Myriams letzte Chance
sie ihn unter dem Stuhl.
Ihr Herz schlug schneller, als sie durch den Flur nach drauÃen eilte. Zu dumm, sonst war sie vor Wettkämpfen genauso cool wie vor Klassenarbeiten oder anderen Prüfungen. Aber diese blöde Verkleidung verunsicherte sie total. Zumindest konnte sie endlich mal nachempfinden, wie sich die anderen vor Tests immer fühlten. âWieso hab ich mir bloà dieses Flamenco-Outfit aufschwatzen lassen?â, murmelte Myriam. Aber es gab kein Zurück mehr. Sie musste raus.
Auf der Treppe vor dem Haus stieà sie fast mit Tom zusammen. Er blieb wie angewurzelt stehen und starrte sie an.
âWas?â, fragte Myriam genervt.
âMein Gott, Myriamâ, meinte er. â Du bist das! Ich hätte dich fast nicht erkannt. Du siehst ja aus wie â¦â
âWie was?â, fragte sie ungeduldig, als er nicht weiterredete.
âWie ⦠eine Frau. Ich meine natürlich â¦â Jetzt verlor er vollends den Faden. Machte er sich über sie lustig?
Myriam starrte ihn misstrauisch an.
Tom wurde rot. Er wurde rot!
âAlso, äh. Ich finde, du siehst richtig gut ausâ, stieà er dann hervor.
Jetzt war sie es, die keine Worte fand. Themawechsel, dachte sie, so schnell wie möglich. âDu ⦠äh ⦠wann bist du denn dran?â
âDirekt nach dir.â
Puh! Das bedeutete, dass er sich umziehen musste und ihr nicht zuschauen konnte. Er würde nicht mitbekommen, wie sie sich im Roundpen zum Narren machte.
âDa bist du ja, Tom! Mann, ich such dich schon die ganze Zeit!â Ella kam über den Hof auf sie zugerannt. âWir müssen unser Pattern noch mal absprechen!â
âIhr reitet zusammen?â, fragte Myriam. Natürlich, Tom und Ella waren ja ein Paar. Genau wie Hannah und Hannes, und Sina und Viktor. Da trat man auch gemeinsam auf.
âJa. Aber Ella bereut es schon, dass sie den Auftritt nicht allein einstudiert hatâ, meinte Tom, wobei er Ella angriffslustig ansah.
Ella schnaubte verächtlich. âAch Quatsch! Red doch keinen Blödsinn. Ich will mich nur nicht komplett blamieren.â
Während sie mit Tom sprach, starrte Ella Myriam an. Ihre Augen wanderten von der Rose über ihrem Ohr bis runter zu den Cowboystiefeln und dann wieder zurück. Als ihr Blick etwa in Kniehöhe angekommen war, hatte Myriam genug.
âIch muss jetzt losâ, sagte sie hastig.
âViel Glück!â, rief Tom ihr nach.
Zum Abschluss des Workshops gab es neben der Pferdeweide ein groÃes Lagerfeuer. Sie grillten Stockbrot, Würstchen und Marshmallows.
Vor dem Essen hielt Sue eine kleine Rede. Sie bedankte sich zuerst bei Sarah und dann bei allen Teilnehmern. âIch bin irre stolz auf euchâ, erklärte sie. âYou were just great.â
âIch bin auch stolzâ, sagte Sarah. âAls ich vorgestern ankam, hätte ich nicht im Traum gedacht, dass wir in so kurzer Zeit so weit kommen könnten.â
âUnd ich hätte nicht gedacht, dass wir so viel Spaà mit Ihnen haben könnten.â Das kam natürlich von Tori.
Sarah grinste. âIch weiÃ. Am Anfang wirke ich oft ein bisschen hart. Aber nach einer Weile finden mich die meisten Schüler dann doch ⦠erträglich.â
âErträglich?â, rief Ayla. âWir finden Sie groÃartig! Ein Toast auf Sarah!â Sie hob ihr Colaglas hoch. âHipp, hipp â¦!â
â⦠hurra!â, fielen die anderen ein. âHoch soll sie leben!â
âIch bin noch nicht ganz fertigâ, fuhr Sue fort. âIch wollte noch jemandem danken.â Ihr Blick suchte die Runde um das Lagerfeuer ab, bis sie April entdeckte, die zwischen Myriam und Sarah saÃ. âApril. Ich bin so froh, dass du hier bist. Ohne dich, deinen Einsatz und deine Begeisterung hätte es diesen Workshop nicht gegeben. Thank you very much, my dear .â
Als sie April umarmte, begannen die anderen zu applaudieren.
âHipp, hipp, hurra für April!â, schrie Ayla. âThe queen of freestyle!â
April löste sich lachend aus der Umarmung ihrer Tante. âIhr seid alle queens and kings of freestyle â, winkte sie ab. âAnd now letâs party!â
âBist du zufrieden mit deinem Auftritt?â, fragte Tom Myriam, während sie nebeneinander am Feuer saÃen und Stockbrot in die Flammen hielten.
âEigentlich schon.â Ihr Ritt war nicht
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