Muttersohn
seinem Team, das sofort alles filmen wollte, verboten, von diesem Vorfall irgendwelche Aufnahmen zu machen.
Aus dem Quartier der Jollynecks im Pfrungener Wald verlautet, dass der Club sich, als die Nachricht dort eintraf, sofort aufgelöst habe.
Erwin Hünermann, der im Club Zweistein hieß und als Sprecher des Clubs fungierte, sagte dieser Zeitung, das Motiv für die Tat sei enttäuschte Liebe gewesen, also Verzweiflung.
Erste Wirkungen Percys
(opi) Konstanz. Was die Polizei zur Aufklärung des Verbrechens im Schindelwald tun konnte, hat sie getan. Aber die Menschen ließ, was da am Weihnachtstag geschehen ist, nicht in Ruhe. An Anton Percy Schlugens Beerdigung in Merklingen haben Tausende teilgenommen. Auch Prominenz fehlte nicht: der Dokumentarfilm-Regisseur Fred Friedrich; der Leiter des PLK Scherblingen Professor Dr. Heinfried Bruderhofer; die Leiterin der Akademie für Unvollendete auf der Insel Rheinau Frau Elsa Frommknecht. Und eben viel mehr Trauernde, als der Friedhof habe fassen können. Es sprachen die Geistlichen Pfarrer Weimer, Scherblingen, und Pfarrer Studer, Merklingen. Pfarrer Weimer berichtete, er habe die traurige Pflicht gehabt, der Mutter mitzuteilen, was passiert sei. Darauf die Mutter, das sei typisch Percy. Keine Angst, habe die Mutter gesagt, der kommt wieder. Sie kenne ihren Percy: Der verschwindet, und auf einmal ist er wieder da. So die in besonderen Zuständen in einem Heim lebende Mutter.
Das ebenso anmutige wie rücksichtsvolle Rätsel, mit dem Anton Percy Schlugen sein Zurweltkommen umgeben habe, sein furchtbarer Tod und der durch nichts zu erschütternde Glaube seiner Mutter, das gebe unserer Trauer einen hellen Ton. Pfarrer Studer nahm das auf. Für ihn sei Anton Percy Schlugen immer ein Sonnenaufgang gewesen, Morgenröte, ein reines Lichtversprechen. Dass dann die Welt mit Anton Percy Schlugen auf ihre Weise verfahren sei, dürfe einen nicht wundern, aber wie ein Wunder dürfe es einem vorkommen, dass es Anton Percy Schlugen überhaupt habe geben können. Dafür bleibe er dankbar, wenn er auch, um es in Percys Sprache zu sagen, nicht sagen könne, wem.
Am Tag nach der Beerdigung feierte die Akademie für Unvollendete in der Klosterkirche Sankt Maria auf der Insel Rheinau das Andenken an Anton Percy Schlugen. Ein alles in die Nähe reißender Föhntag spendete seine stürmische Wärme. Die goldenen Posaunen der beiden Engel auf den Kirchtürmen spendeten die höchsten Töne. Es wurde gesungen
Der Abend
von Richard Strauss nach einem Text von Schiller. Elsa Frommknecht hatte die vier Stimmen hundertfach besetzt und die Sängerinnen und Sänger in der ganzen Kirche verteilt. Sängerinnen und Sänger aus dem Thurgau, aus Vorarlberg, aus Oberschwaben und aus dem Elsass. Alle angetan mit einem silbernen Schal, die Leiterin selbst in einem silbernen Kleid. Die Stimmen brachten die Prachtskirche Sankt Maria zum Schweben. Jedes Jahr will Elsa Frommknecht dieses Stimmwunder an Anton Percy Schlugens Todestag in Sankt Maria aufführen. Jedes Jahr mit noch mehr Stimmen. Bis es endlich keine Zuhörer mehr gibt. Nur noch Singende.
Jetzt fehlt noch die letzte Aussage Massimo Attanasios, der erwarten konnte, Anton Percy Schlugen gegen Mittag am vereinbarten Treffpunkt vorzufinden. Der vor 23 Jahren eingewanderte Sizilianer hat, bevor er Hausmeister jener Akademie auf der Insel wurde, in Scherblingen mehrere Handwerke ausgeübt. Professor Feinlein, damals Chef des PLK Scherblingen, hat ihn für alle anfallenden Arbeiten in sein Haus geholt. Sogar zum Haareschneiden. Eines Tages bringt der Professor den Pfleger Anton Percy Schlugen mit. Der will auch die Haare von Massimo geschnitten haben. Und kommt von da an alle vier Wochen in das Haus des Professors. Massimo Attanasio habe, sagt er heute, nie mehr einem Menschen die Haare geschnitten, der ihm, dem Haarschneider, so glaubhaft sagen konnte, wie wohltuend das sei, von ihm die Haare geschnitten zu bekommen. Immer wenn Anton Percy Schlugen zum Haarschneiden gekommen sei, sei es ein Glückstag für Massimo gewesen. Ein Festtag. Wenn er ihm im Frühjahr die Haare im Garten geschnitten hat, konnte der sagen: Heute singen die Vögel lauter, als sie können.
Einmal habe Massimo Attanasio dann doch gefragt, warum es für Anton Percy so wohltuend sei, dass er, Massimo, ihm die Haare schneide. Und Anton Percy, den alle damals Percy nannten, sagte: Weil ich bei dir, solange du schneidest, in keinen Spiegel schauen muss. Beim Friseur vor dem
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