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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Beleuchtung oder bunten Lichterketten doch sehr eigenartig wirkt. Nicht mal Elena fühlte sich angesprochen. »Das ist einfach zuviel des Guten.«
    Die Huber-Maria kam auch wieder ins Schwimmen. »Schildle hätten ’s aufstellen müssen, wo man weiß, daß man vor dem richtigen Altar steht.« Die mitgebrachte Kerze spendete sie den Griechisch-Orthodoxen. Bei den Katholiken waren wir schon vorbei, und Maria glaubte nicht, daß sie den Altar wiederfinden würde.
    Endlich draußen, sprach mir Ännchen zum erstenmal aus der Seele. »Des isch do drin wie bei uns of’m Stuagarder Weihnachtsmarkt, wo mä von Ständle zu Ständle geht und alles oguckt. Bloß des do koi Musisch do war.«
    »Wo ist denn Menachem abgeblieben?« Seit seinem Vortrag über die Entstehung der Kirche hatte ich ihn nicht mehr gesehen.
    »Der ist Kaffee trinken gegangen«, sagte Frau Marquardt, »und wenn es nach mir ginge, würde ich am liebsten das gleiche tun.« Ein sehr vernünftiger Vorschlag, gegen den auch niemand etwas einzuwenden hatte. »Dann treffen wir uns in einer Stunde wieder an dieser Stelle.«
    »Wo kriege mä denn jetzt än Kaffee?«
    Das allerdings fragte ich mich auch. Cafés, wie wir sie kennen, findet man in Jerusalem nur in der Neustadt, sonst gibt es die als ›Bar‹ bezeichneten Etablissements, die zwar keine sind, bei Uneingeweihten jedoch falsche Vorstellungen erwecken. Das ist so ähnlich wie in Italien. Jede Pinte, in der eine Espressomaschine steht, heißt Bar.
    Der Troß schwenkte nach links, weil Herr Terjung sich erinnerte, dort irgendwo Tische und Stühle gesehen zu haben, Irene zog mich nach rechts. »Ich hab’ da gestern etwas entdeckt. Wenn ich mich nicht sehr irre, ist das ein Restaurant gewesen.«
    Wieder tauchten wir in ein Gewirr von Gäßchen, dann ging es eine Treppe hinauf, und dort, umgeben von uralten Mauern und Blumenkübeln, standen auf einem Hof Tische mit bunten Sonnenschirmen.
    Während wir auf unseren Tee und die Omeletts warteten, wollte Irene wissen, weshalb ich vorhin so plötzlich verschwunden gewesen sei.
    »Ich war nicht verschwunden, ihr habt mich ganz einfach vergessen!«
    Auf einmal lachte sie laut los. »Du hast richtig was versäumt! Heini hat jede Kapelle und jeden Gedenkstein auf der Via Dolorosa fotografiert; wie er das bei dem Gedränge geschafft hat, ist mir sowieso ein Rätsel. Jedenfalls ist er bei dem Versuch, den richtigen Blickwinkel zu finden, immer weiter rückwärts gegangen und schließlich in einem Berg von Kochtöpfen gelandet. Was dann kam, war die perfekte Demonstration einer Kettenreaktion. Die übereinandergetürmten Pötte kippten nach hinten gegen ein Regal mit Blechtellern, das knallte an ein Brett, auf dem lauter Kupferkannen standen, die sind natürlich alle quer durch den Laden gesegelt, und eine davon ist in einer großen Zinkwanne gelandet. Da lagen aber haufenweise Plastikfrösche drin, du kennst ja dieses Kinderspielzeug sicher auch, und die Dinger haben in der Wanne verrückt gespielt und sind überall herumgehüpft. Du kannst dir nicht vorstellen, was da losgewesen ist! Erst der Höllenkrach, dann der empörte Ladenbesitzer, der gleich nach der Polizei gebrüllt hat, Heini wie ein gestrandeter Maikäfer zwischen dem ganzen Blechkrempel und davor eine grölende Menschenmenge.«
    »Ist viel kaputtgegangen?«
    »Überhaupt nichts, war ja alles aus Metall. Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß es Beulen gegeben hat. Heini hat auch eine. Mitten auf der Stirn! Zum Glück ist ihm nur ein Blechteller draufgeknallt!« Irene fing schon wieder an zu kichern. »Ännchen hat ihren Mann bereits im Gefängnis gesehen, aber Menachem hat die Sache wohl hinbiegen können. Jedenfalls hat Heini ein paar Scheine aus der Tasche gezogen, Ännchen hat aus lauter Dankbarkeit eine Vase gekauft, ein selten scheußliches Stück, und Gregor hat ohne Ende fotografiert.«
    »Warum passiert so etwas immer dann, wenn ich nicht dabei bin?«
    »Du hättest eben nicht auf Männerfang gehen dürfen. Oder wer war die Kugel, die vorhin neben dir hergerollt ist?«
    »Auch ein Verlorengegangener. Wir haben uns bloß gemeinsam auf die Suche gemacht.«
    Die Omeletts kamen, dazu zwei große Salatteller und ein Körbchen mit dem unerläßlichen Fladenbrot.
    »Sitzen wir jetzt eigentlich in einem jüdischen oder in einem arabischen Lokal?«
    »Keine Ahnung«, sagte Irene, »ist doch auch völlig wurscht. Mir schmeckt’s.« Sie fing schon wieder an zu lachen. »Ist dir auch aufgefallen, daß

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