Murray, Paul
einer mit der alten Mühle von deinem Dad rumkurvt, Charlie.«
»Danke,
das seh ich auch.« Weißblauer Qualm quoll fröhlich aus dem Auspuffrohr des
flaschengrünen Mercedes, der auf dem Rasen langsam im Kreis fuhr. »Was bildet
der sich ein?«
»Hey,
hallo! Hallo, Hythloday!« Wir wurden empfangen von einer Gestalt, die eine
Tweedmütze und eine altmodische Rennfahrerbrille aus Leder trug.
»Das ist
Harry«, sagte Frank düster. »Schwuchtel.«
»Einfach
ignorieren«, sagte ich. »Idiot - seit Zwanzig Jahren hat keiner mehr den Wagen
aus der Garage geholt. Geschieht ihm ganz recht, wenn er ihm um die Ohren
fliegt.« Ich lehnte mich zurück und schaute voller Hass auf den Rasen. »Der
nimmt sich vielleicht was raus. Schau dir bloß die lächerliche Brille an. Was
glaubt der, wer er ist, der Rote Baron?«
Wir
verfielen in übellauniges Schweigen und fuhren weiter bis zum Säulengang, wo
wir ausstiegen, den Rollstuhl aus dem Laderaum wuchteten und ihn vor die
Stufen stellten. Meine Hausschlüssel waren vor ein paar Wochen zwischen den
Rückenpolstern von Franks Couch verschwunden, dem Bermudadreieck der Wohnung.
Aber wenn ich mich recht erinnerte, dann hatte Mrs P noch einen Ersatzschlüssel
unter dem Goldregen versteckt. Ich tappte auf Händen und Knien auf dem Boden
herum, als hinter mir der Motor angelassen wurde. »Was soll das?«, sagte ich.
Frank hatte sich wieder hinters Steuer gesetzt. »Kommst du nicht mit rein?«
»Nein.« Er
schüttelte den Kopf. »Ich mach mich besser wieder an die Arbeit.«
»Aber es
ist Sonntag«, sagte ich. »Willst du nicht wenigstens auf eine Tasse Tee
bleiben?«
»Nein, mir
ist da grad noch was eingefallen, was ich unbedingt noch erledigen muss.«
»Kann das
nicht noch etwas warten? Wir können den verdammten Rollstuhl nicht einfach da
stehen lassen, los, komm, hilf mir beim Reintragen.« Er trat aufs Gaspedal, und
der Motorenlärm verschluckte meine Stimme. Dann rollte er rückwärts die
Einfahrt hinunter. »Herrgott noch mal, sie wird dich schon nicht beißen«, rief
ich ihm hinterher. »Und wie soll ich dann nach Hause kommen?« Zu spät. Er
setzte den Blinker und bog vorsichtig in die Straße ein. Eine Augenblick lang
wünschte ich, ich wäre mit zurückgefahren.
Ich
verfluchte ihn und machte mich wieder auf die Suche nach dem Schlüssel.
Sekunden später, den Schlüssel hatte ich immer noch nicht gefunden, hielt
tuckernd der ehrwürdige Mercedes neben mir.
»Hallo,
Charles!«, sagte Harry und stieg aus. »Lange nicht gesehen!«
»Nicht
ohne Grund, du Idiot«, brummte ich leise vor mich hin.
»Was?«
Ich
richtete mich auf und warf ihm einen kühlen, tadelnden Blick zu. Seine
ärgerliche Frisur sah schlimmer aus denn je, aber die revolutionäre Garderobe
hatte er anscheinend ausgetauscht. Statt der Nahkampfhose trug er Beinkleider
aus robustem Tweed, und die öde bäuerliche Jacke war durch eine Weste mit einer
abscheulichen aztekischen Applikation ersetzt worden. »Was denkst du dir
eigentlich dabei, einfach mit dem Wagen rumzufahren?«, sagte ich.
»Hab mir
gedacht, ich dreh eine kleine Runde«, sagte er milde. »Ist doch eine Schande,
so ein herrliches Gefährt in einer stickigen alten Garage einzusperren.«
»Der Wagen
ist ein Museumsstück«, sagte ich. »Der ist nicht zum Fahren.«
»Jetzt
mach aber mal halblang«, sagte er lachend. »Natürlich ist er zum Fahren da.
Dafür werden Autos gebaut, und nicht, um unter einer Plane zu vergammeln.« Er
strich zärtlich mit seiner behandschuhten Hand über die flaschengrüne Seite.
»Schnurrt immer noch wie ein Traum. Musste bloß mal ein bisschen durchgepustet
werden.«
»Wie auch
immer«, sagte ich mit scharfer Stimme. »Ich sage dir hiermit, dass der Wagen
ein antikes Stück von unschätzbarem Wert ist und dass ich es lieber sähe, wenn
du es in Ruhe lässt.«
»Wie du
willst«, sagte er achzelzuckend.
Ich kehrte
ihm den Rücken und suchte unter dem Blumentopf weiter nach dem Schlüssel.
»Wenn du
den Schlüssel suchst, der ist da nicht mehr«, sagte er.
Langsam,
mit zusammengebissenen Zähnen, stand ich wieder auf.
»Aber
keine Angst, ich kann dich reinlassen. Ach ja, du hast ja unsere neuen
Mitbewohner noch gar nicht kennen gelernt, oder?«
»Was, noch
mehr Unterprivilegierte?«, sagte ich abschätzig.
»Wart eine
Sekunde.« Er lief zu dem Gestrüpp neben der Garage und schnalzte ein paarmal
mit der Zunge.
»He, wart
mal, ich bin ziemlich in Eile und ...« Dann fiel mir die Kinnlade herunter; aus
dem
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