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Nach dem Ende

Nach dem Ende

Titel: Nach dem Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alden Bell
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einer von uns lesen könnte.
    Sie schielt zu ihm hinüber, seine Augen sind tief in den Horizont versunken.
    Ach du Schande. Wer weiß, vielleicht kannst du ja lesen und kannst es nur nich aussprechen. So oder so, es nützt uns wenig.
    Sie findet es schade, dass in dem See da draußen niemand schwimmt. Dass da niemand ist, der so richtig Spaß hat.
    Ich meine, das is doch wirklich wunderschön hier. Ich wette, dass er auch einen schönen Namen hat. Kristallpalast oder Glitzerhimmel oder so was in der Richtung. Und ich wette, dass uns das Schild dort Auskunft geben würde, wenn wir es entziffern könnten.
    Sie seufzt.
    Nein. Du und ich, wir sind nich eingeweiht in die Geheimnisse der Sprache. Wenigstens hab ich als kleines Kind ein paar Lieder gelernt, und du kannst von Glück sagen, dass ich mit einer Engelsstimme gesegnet bin. Pass auf, Dussel, jetzt leg ich los.
    Take me out of the ball game!
    Take me out of the crowd!
    Buy me some peanuts and snapplecracks!
    I don’t care if I ever go back!
    So it’s hoot, hoot, hoot for the home range!
    If you don’t care it’s a shame!
    Cause it’s one, two, three strikes you’re out
    Of the old ball game!
    Sobald das Benzin halb verbraucht ist, stoppen sie an jeder Tankstelle, bis sie eine finden, wo die Zapfsäulen noch funktionieren. Sie mag den beißenden Kraftstoffgeruch in der Nase.
    Auf einer schmalen zweispurigen Straße kommt ihnen ein Kombi entgegen. Aus dem Fenster winkt eine Hand, und die beiden Autos halten nebeneinander, Fahrerseite an Fahrerseite. Temple lässt die Hand auf der Pistole und kurbelt ihr Fenster herunter. Vorne sitzen ein älterer und ein jüngerer Mann, hinten zwei Frauen und ein Mädchen. Das Mädchen starrt sie über die Sitze hinweg an. Sie hat einen Daumen im Mund und eine Puppe mit rußigem Gesicht unter den Arm geklemmt.
    Die Familie will über Baton Rouge nach Slidell. Sie haben gehört, dass es dort ein befestigtes Lager geben soll. In Lafayette, wo sie herkommen, wird die Lage allmählich brenzlig.
    Schläfrig und hypnotisch findet der Blick des Mädchens den Temples, und einen Moment lang schauen sie sich tief in die Augen.
    Hör mal. Der Fahrer beugt sich durchs Fenster zu Temple und senkt die Stimme. Hast du vielleicht Schrotpatronen? Wir haben nur noch eine Handvoll.
    Welches Kaliber?
    Zwölf.
    Wir haben nur zwanzig.
    Oh.
    Hey, mag die Kleine vielleicht Brombeeren?
    Hat sie noch nie gegessen.
    Hier. Temple reicht den noch übrigen Viertelkübel Beeren durchs Fenster. Vor zwei Tagen frisch gepflückt.
    Das ist wirklich nett. Der Mann nimmt das Gefäß in Empfang. Sie hat nie viel Grund zur Freude gehabt.
    Keine Ursache. Ich hab mich satt gegessen, und der Dussel hier mag sie nich mal. Aber sie soll sie nicht auf einmal runterschlingen, sonst kriegt sie Durchfall.
    Wo willst du hin?
    Nach Westen.
    Er erklärt ihr, dass sie lieber die Levee Road nach Norden zur 190 nehmen soll statt der Straße hier.
    Ein paar Meilen Umweg, fügt er hinzu, aber es ist sicherer. Wir haben gerade den Atchafalayasumpf hinter uns. Da ist was auf der anderen Seite. Eine Art Stadt. Da solltest du lieber nicht durchfahren, wenn du nicht unbedingt musst. Wir haben da was gesehen.
    Was gesehen? Schaben?
    Keine Ahnung, was das war, antwortet der Mann. Ich weiß nur, dass sie groß waren. War nicht scharf drauf, mir das genauer anzuschauen.
    Sie bedankt sich und späht noch einmal nach hinten zu dem blonden Mädchen mit seiner Puppe.
    Also dann, wir müssen wieder, meint der Mann. Ein herrlicher Tag zum Fahren. Ein herrlicher Tag.
    Die Autos entfernen sich voneinander, und im Rückspiegel beobachtet sie den kleiner werdenden Kombi, der das Band ihrer eigenen Reise zurückspannt, als würden die Stunden in entgegengesetzte Richtungen laufen.
    Marschland, weite Schlammgebiete mit kargem Schilf, das im heißen Wind schwankt, hier und da eine verwesende und von Aasvögeln heimgesuchte Leiche. Ein Fleischsack, der bis zum Hals im Morast steckt, gefangen, die Arme seitlich gestreckt, als würde er Wasser treten, reglos, weil es an diesem Ort nichts zu kauen gibt, nur Sumpf und brüchiges Gras. Sie stoßen auf eine schmale Straße mit tiefen Furchen, die nach rechts führt. Sie nimmt an, dass das die Levee Road ist, die der Mann erwähnt hat, aber sie ist in schlechtem Zustand, und in der Ferne erkennt sie sogar einen kleinen umgestürzten Schuppen, der den Weg versperrt.
    Wenn die da durchgekommen sind, schaffen wir das auch. Sie fährt weiter durch das Moorgebiet

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