das Drogengesetz, Verstoß gegen die Bewährungsauflagen, ja sogar Vergewaltigung. Aber nirgendwo konnte Cavanaugh einen Hinweis auf Genmanipulation oder auch nur die Fähigkeit dazu entdecken.
    Nicht etwa, daß er das erwartet hätte. So sahen die Gruppen nicht aus, die gemeint waren, als er Dunbar gegenüber die Einzeltätertheorie als lächerlich bezeichnet hatte. Und Dunbar wußte seinerseits genau, daß solche Gruppen nicht gemeint waren. Dunbar war nur ›sorgfältig‹ – einerseits, weil er ein sklavischer Befolger der Dienstvorschriften war, und andererseits der Presse wegen. Jene Gruppen, die Cavanaugh gemeint hatte, wurden vermutlich von Washington selbst durchleuchtet: russische Hardliner, iranische Kriegshetzer, deutsche Neonazis, Südafrikaner, die an die Überlegenheit der weißen Rasse glaubten und über das Ende der Apartheid verärgert waren, Südamerikaner, die tiefen Groll gegen die Vereinigten Staaten hegten. Dazu kamen die einheimischen Betreiber von Insektenforschung und die Gentechnikfirmen. Mit einem Wort, die ganze Schokoladeseite des Kuchens, von der Cavanaugh voller Neid nur bei den Konferenzen in Baltimore etwas zu hören bekam.
    Seton walzte großspurig in das winzige Büro in Leonardtown, das sie sich teilten. »Habe heute mit einer Reporterin gesprochen. Dem Mädel von der Sun. Die die Sache publik gemacht hat.«
    »Libby Turner«, sagte Cavanaugh automatisch. »Ich dachte, alle Kontakte mit der Presse sollten über die Mediensprecher in Baltimore oder Washington gehen.«
    »Ja, schon, aber ich habe ja nichts gesagt, was denen nicht recht sein könnte. Ich muß doch in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten! Nächstes Jahr werde ich pensioniert, und ein gewisser Bekanntheitsgrad kann einer zweiten Karriere nicht schaden.«
    »Und was für eine zweite Karriere könnte das sein?« Cavanaugh interessierte es eigentlich nicht im mindesten, aber er durchforstete gerade die Web-Seiten seiner radikalen Freunde im Internet, und das Gewäsch dort war noch deprimierender und eintöniger als Seton.
    »Bin noch unentschlossen.« Seton riß die Hülle vom nächsten Schokoriegel und ließ sie einfach in den handbreiten Spalt zwischen den beiden Schreibtischen fallen. Was für ein elender Schlampsack! Jeden Abend sammelte Cavanaugh seine leeren Dorito-Packungen auf, die Coladosen, die vollgerotzten Papiertaschentücher.
    »Würden Sie das bitte in den Mülleimer werfen!«
    »Na klar, Mann«, sagte Seton, machte aber keine Anstalten dazu. »Haben Sie im Internet was gefunden, bei dem es sich lohnt, näher hinzusehen?«
    Cavanaugh unterbrach das Abrollen der Bilder auf dem Computerschirm und sah Seton an. »Warum? Wollen Sie mir am Ende helfen?«
    »Leider, kann ich nicht. Habe einfach zuviel um die Ohren mit meinen Pax-River-Informanten. Obwooooohl …« Er zog das Wort in die Länge und sah Cavanaugh erwartungsvoll an.
    »Obwohl was, Seton?«
    »Obwohl Sie überrascht wären, wie manche Fälle miteinander vernetzt sind. Und was man von Informanten erfahren kann, die nicht wissen, was sie unbewußt preisgeben.«
    Cavanaugh erstarrte. »Sie haben etwas über Malaria reading, Seton? Los, her damit.«
    »Keine Chance. Das ist meine Spur. Und ich bin der Boss, wissen Sie noch? Ach, da fällt mir ein, wie kommt es, daß Judy nicht schon angerufen hat, wie sonst immer? Daß Sie auf dem Heimweg Milch einkaufen oder Judy irgendwo auf einen traulichen kleinen Drink treffen sollen? Ist Ihr häusliches Paradies zerbröckelt?«
    »Lecken Sie mich, Seton.« Das war etwas, das Cavanaugh üblicherweise nicht in den Mund nahm, aber Seton schaffte es, ihn dazu zu provozieren. Demonstrativ drehte er seinen Stuhl wieder zum Computer zurück. Aber

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