München Manhattan #1
nicht. Natürlich versteht sie warum Kristin am Boden zerstört ist, aber ein Mann, der so was bei Tiffany auf der Fifth Avenue abzieht … Was würde sie dafür geben, einmal so etwas zu erleben.
Zu Tiffany’s in den 4. Stock. In diesem wunderschönen Aufzug mit dem livrierten Liftbediener, der den Kunden mit einer schweifenden Handbewegung den Eintritt in das funkelnde Reich der Tiffany-Träume gewährt. Und dann dieser Showroom.
Kristin hatte damals erzählt, wie sie wie ferngesteuert auf diese eine Vitrine zugesteuert war. Auf die Vitrine mit den Verlobungsringen.
Die Verkäuferin – super nett – hatte gefragt ob sie etwas Spezielles suchten. Nein, sie wollten sich nur umschauen, hatten Peter und Kristin geantwortet.
Eigentlich hatte es Peter ja auch nicht so mit Schmuck. Aber als Kristin dann doch mal nach dem Preis des dicksten Brillis in der Vitrine gefragt hatte – natürlich nur aus Neugierde – war er dann auch einen Schritt näher getreten. 600.000 hatte die Verkäuferin gehaucht.
„600.000 Dollar? Für einen Ring?“, hatte Peter ausgerufen. Kristin wäre damals am liebsten im Boden versunken. So erzählt sie es zumindest immer.
Und dann hatte die Verkäuferin gefragt ob sie nicht vielleicht eher diesen hier anprobieren möchte und hatte ihr den wohl exquisitesten Verlobungsring, den sie je gesehen hatte, hingehalten.
Den Setting-Ring - die Mutter aller Verlobungsringe in der ursprünglichen runden Fassung. Durch die sechs Krabben, die den Diamanten hielten, war er erhöht und durch den Lichteinfall erhielt er die schönste Brillanz, die man einem Stein nur geben kann.
Auf einmal hatte Peter neben ihr gestanden, hatte den Ring aus der schwarzen Samthalterung gelöst, war vor Kristin auf die Knie gefallen und…
Bei dem Gedanken muss Susanna seufzen. Was für ein Antrag!
„Nächster Halt Odeonsplatz “, ertönt es aus dem Lautsprecher.
***
ITALIENISCHER ROTWEIN
MÜNCHEN. 10 MINUTEN SPÄTER.
Kristin blickt auf ihren Ring. Susanna steht gerade in der überfüllten San Francisco Coffee Company für die Latte Macchiati an, und sie hat einen Moment für sich.
Diese Reise wird sie nie vergessen. Sie gehört zu ihren schönsten und wertvollsten Erinnerungen. Eine Woche Toskana.
Es war im September vor acht Jahren gewesen. Sie und Peter waren eine Woche lang mit dem Auto durch die Toskana gefahren. Unbeschwert und so verliebt. Sie waren durch verschlafene Ortschaften geschlendert und hatten in einfachen Trattorias gegessen.
Am liebsten waren ihnen diejenigen gewesen, die gar keine Speisekarte hatten. Fernab von den ganzen Touristenkneipen.
Wo die Mama in der Küche stand und es keine große Auswahl gab. Eine Vorspeise, dann eine Sorte Pasta und danach einen Hauptgang mit Salat. Dazu wurde der Rotwein auf den Tisch gestellt und man bezahlte was getrunken wurde. Bei einem dieser Mittagessen in der Nähe von Greve – in einer Kneipe, die hauptsächlich von einheimischen Arbeitern besucht war – hatte Peter ihr von dem Angebot seiner Bank erzählt, nach New York gehen zu können. Ihr war damals in ihrer ganzen Verliebtheit kurz das Herz stehen geblieben.
Mitten in dieser romantischen Reise offenbarte er ihr, dass er sie verlassen würde. Denn darauf würde es ja wohl hinauslaufen. Wie sollte eine Liebesbeziehung zwischen Deutschland und New York funktionieren?
Sie hatte sich aber nichts anmerken lassen. Irgendwie hatte sie es geschafft, begeistert zu klingen und sich mit ihm für diese große Chance zu freuen. Vielleicht war es auch der Rotwein gewesen, der sie davor bewahrt hatte, mitten in dieser Trattoria vor allen Gästen in Tränen auszubrechen.
Sie wollte die fröhliche immer gutgelaunte attraktive Kristin sein, in die sich Peter verliebt hatte. Sie wusste, dass er Karriere machen wollte und hatte gehofft, an seiner Seite zu bleiben. Aber wenn sie auf seine Ankündigung eine Szene hingelegt hätte, dann hätte sie ihn verlieren können. Dieses Risiko hatte sie nicht eingehen wollen, denn sie hatte ihn damals schon so sehr geliebt. Vielleicht immer ein bisschen mehr als er sie.
Sie hatte natürlich vor Peter schon andere Beziehungen gehabt. Aber nie war einer dabei gewesen, mit dem sie sich hätte vorstellen können, für immer zusammen zu bleiben. Keiner, den sie wirklich geliebt hatte. Mit Peter war das anders. Auf einmal war alles anders gewesen. Sie hätte sich ihm am liebsten an den Hals geworfen und ihn angefleht, sie mitzunehmen. Wenn es New York war –
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