München Manhattan #1
kann mir das nicht anders erklären.“
„Und was sollen wir jetzt tun?“
„Schatz, frag mich das nicht jetzt. Ich habe keine Ahnung. Was machen denn die ganzen anderen gekündigten Investmentbanker?“
Und Peter greift wieder nach seiner Bierflasche. Kristin erhebt sich und geht wieder zu ihren Tüten. Sie sollte ihn heute Abend besser in Ruhe lassen. Er muss erstmal selber mit der Kündigung klarkommen.
Wenn sie ihm jetzt mit Existenzängsten kommt, platzt hier nur gleich eine Bombe. Apropos Bombe. Da fällt es ihr siedendheiß wieder ein. Susanna! Sie geht wieder zurück ins Wohnzimmer.
„Sag mal Peter, hast du heute mit Susanna gesprochen?“
„Nein, wieso?“
„Sie kommt heute Abend um 19 Uhr 35 in New York an.“
„Was? Was soll das denn?“
„Weiß ich auch nicht. Sie hält es wohl zuhause nicht mehr aus.“
„Ach je. Das war ja zu befürchten. Aber sie hätte uns ja mal vorwarnen können.“
„Holst du sie vom Flughafen ab?“
„Vergiss es, ich habe schon einen Whiskey und drei Bier getrunken. Ich fahre heute nirgendwo mehr hin.“
Und da bleibt doch wieder alles an ihr hängen. Elisa muss sie in einer halben Stunde vom Ballett holen, vorher die Einkäufe auspacken und das Abendessen vorbereiten. Und dann auch noch Peters Schwester vom Flughafen holen. Kurz mal an den JFK Flughafen fahren. Na super.
***
MATRATZENLAGER
MANHATTAN. MONTAG 22 UHR
Anna und Tom sind auf dem Rücksitz von Kristins Audi Q7 eingeschlafen. Es ist zehn Uhr abends am Flughafen. Kristin könnte schreien. Obwohl Susanna natürlich nichts dafür kann, dass die Passkontrolle noch länger gedauert hat als sonst.
Kristin kann ihren Ärger über den am Flughafen verschwendeten Abend fast nicht verstecken. Zu viele Dinge spuken ihr im Kopf herum: Peters Job, ihre Gefühle für Steve, die ganze Verwicklung mit Charlotte … Und jetzt auch noch ein Hausgast mit zwei Kindern!
Aber, dass eine Mutter mit zwei Kindern lediglich mit einer Handtasche und einem Buggy nach New York reist – das war dem Zollbeamten suspekt vorgekommen.
Als er angefangen hatte sie auszufragen, konnte Susanna natürlich alle notwendigen Angaben machen. Die Adresse ihres Bruders konnte sie auswendig, ihre Reiseunterlagen waren in Ordnung. Ein Glück hatte sie schon Anfang Dezember das Online ESTA-Formular für sich und die Kinder ausgefüllt. Damals hatte sie ja eigentlich geplant, Kristin zu ihrem Geburtstag zu überraschen und das Ganze mit ein bisschen Christmas-Shopping im verzauberten, vorweihnachtlichen New York zu verbinden.
Aber Kristin war damals in der Galerie total eingespannt gewesen und Peter hatte durchblicken lassen, dass ein Besuch keine gute Idee wäre.
Eine Stunde hatte sie in dem abgeschirmten Wartebereich sitzen müssen, bis den Beamten das Geheule des völlig übernächtigten Tom mächtig auf die Nerven gegangen war und sie schroff aus dem Grenzgewahrsam entlassen wurde.
Wenn Susanna nur nicht diesen schmolligen Kleinkind-Gesichtsausdruck mimen würde! Wenn sie wenigstens sagen würde was los ist!
Eine Antwort auf die Frage „Was ist denn passiert, meine Liebe?“ kann man ja wohl noch erwarten, oder? Aber nein. Wenn es Prinzessin Susanna nicht gut geht, dann hat sie einfach nicht die ‚Kraft’ um jetzt darüber zu reden. Das ist schon immer so gewesen.
Kristin fädelt sich durch das Bridge and Tunn l e System , das Manhattan von dem Rest der Welt abschirmt. Nach all den Jahren ist Kristin stolz darauf, sich wie eine richtige New Yorkerin zu fühlen.
Was bin ich meiner Schwägerin nur für eine schlechte Freundin. Hier geht es doch nicht um ein bisschen Schmollen. Etwas Schreckliches muss passiert sein. Warum sonst würde Susanna – vor allem so kurz nach der ganzen schrecklichen Geschichte mit Anna – spontan ohne Gepäck nach New York abhauen? Anders als abhauen kann man das doch nicht bezeichnen.
„Es tut mir leid, dass ich euch so überfalle“, sagt Susanna.
Kristin weiß nicht was sie sagen soll, also nimmt sie einfach Susannas linke Hand und drückt sie fest. Susanna macht die Augen zu und lehnt den Kopf gegen das Fenster.
Am Ende ist wahrscheinlich doch was dran an dem Spruch ‚Blut ist dicker als Wasser’. Soll sich Peter doch drum kümmern. Schließlich ist es seine Schwester.
Kristin macht ein bisschen Musik an und gibt sich ihren eigenen Gedanken hin. Eine Stunde später sind sie dann endlich an der Wohnung angekommen.
Susanna fällt ihrem Bruder in die Arme.
„Peter! Ach,
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