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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Zimmer verlassen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Was nun? Zu seiner Rechten sah er, dass in dem kleinen Zimmer, in dem Clare arbeitete, noch Licht brannte. Sie bereitete sich für eine Besprechung am nächsten Morgen vor. Sie hatte ihm gesagt, dass sie ungefähr eine Stunde lang damit beschäftigt sein würde; deshalb beschloss Tom, sie nicht zu stören. Er würde die Sache selbst durchdenken.
    Er ging zu seinem Arbeitszimmer weiter hinten im Haus.

36
    Es dauerte länger als eine Stunde, bis Clare mit ihrer Arbeit fertig war und aus ihrem Zimmer kam, um ihm Gesellschaft zu leisten. Als sie ihn weder im Wohnzimmer noch in der Küche entdeckte, ging sie zu seinem Arbeitszimmer. Noch bevor sie das Zimmer betrat, roch sie den Alkohol und riss die Tür auf. Sie konnte es nicht fassen. Tom saß an seinem Schreibtisch, vor sich eine fast leere Flasche Whisky und ein Glas in der Hand.
    »Du lieber Himmel, nun guck nicht so«, sagte er. »Das ist nicht das Ende der Welt. Außerdem habe ich einen Grund dafür.«
    »Und welchen?«
    Sie sah fassungslos zu, wie er noch einen Schluck Whisky pur trank. Sie bemerkte, wie er das Glas umklammerte, als befürchtete er, es verlieren zu können. Seine Aussprache war nicht undeutlich, und sein Blick war klar; dennoch war er ein anderer Mann als der, den sie vor ein paar Stunden allein gelassen hatte. Als wäre in seinem Innern ein Schalter umgelegt worden. In seinen Augen lag ein Trotz, der sie herausforderte, ihm all die Dinge zu sagen, von denen er wusste, dass sie angebracht wären.
    Stattdessen schaute sie ihn nur traurig an. Tränen traten ihr in die Augen. »Ich kann dir nicht helfen, Tom. Dabei nicht.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich bitte dich auch gar nicht um Hilfe. Ich versuche, mir selbst zu helfen.«
    »Aber nicht so!«
    »Doch, genau so.«
    Mit einer Geste, die erkennen ließ, wie viel Zorn sich in ihm aufstaute, schnappte er sich die Flasche und füllte sein Glas randvoll.
    »Sag mir nur, was du versuchst.«
    »Ich versuche, mich zu erinnern, wer ich war, als ich getrunken habe.«
    »Warum?«
    »Was denkst du wohl?«
    Sie sah, wie seine Hand das Glas noch fester umklammerte, und befürchtete, dass er es entweder zerbrechen oder durchs Zimmer schleudern würde.
    »Sag mir nur, was passiert ist«, bat sie ihn, »was ist in der letzten Stunde passiert? Es muss etwas geschehen sein.«
    Gierig wie ein Verdurstender nahm er einen weiteren Schluck.
    »Tom, hör auf Bitte! Dich zu betrinken nützt überhaupt nichts. Du weißt, dass es alles nur viel schlimmer macht.«
    »Versuch doch, mich zu verstehen. Ich muss es tun.«
    Er leerte das Glas, stellte es ab und stand abrupt auf, sodass sein Bürostuhl zurückgestoßen wurde, auf seinen Rollen nach hinten schoss und krachend gegen die Wand prallte. Tom schwankte leicht und stützte sich mit einer Hand auf der Schreibtischplatte ab.
    »Ist schon okay«, sagte er und wehrte mit der erhobenen Handfläche ihren Versuch ab, ihm zu helfen. »Die alten Reflexe sind noch da. Es ist wie beim Radfahren, man verlernt es nie. Es geht mir gut.«
    Er atmete tief durch, straffte sich dann mit der steifen Entschlossenheit eines alten Soldaten, der sich darauf vorbereitete, noch einmal an einer Parade teilzunehmen, und machte sich auf den Weg zur Tür.
    »Wo willst du hin?«
    »Fort.«
    »Nein, geh nicht, Tom.« Sie wollte sich ihm in den Weg stellen, doch er schob sich an ihr vorbei.
    »Wenn du ausgehst, komme ich mit.«
    Tom ignorierte sie.
    »Ist das alles nur ein Vorwand, um wieder zu saufen?«, fragte sie und war selbst überrascht, wie schroff sie war und wie bitter ihre Stimme klang.
    Er drehte sich um und sah sie an, aber nur, um ihr zu zeigen, dass er sie gehört hatte. Dann ging er weiter durch den Flur und griff nach den Wagenschlüsseln, die er stets auf einem Tisch ablegte. Clare beeilte sich, zwischen Tom und die Haustür zu gelangen. Diesmal würde sie sich nicht so leicht beiseite schieben lassen.
    »Du wirst nicht fahren! Wenn du hier mit den Autoschlüsseln rausgehst, rufe ich die Polizei!«
    Tom zögerte. Dann schaute er an ihr vorbei zur Treppe. Clare folgte seinem Blick. Oben stand Julia und rieb sich verschlafen die Augen.
    »Daddy … du bist gar nicht gekommen und hast mir Gute Nacht gesagt.«
    »Doch, mein Zuckerschnäuzchen. Du warst schon eingeschlafen.«
    Julia sah ihn unsicher an. Tom legte die Schlüssel, die er gerade vom Tisch genommen hatte, wieder hin. »Es tut mir Leid«, sagte er leise zu Clare. Dann öffnete

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